Entscheidungsstichwort (Thema)

Deutung einer "wertverschiebenden" Teilungsanordnung als Vorausvermächtnis

 

Leitsatz (amtlich)

  1. In der sogenannten "wertverschiebenden" Teilungsanordnung kann in Wirklichkeit ein Vorausvermächtnis liegen.
  2. Enthält die gemäß § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB als nicht angeordnet geltende Teilungsanordnung zugleich die Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen, dann bleibt sie als solche Erbeinsetzung bestehen.
 

Normenkette

BGB §§ 2048, 2150, 2305-2306

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 21. Januar 1988 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist die zweite Ehefrau des am 23. Juli 1980 verstorbenen Erblassers. Die Kläger sind die minderjährigen Kinder der Tochter des Erblassers aus dessen erster Ehe. Sie sind während des Rechtsstreits geboren und anstelle ihrer Mutter in den Rechtsstreit eingetreten. Diese hatte die vorliegende Feststellungsklage erhoben. Damit sollte die Auslegung des notariellen Testaments des Erblassers vom 7. Dezember 1979 geklärt werden.

In diesem Testament lauten die Ziffern I. bis IV

"I.

Zu meinen Erben setze ich ein

1)

meine Ehefrau H. R. ...

2)

meine Tochter aus erster Ehe G.

Meine Tochter G. setze ich nur zur Vorerbin ein, und zwar als nicht befreite Vorerbin. Nacherben meiner Tochter G. sollen sein ihre leiblichen Nachkommen. Der Nacherbfall soll eintreten mit der Geburt der Nachkommen.

II.

Hinsichtlich meines Vermögens treffe ich folgende Teilungsanordnung:

1.

Meine Tochter G. erhält die bebauten Grundstücke in K., St. 5, und K., Kn. 177.

2.

das gesamte übrige Vermögen erhält meine Ehefrau H. als Vollerbin.

III.

Im Falle des Eintritts des Nacherbfalles sind die leiblichen Nachkommen meiner Tochter verpflichtet, dieser ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an den Grundstücken St. 5 und Kn. 177 zu bestellen. Dieses Recht soll im Grundbuch eingetragen werden.

Dieses Nießbrauchsrecht wird eingeschränkt durch ein lebenslängliches Wohnrecht an der Wohnung K., St. 5, Erdgeschoß rechts, zugunsten meiner Ehefrau H. R..

Meine Tochter kann von meiner Ehefrau die Löschung dieses Wohnrechts verlangen, wenn meine Frau nach meinem Ableben sich wieder verheiratet.

IV.

Meine Tochter ist nach Eintritt des Erbfalles verpflichtet, aus den ihr zufließenden Mieteinnahmen monatlich 500,- DM auf ein einzurichtendes Konto bei der K. Kasse einzuzahlen, bis ein Betrag von 18.000,- DM erreicht ist. Dieses Geld darf ausschließlich für Reparaturarbeiten an den beiden Häusern verwendet werden. Diese Auflage entfällt, sobald meine Tochter das 50. Lebensjahr vollendet hat.

Meine Tochter ist verpflichtet, die Zins- und Tilgungsleistungen für das Grundpfandrecht zu erbringen, das auf dem Grundstück St. 5 eingetragen ist."

Unter V. setzte der Erblasser seinen früheren Notar, den Vater des beurkundenden Notars, zum Testamentsvollstrecker ein. Dessen Aufgabe sollte sich beschränken auf die Erfüllung der Auflagen, Wahrung der Interessen der Nacherben sowie die Mithilfe bei der Abwicklung des Nachlasses.

Dieses Testament ersetzte ein früheres, das der Erblasser 1969 von dem späteren Testamentsvollstrecker hatte beurkunden lassen. Damals war er nur Eigentümer des Hausgrundstücks St. 5 gewesen. 1979 hatte er das Nachbargrundstück St. 3 hinzuerworben. Der Kaufpreis und die Kosten der bis zum Erbfall nur teilweise durchgeführten Modernisierung dieses Mietshauses waren fremdfinanziert. 50.000 DM dafür wurden in Form einer Grundschuld auf dem Grundstück St. 5 gesichert. Schuldner der Darlehen im Umfange von circa 240.000 DM war auch der Erblasser. Eingetragene Eigentümerin des Grundstücks St. 3 war im Zeitpunkt des Erbfalls die Beklagte.

