Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage bei Verkäufen gegen Annahme von Warengutscheinen
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Entscheidung ging es um die Frage, ob der Wert eines Gutscheins, den ein Einzelhändler im Rahmen einer Werbeaktion ausgegeben hat und der beim späteren Verkauf einer Ware eingelöst wird, als Preisnachlaß die Bemessungsgrundlage dieser Warenlieferung mindert oder nicht. Der EuGH hat entschieden, daß die Einlösung des Gutscheins zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führt. Folglich ist nur der tatsächlich gezahlte, um den Wert des Gutscheins geminderte Warenpreis zu versteuern. Das Urteil entspricht der deutschen Rechtsauffassung.
Beteiligte
Commissioners of Customs & Excise |
Gründe
Urteil des Gerichtshofes
„Mehrwertsteuer – Sechste Richtlinie – Besteuerungsgrundlage”
In der Rechtssache C-126/88
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EWG-Vertrag vom High Court of Justice in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
The Boots Company PLC
gegen
The Commissioners of Customs and Excise
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)
erläßt
Der Gerichtshof
unter Mitwirkung des Präsidenten O. Due, der Kammerpräsidenten Sir Gordon Slynn, C.N. Kakouris und F.A. Schockweiler, der Richter T. Koopmans, G. F. Mancini, R. Joliet, T. F. O'Higgins und G.C. Rodríguez Iglesias,
Generalanwalt: W. Van Gerven,
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, vertreten durch Sue J. Hay als Bevollmächtigte im Beistand der Barristers John Laws und Robert Jay,
die Kommission, vertreten durch Johannes Fons Buhl als Bevollmächtigten,
die Firma Boots Company PLC, vertreten durch J. P. Lawton QC, instruiert durch Solicitors Lovell White Durrant,
aufgrund des Sitzungsberichts
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Firma Boots Company PLC, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Kommission in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 1989
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Januar 1990
folgendes
Urteil
1 Der High Court of Justice hat mit Beschluß vom 17. Dezember 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 25. April 1988, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag sechs Fragen nach der Auslegung bestimmter Vorschriften der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145 S. 1, nachstehend: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit der Firma Boots Company PLC und ihrer Tochtergesellschaften (nachstehend: Firma Boots) gegen die Commissioners of Customs and Excise (nachstehend: Commissioners), in dem es um von letzteren erlassene Bescheide über die Festsetzung der Mehrwertsteuer geht, die die Firma Boots für bestimmte, 1984 durchgeführte Werbeaktionen entrichten soll.
3 Aus dem Vorlagebeschluß und den Akten der Rechtssache ergibt sich, daß die Firma Boots den Einzelhandelsverkauf verschiedener Waren in Einzelhandelsgeschäften im gesamten Vereinigten Königreich betreibt. Sie bedient sich unter anderem einer Werbemethode, bei der Gutscheine verwendet werden, die auf die Verpackung bestimmter von ihr vertriebener Waren (nachstehend: Premium Goods) aufgedruckt sind. Diese Gutscheine, die die Kunden beim Kauf dieser Waren kostenlos erhalten, geben den Personen, die sie bei einem späteren Einkauf der gleichen oder anderer auf den Gutscheinen angegebener Waren (nachstehend: Redemption Goods) bei der Firma Boots vorlegen, Anspruch auf einen Preisnachlaß in Höhe des auf ihnen angegebenen Nennwerts.
4 Die Kosten dieser von der Firma Boots durchgeführten Werbeaktionen werden entweder vollständig von der Firma Boots oder von ihren Lieferanten getragen, wobei diese der Firma Boots nach den mit ihr geschlossenen Verträgen den Nennwert der bei ihnen eingelösten Gutscheine erstatten, oder teilweise von der Firma Boots und teilweise von ihren Lieferanten.
5 In ihre Steuererklärung gemäß Section 29 des Value Added Tax Act 1983 nahm die Firma Boots in bezug auf die Gutscheine unter „Bruttoeinnahmen” nur die Beträge auf, die sie von ihren Lieferanten im Austausch für die Gutscheine erhalten hatte, die ihr für Verkäufe ausgehändigt worden waren, bei denen die Lieferanten die gesamten oder einen Teil der Kosten für die Werbeaktionen getragen hatten. Sie nahm in ihre Bruttoeinnahmen nicht den Nennwert der Gutscheine auf, die sie vernichtete, wenn sie die gesamten oder einen Teil der Kosten für die Werbeaktion selbst trug, da sie der Ansicht war, daß sich die Gegenleistung für Redemption ...