Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung (nachträglicher) Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Einkommensteuer 1994 und 1995
Leitsatz (amtlich)
Entgegen der Rechtsprechung des BFH können nachträgliche Schuldzinsen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sein.
Normenkette
EStG §§ 9, 20
Tenor
1. Die Einkommensteuerbescheide 1994 und 1995 werden teilweise aufgehoben. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften der Kläger aus Kapitalvermögen von 24.502 DM (1994) und 23.557 DM (1995) neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 1994 und 1995 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Mit ihrer Klage wenden sie sich gegen die zeitliche Festlegung eines Auflösungsverlustes auf das Jahr 1980 sowie die Nichtanerkennung von nachträglichen Schuldzinsen als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. nichtselbstständiger Arbeit.
Der Kläger war neben weiteren Personen Gesellschafter der A. GmbH – GmbH– mit Sitz in Z. Er war auch Geschäftsführer der GmbH. Der Anteil des Klägers am Stammkapital betrug 40 v.H. Über das Vermögen der GmbH wurde im Jahr 1980 das Konkursverfahren eröffnet, welches im Jahr 1997 nach Abhaltung des Schlusstermins aufgehoben wurde. Die GmbH hatte diverse Kredite in Anspruch genommen, für die der Kläger seinerseits als Bürge haftete. Die kreditgebenden Banken nahmen den Kläger aus diesen Bürgschaften in Anspruch, wobei die geschuldeten Beträge von insgesamt 707.444 DM durch Kreditaufnahme sowie aus dem Erlös des Verkaufs eines Grundstücks zum Preis von 490.000 DM aufgebracht wurden.
Im Einkommensteuerbescheid für 1980 vom 1. März 1984 setzte der Beklagte Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb i.H. von ./. 747.444 DM an. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre ab 1990 brachten die Kläger jeweils negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb („Konkurs A.- GmbH”) in Ansatz. Für die Streitjahre 1994 und 1995 handelt es sich um Beträge i.H. von 41.258 DM (1994) und 42.608 DM (1995). Der Beklagte lehnte die Berücksichtigung ab. Gegen die Einkommensteuerbescheide vom 6. März 1998 legten die Kläger Einsprüche ein, die mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 1998 (Bl. 19) zurückgewiesen wurden.
Die Kläger erhoben am 30. Juli 1998 Klage.
Der Beklagte erließ am 25. Januar 1999 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1994 und 1995, die Zahlungen des Klägers an die AOK als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigten (Bl. 22). Die Kläger machten die geänderten Bescheide zum Gegenstand des Verfahrens (Bl. 24).
Die Kläger beantragen nunmehr sinngemäß,
die Einkommensteuerbescheide 1994 und 1995 vom 25. Januar 1999 insoweit abzuändern, als
der Liquidationsverlust aus der Auflösung der Gesellschaft für 1994 auf 991.006,89 DM festgesetzt wird,
hilfsweise: die geleisteten Bürgschaftsaufwendungen bestehend aus Tilgung und Zinsen der Jahre 1994 und 1995 in Höhe von jeweils 33.608,– DM als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit aus der Tätigkeit des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen.
- die Zinszahlungen aus aufgenommenen Darlehen zur Begleichung der Bürgschaftsschulden für das Jahr 1994 in Höhe von 24.502,– DM und für das Jahr 1995 in Höhe von 23.557,– DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden,
Die Kläger machen geltend, die Schuldzinsen aus dem aufgenommenen Darlehen seien in den Streitjahren entweder im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen oder aber im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers zu berücksichtigen. Der Konkurs der GmbH sei erst 1997 beendet worden, so dass bis dahin die Zahlungen aus der Inanspruchnahme als Bürge entsprechend ihrer Verausgabung anzusetzen seien. Außerdem habe der Kläger bei der Übernahme der Bürgschaft in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und Arbeitnehmer der GmbH und nicht als Gesellschafter gehandelt.
Der Beklagte habe zu Unrecht den unstreitigen Auflösungsverlust bereits im Jahre 1980 berücksichtigt. Tatsächlich sei der Verlust im Streitjahr 1994 zu erfassen.
Der Beklagte beantragt (Bl. 61),
die Klage als unbegründet zurückzuweisen.
Er verweist darauf, dass im Einvernehmen mit den Klägern der Auflösungsverlust betreffend die GmbH-Beteiligung bereits im Jahr 1980 berücksichtigt worden sei. Des weiteren seien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nachträgliche Schuldzinsen nach Auflösung der Gesellschaft nicht als Werbungskosten zu behandeln.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
Der Liquidationsverlust ist nicht im ...