Übereinstimmend gehen die Parteien weiter davon aus, daß - wirtschaftlich gesehen - ein Anteil von 77,5229 % des Grundstücks Kn. 177 in den Nachlaß gefallen ist. Der Erblasser ist jedoch nicht als Eigentümer dieses Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Vielmehr sind die Mutter des Erblassers zusammen mit einem schon 1943 verstorbenen Dritten in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen. Durch notariellen Erbteilsübertragungsvertrag hatte die Mutter dem Erblasser die zuvor von Erben und Erbeserben erworbenen 817/1080 Erbanteile an dem Gesamtnachlaß übertragen, zu dem dieses Grundstück gehörte. Durch weitere Verträge hatte der Erblasser für seine Mutter insgesamt weitere 3/80 Erbteile erworben.

Der Testamentsvollstrecker hat den Wert des Nettonachlasses zum Todeszeitpunkt mit 509.768 DM ermittelt. Nach Abzug des Wertes der beiden bebauten Grundstücke verbleibt deshalb nur ein geringfügiger Betrag vom Aktivnachlaß zugunsten der Beklagten.

Die Kläger begehren die Feststellung, daß die Teilungsanordnung in Ziffer II. des Testaments ohne Leistung eines Wertausgleiches an die Beklagte zu erfüllen ist, und daß ihr ein Zusatzpflichtteil gemäß § 2305 BGB nicht zusteht, hilfsweise die Feststellung, daß sie über die ihr bereits aus dem Nachlaß und vom Erblasser überlassenen Werte hinaus keine weiteren Ansprüche aus Anlaß des Erbfalles hat.

Das Landgericht hat der Beklagten einen Zusatzpflichtteil zugesprochen. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht voll nach dem Hauptantrag erkannt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werden. Das Oberlandesgericht hat das Testament fehlerhaft ausgelegt.

1.

Das Berufungsgericht meint, der Klägerstamm einerseits und die Beklagte andererseits seien durch das Testament je zur Hälfte als Erben eingesetzt worden. Zwar habe der Erblasser das nicht ausdrücklich gesagt. Halbe Erbquoten könnten aber mit Hilfe des § 2091 BGB bestimmt werden. Auch die Auslegungsregel des § 2066 BGB bestätige das. Die Teilungsanordnung lasse nicht den Schluß darauf zu, daß der Erblasser eine abweichende Quotierung verfügt habe.

Weder der Wortlaut noch die einfache oder die ergänzende Auslegung ergäben für eine Ausgleichungspflicht sichere Erkenntnisse. Im Ergebnis könne dahingestellt bleiben, ob die Teilungsanordnung zugleich auch ein Vorausvermächtnis, zugunsten des Klägerstammes beinhalte und ob ein die Erbquote überschreitendes Vorausvermächtnis den Erblasserwillen durchkreuze. Selbst bei Annahme einer bloßen Teilungsanordnung lasse sich eine Ausgleichspflicht nicht feststellen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei der den Klägern als Nacherben durch die Teilungsanordnung zufließende Vermögenswert wegen der Belastung der zugeteilten Grundstücke mit Nießbrauchsrechten zugunsten der Mutter und der Tochter des Erblassers und mit dem Wohnrecht der Beklagten nur gering. Sie könnten deshalb Ausgleichszahlungen nur bei Verfügung über die Grundstücke erbringen. Das aber sei nicht im Sinne des Erblassers gewesen. Er habe seinen Grundstücksnachlaß für seinen Erbenstamm erhalten wollen.

Da der Beklagten ein höherer Erbteil als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, nämlich die Hälfte des Nachlasses hinterlassen sei, stehe ihr auch ein Zusatzpflichtteil gemäß § 2305 BGB nicht zu.

Diese Ausführungen sind in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.

2.

