Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuerliche Organschaft: Unterjähriger Anteilstausch nach § 21 UmwStG – Rückwirkende Begründung der finanziellen Eingliederung – Ununterbrochene finanzielle Eingliederung durch Rechtsnachfolge des Übernehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Auch bei der unterjährigen Einbringung einer Mehrheitsbeteiligung in eine neu gegründete GmbH im Wege des Anteilstauschs nach § 21 UmwStG ist die nachfolgende erstmalige Begründung einer Organschaft zwischen der übernehmenden Gesellschaft und der erworbenen Gesellschaft ab dem Beginn des laufenden Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft möglich, wenn seit dem Beginn des Wirtschaftsjahres eine finanzielle Eingliederung zunächst zum übertragenden Rechtsträger und anschließend zum übernehmenden Rechtsträger bestand.
  2. Die inzwischen nicht mehr gesetzlich vorgesehene steuerliche Rückwirkung des Anteilstauschs selbst ändert daran nichts, da der Übernehmer umwandlungssteuerrechtlich in die Rechtsstellung des Überträgers eintritt.
 

Normenkette

KStG § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1; UmwStG 2007 § 4 Abs. 2 S. 3, § 12 Abs. 3 Hs. 1, § 20 Abs. 5-6, § 21 Abs. 1, 2 S. 6, § 23 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.07.2023; Aktenzeichen I R 40/20)

 

Tatbestand

Streitig ist die Nichtanerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der B-GmbH als Organträgerin im Jahr 2010 (Streitjahr).

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 28.05.2008 gegründet. Im Streitjahr entsprach ihr Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr.

Alleingesellschafter der Klägerin war zunächst C. Dieser war zudem mit einem Anteil in Höhe von jeweils 70 % an der D-GmbH & Co. KG (D-KG) als Kommanditist sowie an deren Komplementär-GmbH als Gesellschafter beteiligt. Die übrigen 30 % an diesen beiden Gesellschaften hielt die Klägerin als Kommanditistin bzw. Gesellschafterin.

Mit Vertrag vom 01/2010 brachte C seine Kommanditbeteiligung an der D-KG sowie seine Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH rückwirkend zum 01.01.2010, 0:00 Uhr, zu Buchwerten in die Klägerin ein. Ebenfalls mit Vertrag vom 01/2010 wurde die B-GmbH durch C gegründet. Er erbrachte die Stammeinlage durch die Einbringung seiner Geschäftsanteile an der Klägerin. Die Einbringung der Geschäftsanteile an der Klägerin erfolgte mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01/2010 (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 von Teil B der Gründungsurkunde bzgl. der B-GmbH). Schließlich wurde ebenfalls am 01/2010 zwischen der B-GmbH und der Klägerin ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, der in 2010 ins Handelsregister eingetragen worden ist. Nach § 3 Abs. 3 dieses Vertrages gilt die Verpflichtung zur Gewinnabführung erstmals für den gesamten Gewinn des Geschäftsjahres, in dem dieser Vertrag wirksam wird. Wegen der weiteren Regelungen des Vertrags wird auf den Gewinnabführungsvertrag Bezug genommen.

Zwischen C und der Klägerin bestand zuvor keine Organschaft.

Bei der Klägerin fand eine steuerliche Außenprüfung statt. Die Prüferin erkannte für das Streitjahr die Organschaft nicht an, da der maßgebliche Zeitpunkt für die Organschaft beim Anteilstausch der Beginn des auf die Einbringung folgenden Wirtschaftsjahres sei.

Den Feststellungen der Prüferin folgend änderte der Beklagte die Körperschaftsteuerfestsetzung 2010 mit auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) gestütztem Bescheid vom 05.11.2015 und setzte die Körperschaftsteuer in Höhe von 713.705 € fest. Dabei wurde die erfolgte Gewinnabführung an die B-GmbH [...] als Gewinnausschüttung qualifiziert. Zugleich wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19.09.2017 als unbegründet zurückwies. Aufgrund der erst im Kalenderjahr 2010 erfolgten Gründung der B-GmbH sei eine Begründung der erforderlichen finanziellen Eingliederung der Klägerin bereits zum 01.01.2010 unmöglich. Im Falle eines Anteilstauschs greife keine steuerliche Rückwirkung, die eine Zurechnung der Beteiligung an der Klägerin auf den 01.01.2010 begründe. Eine Organschaft zwischen der übernehmenden Gesellschaft und der erworbenen Gesellschaft könne frühestens ab dem Beginn des auf die Einbringung folgenden Wirtschaftsjahres der erworbenen Gesellschaft begründet werden, vorliegend also erst ab dem 01.01.2011 (vgl. BMF, Schreiben vom 11.11.2011, Bundessteuerblatt - BStBl - I 2011, S. 1314, ”Umwandlungssteuererlass“, Org.15).

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Anerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft. Die Klägerin sei trotz der erst im laufenden Kalenderjahr 2010 erfolgten Gründung der Organträgerin finanziell eingegliedert gewesen. Richtig sei, dass ein Anteilstausch nach § 21 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) nicht mit gesetzlich statuierter Rückwirkung erfolgen könne. Darauf komme es jedoch nicht an. Entscheidend sei, dass die B-GmbH als übernehmende Gesellschaft steuerrechtlicher Rechtsnachfolger des einbringenden C geworden sei, letztlich also seine seit dem Jah...

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