Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilung der Leerstandszeiten bei mehreren Ferienwohnungen am selben Ort. Einkunftserzielungsabsicht bei Ferienwohnungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gehört dem Steuerpflichtigen in einem Feriengebiet eine Doppelhaushälfte mit zwei Ferienwohnungen und wird davon nur eine, besonders auf die Bedürfnisse des Eigentümers zugeschnittene Wohnung gelegentlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt, so sind die Leerstandszeiten der anderen, ständig zur Vermietung bereit gehaltenen Wohnung voll der Vermietung zuzurechnen, mit der Folge, dass die Werbungskosten insoweit voll abziehbar sind.

2. Zur Frage der Überschusserzielungsabsicht bzw. Liebhaberei bei Ferienwohnungen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, §§ 21, 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Kläger wohnen in Hamburg. Die Klägerin ist seit 1985 Eigentümerin einer Doppelhaushälfte mit Einliegerwohnung in … auf …; sie hat das Doppelhaus zusammen mit ihrer Nachbarin Frau G. 1985 gebaut. Die Doppelhaushälfte ist als 2-Familienhaus bewertet (EStA Bl. 86). Die größere Wohnung im Erdgeschoß (40,65 qm) nutzen die Kläger selbst als Ferienwohnung (Ferienwohnung I). Sie zahlen dafür Zweitwohnungsteuer. Die Einliegerwohnung (33,18 qm) – Ferienwohnung II – vermieten sie seit 1985 an Feriengäste. Im Streitjahr (1990) haben sie die Einliegerwohnung an 149 Tagen an Kurgäste vermietet und dafür … DM vereinnahmt (EStA Bl. 156). An 15 Tagen des Jahres haben sie die Wohnung kostenlos zur Nutzung überlassen; sie hatten die kostenlose Nutzung in einer NDR-Sendung gestiftet, um so für ihre Mietwohnung zu werben. An weiteren 14 Tagen war die Wohnung zwar für Kurgäste reserviert; es ging aber keine Mietzahlung ein (FGA Bl. 27, 61). Die restlichen Tage des Jahres stand die Wohnung leer, ohne daß die Kläger sie für sich oder Verwandte oder Bekannte genutzt hätten.

Für die Wohnungsvermietung hat die Klägerin weder im Streitjahr noch vorher eine Maklerfirma eingeschaltet, der sie etwa die ganzjährige Vermietung fest übertragen hätte. Sie hat die Wohnung vielmehr in eigener Regie vermietet. Sie ließ die Wohnung in eine Kartei der Kurverwaltung … aufnehmen, in der die zu vermietenden Ferienwohnungen verzeichnet sind. Anfragen nach Ferienwohnungen beantwortet die Kurverwaltung anhand dieser Kartei. Vor dem Haus hat die Klägerin ein Schild aufgestellt, auf dem die Ferienwohnung angeboten wird. Auf dem Schild ist die Hamburger Telefonnummer der Klägerin angegeben (vgl. Protokoll über den Erörterungstermin vom 17.05.1995). Sie hat auch in begrenztem Umfang Zeitungsannoncen eingesetzt. Mittlerweile hat die Klägerin Gäste, die jedes Jahr mieten.

Den Einnahmen des Streitjahres (… DM) standen nach der Überschußrechnung der Klägerin (EStA Bl. 156) … DM an Werbungskosten gegenüber (Verlust … DM).

Die Klägerin hat 1985 bis 1992 folgende Verluste erklärt:

1985

… DM

(… DM Mieteinnahmen)

1986

… DM

(… DM – ' ')

1987

… DM

(… DM – ' ')

1988

… DM

(… DM – ' ')

1989

… DM

(… DM – ' ')

1990

… DM

(… DM – ' ' für 179 Tage)

1991

… DM

(… DM – ' ' für 183 Tage)

1992

… DM

(… DM – ' ' für 186 Tage)

Gesamtverlust der ersten acht Jahre … DM

Der Beklagte hat die erklärten Verluste 1985 bis 1989 erklärungsgemäß veranlagt und dabei 5 % Afa gemäß § 7 Abs. 5 Nr. 2 EStG von 45,05 % der Herstellungkosten der Doppelhaushälfte angesetzt (ca. 4.440,– DM p.a.). Auch die 1990 bis 1992 erklärten Verluste umfassen jeweils ca. 4.440,– DM § 7 Abs. 5 Nr. 2 EStG-Afa.

Bei der Veranlagung des Streitjahres setzte der Beklagte – unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 30.07.1991 IX R 49/90, BStBl II 1992, 27 – nur einen Aufwand von … DM an (EStA Bl. 170). Abgesehen von … DM, die „direkt” der Vermietung zuzuordnen seien, müßten die verbleibenden … DM im Verhältnis der vermieteten zu den nicht vermieteten Zeiten (40:60) aufgeteilt werden. Nur der auf die vermietete Zeit entfallende Teil der Kosten sei als Werbungskosten abzugsfähig. Die Leerstandzeiten seien der Eigennutzung zuzurechnen.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 1990 vom 25.11.1992 legten die Kläger am 22.12.1992 Einspruch ein. Sie machten geltend, sie hätten die Einliegerwohnung ständig zur Vermietung bereitgehalten. Die Einschaltung eines gewerblichen Vermittlers sei unrentabel; denn der Vermittler verlange 30 % der Mieteinnahmen als Provision. Das vom Beklagten zitierte BFH-Urteil vom 30.07.1991 IX R 49/90 (a.a.O.) sei zur Nutzungswertbesteuerung ergangen und deshalb nicht einschlägig; denn sie, die Kläger, hätten zwei Wohnungen: Die Einliegerwohnung hätten sie nie selber genutzt, sondern nur die Erdgeschoßwohnung.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 20.04.1993 als unbegründet zurück. Aufwendungen, die auf den Zeitraum des Leerstehens der Ferienwohnung entfielen, seien nur bei ständiger Vermietungsbereitschaft als Werbungskosten abziehbar (BFH-Urteil vom 25.06.1991 IX R 7/85, BStBl II 1992, 24). Die Kläger hätten stets die Möglichkeit gehabt, die Einliegerwohnung wie auch die Erdgeschoßwohnung für eigene Wohnzwecke zu nutzen.

Dagegen haben die Kläger am 13.05.1993 Klage ...

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