Schon der Ausgangspunkt für die Auslegung des Berufungsgerichts, die Klägerseite und die Beklagte seien je zur Hälfte als Erben eingesetzt, ist rechtsfehlerhaft begründet. Das Auslegungsergebnis kann mit dem Erblasserwillen schwerlich in Einklang gebracht werden.

a)

Zwar übersieht das Berufungsgericht nicht, daß der Erblasser selbst keine Quoten bestimmt hat. Es übersieht aber, daß das Fehlen einer Angabe für die Erbquote jedenfalls dann eine gewichtige Bedeutung hat, wenn der Erblasser sein Vermögen gegenständlich verteilen wollte. Dann nämlich hat er verschieden hohe Erbquoten in Kauf genommen. Demgegenüber haben die vom Berufungsgericht herangezogenen Auslegungsvorschriften nicht das ihnen beigemessene Gewicht. § 2091 BGB kann erst maßgeblich sein, wenn andere Auslegungswege nicht zu einem klaren Ergebnis führen. Die Voraussetzungen des § 2066 BGB liegen schon deshalb nicht vor, weil der Erblasser seine Erben namentlich und nicht als "gesetzliche Erben" bezeichnet hat (n.M. MünchKomm/Frank, 2. Aufl. § 2066 Rdn. 3 m.w.N. in Fn. 4).

b)

Allerdings hat das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen, bei der durch die gegenständliche Verteilung der zum Nachlaß gehörenden Gegenstände die Erbquote bestimmt wird, und die hier ausnahmsweise in Betracht kommen kann (vgl. BGH Urteil vom 17.2.1960 - V ZR 144/58 - BGH LM BGB § 2084 Nr. 12), nicht völlig außer Acht gelassen. Es hat sie vielmehr bei seiner Auslegung verneint, aber den dafür maßgeblichen Prozeßstoff nicht ausgeschöpft. Neben der unten zu 4. ausgeführten Überlegung zum Erblasserwillen sind übersehen:

Der Erblasser hat durch die Ziffer II. seinen gesamten Nachlaß verteilt. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts gehören wegen der Erbteilsübertragungen die Anteile am Grundstück Kn. 177 wirtschaftlich in den Nachlaß. Die Erwägung, der Erblasser habe mit der Formulierung, "das gesamte übrige Vermögen" solle die Beklagte erhalten, nur sein Aktivvermögen, nicht auch die im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Modernisierung des Hausgrundstücks St. 3 entstandenen Darlehensverbindlichkeiten gemeint, wird nicht begründet. Ihr steht jedenfalls entgegen, daß der Erblasser unter IV. Abs. 2 des Testaments die der Beklagten zugute kommende Abtragung dieser Verbindlichkeit ausdrücklich geregelt hat.

c)

Bei der Auslegung ist der wirkliche Erblasserwillen zu erforschen. Die Möglichkeit, daß der Erblasser eine wertmäßige Gleichbehandlung der Klägerseite einerseits und der Beklagten andererseits höher stellte als die Erhaltung der Häuser für seinen Erbstamm, ist mit seinem Willen schwerlich vereinbar. Im Testament kommt mehrfach zum Ausdruck, daß der Erblasser die Hausgrundstücke für die Nachkommen seiner Tochter erhalten wollte. Dann aber wollte er keinesfalls die Veräußerung der Hausgrundstücke in Kauf nehmen, damit beide Erbparteien gleichmäßig bedacht werden könnten. Diesen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht zwar erkannt, jedoch nicht als entscheidend für die Frage herangezogen, ob der Erblasser ungleiche Erbquoten festlegen wollte.

3.

Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung offengelassen, ob der Klägerstamm durch ein Vorausvermächtnis begünstigt worden ist. Seine Begründung dafür ist widersprüchlich. Sie läuft darauf hinaus, daß die von ihm unterstellte "bloße Teilungsanordnung" wegen der gleichzeitigen Verneinung einer Ausgleichspflicht den Klägerstamm begünstigt. Die Beklagte erhält dann nämlich von einem Gesamt - nachlaß von über 500.000 DM nach dem Hilfsantrag der Kläger ohne das schon zu Lebzeiten des Erblassers ihr eingeräumte Wohnrecht nur etwa 70.000 DM. Also würde es sich nicht um eine "bloße Teilungsanordnung", sondern um eine "begünstigende Teilungsanordnung" handeln.

a)

