Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein wirksamer Investitionszulagenantrag einer GmbH bei Unterzeichnung durch einen Prokuristen. Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verhindert schutzwürdiges Vertrauen. Investitionszulage 1993 und 1994

 

Leitsatz (redaktionell)

1. „Besonders Beauftragte” im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO sind diejenigen natürlichen Personen, die kraft Steuerverfahrensrecht die steuergesetzlichen Rechte und Pflichten sonstiger verfahrensunfähiger Steuerrechtssubjekte wahrnehmen. Danach ist es grundsätzlich nicht möglich, dass ein „besonders Beauftragter” (hier: ein Prokurist einer GmbH) für eine juristische Person, die noch einen gesetzlichen Vertreter hat, einen wirksamen Antrag auf Investitionszulage stellt.

2. Der Änderung eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Steuerverwaltungsaktes steht der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen, da der ununterbrochene Vorbehalt der Nachprüfung ein schutzwürdiges Vertrauen des Adressaten verhindert.

 

Normenkette

InvZulG 1993 § 6 Abs. 3; AO 1977 §§ 34, 79 Abs. 1 Nr. 3, § 164

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.10.2004; Aktenzeichen III B 54/04)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob aufgrund der vom Prokuristen der Klägerin unterschriebenen Anträge Investitionszulage zu gewähren ist.

Laut Prokuristenvertrag vom 20. Juni 1992 ist der Prokurist der Klägerin, … alleinvertretungsberechtigt und durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 25. Juli 1994 überdies noch einmal ausdrücklich ermächtigt die kompletten Investitionszulagenangelegenheiten der Klägerin eigenverantwortlich durchzuführen und zu unterschreiben.

Infolgedessen stellte er am 14. September 1994 für 1993 einen Antrag auf Investitionszulage über 58.889,99 DM. Der Beklagte setzte die Investitionszulage mit Bescheid vom 8. Februar 1995 i.H.v. 23.362 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Nach einem Änderungsantrag erhöhte er im Ergebnis die Zulage mit Bescheid vom 11. April 1996 auf 58.405 DM und ließ dabei den Vorbehalt der Nachprüfung bestehen. Außerdem stellte der Prokurist am 26. September 1995 für 1994 ein Antrag auf Investitionszulage über 26.009, 04 DM. Der Beklagte setzte die Investitionszulage mit Bescheid vom 24. Oktober 1995 i.H.v. 25.586 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Bereits im Jahr 1995 oder 1996 kontrollierte der Beklagte durch eine Nachschau vor Ort, ob die Verbleibensvoraussetzungen eingehalten waren. Aber erst bei einer Außenprüfung im Jahr 1998 beanstandete er, dass die Anträge vom Prokuristen der Klägerin unterschrieben waren, forderte mit Bescheiden vom 21. April 1998 die Investitionszulage für beide Jahre zurück und setzte entsprechende Zinsen fest. Die hiergegen fristgerecht eingelegten Einsprüche wies er mit Bescheiden vom 18. Januar 2000 als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 17. Februar 2000 Klage erhoben. Zwar sind die Zinsbescheide in der Klageschrift erwähnt – wenn auch nicht vom angekündigten Klageantrag erfasst- aber in der mündlichen Verhandlung wurde klargestellt, dass die Zinsbescheide nicht angefochten sind.

Die Klägerin meint, die Investitionszulageanträge seien wirksam. Der Prokurist habe sich bei der Unterzeichnung als gesetzlicher Vertreter gesehen. Zumindest sei er aufgrund seiner Vollmachten und Verträge als „besonders Beauftragter” i.S.d. § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO und der dazu ergangenen Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 15. Oktober 1998, III R 58/95, BStBl. II 1999, 559; FG Brandenburg, Urt. v. 1. Juni 1999, 3 K 212/97 l) anzusehen. Im Übrigen sei nach der neueren Rechtsprechung sogar ein Investitionszulagenantrag ohne eigenhändige Unterschrift wirksam gestellt, wenn sich aus den beigefügten Unterlagen eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Äußerungswillen des Anspruchsberechtigten ergibt (vgl. BFH, Urt. v. 13. Dezember 2001, III R 24/99, BStBl. II 2002, 159). Die Klägerin beruft sich außerdem auf den Grundsatz von Treu und Glauben, der es dem Finanzamt nach 1 ½ Jahren Bearbeitung des Antrages 1993 und dreimaliger Überprüfung beider Anträge nunmehr verbiete, die Investitionszulage wegen der Unterschrift des Prokuristen zurückzufordern. Zumindest seit dem Zeitpunkt der Nachschau habe der Beklagte die Möglichkeit gehabt, auf eine Fehlerkorrektur wenigstens für das Jahr 1994 im Wege der Wiedereinsetzung hinzuweisen. Im Übrigen sei die Klägerin seinerzeit nicht steuerlich oder rechtlich beraten worden.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von den Bescheiden vom 21. April 1998 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18. Januar 2000. die Investitionszulage 1993 auf 58.405 DM und die Investitionszulage 1994 auf 25.586 DM festzusetzen.

Hilfsweise

im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, dass nur der Geschäftsführer wirksame Investitionszulageanträge stellen könne. Ein Prokurist sei kein ge...

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