Die Beklagte meint, mit der Wortwahl "Teilungsanordnung" in Ziffer II. des Testaments sei eine Ausgleichspflicht bereits festgelegt. Sie geht davon aus, daß die Festsetzung einer Ausgleichspflicht keiner dahingehenden ausdrücklichen oder konkludenten Bestimmung bedarf, daß vielmehr bei einer Teilungsanordnung immer die Pflicht zum Wertausgleich besteht. Dann würde das Schweigen des Testamentes für einen Wertausgleich sprechen. Der Senat hat diese Auffassung zum Verhältnis Vorausvermächtnis/Teilungsanordnung mehrfach gebilligt (BGHZ 82, 274, 279; Urteile vom 14.3.1984 - IVa ZR 87/82 - NJW 1985, 51 = WM 1984, 778 = LM BGB § 2048 Nr. 8 unter 2 und vom 28.1.1987 - IVa ZR 191/85 - FamRZ 1987, 475 unter I 4). Er hat insbesondere die Ansicht aus dem Urteil vom 29. Dezember 1961 (V ZR 129/60 - LM BGB § 2048 Nr. 5 = JZ 1962, 542) ausdrücklich abgelehnt, auch bei einer Teilungsanordnung sei eine Verschiedenbehandlung der Miterben ohne Ausgleichspflicht möglich. Die sogenannte "wertverschiebende" Teilungsanordnung wäre danach hier in Wirklichkeit ein Vorausvermächtnis. Der Senat hat aber damit nicht dem Tatrichter die Aufgabe abgenommen, durch Auslegung zu entscheiden, ob eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis oder etwas Drittes gewollt ist. Er hat vielmehr mehrfach betont, daß der Tatrichter sich dieser Aufgabe nicht entziehen darf (z.B. Urteile vom 8.7.1981 und 4.2.1987 - IVa ZR 188/80 und 229/85 - NJW 1981, 2749 = WM 1981, 1137 und DNotZ 1987, 768 = WM 1987, 564).

b)

Eine Auslegung des Testaments dahin, daß die frühere Klägerin und Mutter der jetzigen Kläger durch die Ziffer II. 1. des Testaments entgegen dessen Wortlaut "Teilungsanordnung" ein sie begünstigendes, weil nicht auszugleichendes Vorausvermächtnis erhalten sollte, liegt angesichts des Erblasserwillens eher fern, § 2084 BGB. Die Wortwahl "Teilungsanordnung" und nicht "Vorausvermächtnis" hat Gewicht, da das Testament von einem Notar beurkundet wurde. Die Mutter der Kläger sollte nicht fast die gesamte Erbschaft als Vorausvermächtnis zu ihrer freien Verfügung erhalten. Die leiblichen Enkel des Erblassers, also die jetzigen Kläger, sollten vielmehr im Wege der Nacherbschaft die Hausgrundstücke erhalten.

4.

Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß hier eine Teilunganordnung mit der Folge der Ausgleichspflicht vorliegt. Die Überlegung oben unter 2. c) zum Erblasserwillen erschöpft nämlich die dafür vorgetragenen Gesichtspunkte nicht.

a)

Vieles spricht dafür, daß der Erblasser die Beklagte anders als durch nominelle Gleichstellung mit seinen Nachkommen absichern wollte. Gleichzeitig mit der Errichtung des Testamentes hatte er selbst schon der Beklagten das Wohnrecht am Familienhaus Nr. 5 eingeräumt. Er hat sich hier also ähnlich verhalten wie schon bei dem Testament 1969 zugunsten seiner Mutter. Zum anderen wollte er anscheinend seine Ehefrau durch das gerade erworbene Nachbarmietshaus Nr. 3 absichern. Das belegt schon die Zinstilgungsverpflichtung unter IV. Abs. 2 des Testaments. Der Erblasser ist unstreitig unerwartet und jung gestorben. Er rechnete erst in ferner Zukunft mit seinem Tod, jedenfalls für einen Zeitpunkt lange nach dem Ableben seiner im Jahre 1899 geborenen Mutter. Anderenfalls wären seine Anordnungen unter Ziffer II. bis V. des Testaments wenig verständlich, da der Mutter der Nießbrauch an beiden Hausgrundstücken eingeräumt war. Anscheinend hoffte der Erblasser, vor seinem Ableben die restlichen Erbanteile des Mietshauses Kn. 177 noch zu erwerben. Er rechnete vielleicht deshalb in Ziffer II. des Testaments schon das Haus und nicht die Rechte aus den Erbteilsübertragungsverträgen zu seinem Nachlaß. Das Nachbarmiethaus Nr. 3 war hinsichtlich Ankauf und Modernisierung vollständig fremdfinanziert. Wie bereits mehrfach erwähnt, mußten 50.000 DM sogar auf dem Familienstammhaus Nr. 5 abgesichert werden, worauf sich die vorsorgliche Ziffer IV. Abs. 2 des Testaments bezieht. Dieses Haus wollte der Erblasser wahrscheinlich wie schon vorher unstreitig die Modernisierung von Nr. 5 und den Erwerb der Erbanteile am Kn. 177 aus seinem (insbesondere Miet-)Einkommen bezahlen. Auf diese Weise hätte nach der Erledigung der Finanzierung die Beklagte als Eigentümerin von Nr. 3 dem Erblasser und damit ohne ihre Einsetzung als Erbin für "das gesamte übrige Vermögen" seinen Erben ganz erhebliche Summen geschuldet.

b)

Demgemäß können nicht nur die fehlende Angabe der Erbquote und die übrigen Überlegungen unter 2. und 3., den schon nach der Erwägung unter 2. c) nicht fernliegenden Erblasserwillen ergeben, daß er einmal die Klägerseite zusammengenommen und zum anderen Teil die Beklagte für sich allein ohne Rücksicht auf den Wert der Anteile so bedenken wollte, daß beide Seiten durch Miethäuser abgesichert waren. Dem steht nicht entgegen, daß die Parteien die Auslegung des Testaments dahin, sie seien je zu 1/2 Erben geworden, aus unterschiedlichen taktischen Gründen für richtig gehalten haben.

Dann wäre folgerichtig, daß in Ziffer I. keine Quote genannt worden ist, und daß in Ziffer II. trotz der als "Teilungsanordnung" bezeichneten Regelung kein Ausgleich vorgesehen wurde. Dann aber wäre die vom Landgericht schon gefundene Lösung richtig, daß der Erblasser die "beiden Seiten" nicht zu gleichen Quoten, sondern zu jeweils der Quote eingesetzt hat, die sich aus dem Wert der zugewendeten Gegenstände im Verhältnis zum Gesamtnachlaß ergibt. Der vorliegende Fall wäre damit vergleichbar mit dem im Urteil vom 17. Februar 1960 (V ZR 144/58 - LM BGB § 2084 Nr. 12) entschiedenen Fall. Damals waren der Sohn aus erster Ehe und die zweite Ehefrau im notariellen Testament sogar ausdrücklich zu gleichen Teilen eingesetzt. Gleichwohl ist die seinerzeit näher begründete tatrichterliche Auslegung hingenommen worden, daß verschiedene Quoten gewollt waren.

5.

Die Folgen einer solchen Auslegung sind den §§ 2306 und 2305 BGB zu entnehmen.

a)

Dabei hat § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht die Bedeutung, daß die Ziffer II. des Testaments im Verhältnis zur Beklagten vollständig als nicht angeordnet gilt. Das ist allerdings umstritten (RG LZ 1932 Spalte 1050 und Staudinger/Ferid/Cieslar, 12. Aufl. § 2306 Rdn. 57, dagegen MünchKomm/Frank, 2. Aufl. § 2306 Rdn. 9 und Soergel/Dieckmann, 11. Aufl. § 2306 Rdn. 6). Der Senat folgt jedoch dem Reichsgericht (RG LZ 1932 Spalte 1050) dahin, daß in einem solchen Fall die Teilungsanordnung insofern bestehen bleiben muß, als sie die Erbquote bestimmt. Als Teilungsanordnung dagegen gilt sie im Verhältnis zur Beklagten nicht (vgl. auch RGRK/Johannsen, 12. Aufl. § 2306 Rdn. 6).

b)

Dann aber läge der in § 2305 BGB gemeinte Fall vor. Die Beklagte wäre zu weniger als 1/4 des Nachlasses eingesetzt, weil der vom Erblasser bei der Testamentserrichtung wahrscheinlich verfolgte Plan infolge seines zu frühen Todes gescheitert ist. Sie könnte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts den Pflichtteilsrestanspruch geltend machen.

 

Unterschriften

Rottmüller

Dr. Lang

Dehner

Dr. Schmidt-Kessel

Dr. Zopfs

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456121

DNotZ 1990, 805

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