Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Hopfentreter, die von einem Hopfenaufkäufer oder einer Brauerei von Fall zu Fall vorübergehend zu festgelegten Arbeiten herangezogen werden, sind insoweit nicht Arbeitnehmer.

 

Normenkette

EStG § 19/1/1; LStDV § 1/1; LStDV § 1/2

 

Tatbestand

Der Bf. ist Hopfenhändler. In den Jahren 1955 und 1956 beschäftigte er vier sogenannte Hopfentreter. Diese wurden vom Bf. beauftragt, in der Hopfensaison bei den ihnen vom Bf. benannten Bauern den vom Bf. gekauften Hopfen einzutreten und in Säcke zu fassen. Sie verständigten sich dann mit den Bauern über die Zeit, zu der sie kommen konnten. Das Entgelt wurde nach der Leistung mit 1,30 DM je Zentner bemessen. Der Bf. zahlte an die Hopfentreter im Jahre 1955 1.791,85 DM und im Jahre 1956 2.346,76 DM. Das Finanzamt, das die Hopfentreter für Arbeitnehmer hielt, forderte die gemäß Abschnitt 52 c LStR pauschal mit 5 v. H. berechnete Lohnsteuer vom Bf. als Arbeitgeber nach; ebenso die Abgabe "Notopfer Berlin" und die Kirchensteuer.

Der Bf. bestritt, daß die Hopfentreter seine Arbeitnehmer seien; sie seien selbständig. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Es stellte fest, von den vier Hopfentretern sei einer Bauhilfsarbeiter, ein anderer Lagerarbeiter, ein dritter Rentner und Gelegenheitsarbeiter und ein vierter nicht in der Einwohnerkartei registriert. Es nahm an, die Hopfentreter seien in den Betrieb des Bf. eingegliedert gewesen; sie hätten ihre Arbeitskraft geschuldet. Der Bf. hätte bestimmt, bei welchen Bauern sie hätten arbeiten müssen. Ihre Arbeit sei einfach gewesen und habe keine individuelle Gestaltungsmöglichkeit gelassen; über die Zeiteinteilung hätten die Bauern, bei denen sie tätig geworden seien, entschieden. Die Hopfentreter hätten auch in ihrem Hauptberuf Handarbeit geleistet und seien beim Finanzamt oder beim Gewerbeaufsichtsamt nicht als Gewerbetreibende gemeldet gewesen. Sie hätten zwar über einen gewissen Spielraum in der Zeiteinteilung verfügt und würden nach der Leistung bezahlt. Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs IV 177/38 vom 8. Dezember 1938 (RStBl 1939 S. 197) sei das aber nicht entscheidend. Im Urteil des Bundesfinanzhofs VI 143/56 U vom 25. Oktober 1957 (BStBl 1958 III S. 15, Slg. Bd. 66 S. 38) sei eine Person als Arbeitnehmer angesehen worden, wenn sie nur ein unselbständiges Glied in einem fremden Betrieb sei, die Arbeit einfach und klar vorgezeichnet sei und kein Unternehmerrisiko bestehe. Die Hopfentreter trügen kein Risiko. Sie seien zwar manchmal gleichzeitig für mehrere Hopfenhändler oder Hopfenaufkäufer tätig; aber es komme auch sonst vor, daß Aushilfsarbeiter tageweise oder stundenweise nebeneinander bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt würden. Unerheblich sei auch, daß der Bf. keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe.

Mit der Rb. rügt der Bf. unrichtige Anwendung von § 19 EStG - § 1 LStDV -. Er beruft sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 106/54 U vom 3. November 1955 (BStBl 1956 III S. 110, Slg. Bd. 62 S. 296). Den Hopfentretern werde jeweils ein besonderer und begrenzter Auftrag erteilt. Auch die Brauereien, die direkt Hopfen einkauften und die Hopfentreter in Anspruch nähmen, betrachteten diese nicht als Arbeitnehmer. Die Hopfentreter hätten auch die Arbeitsmittel zu stellen, z. B. das Fahrzeug, Bindfaden, Nähnadel usw. Ihre Tätigkeit erstrecke sich auf etwa drei bis vier Monate im Jahr. Sie seien im allgemeinen für mehrere Händler und Brauereien gleichzeitig an demselben Tag nacheinander tätig und führten mit eigenem Fahrzeug von Erzeuger zu Erzeuger; für dabei entstehende Unfälle oder Schäden hafteten sie selbst. Sie müßten zu ihrer Arbeit, besonders zum Vernähen der Ballensäcke, eine Arbeitskraft beiziehen, die sie selbst bezahlten; der Händler kenne diese Leute meist nicht. Der Bf. hat noch ein Gutachten des Verbandes der Hopfenkaufleute vom 19. Juli 1960 vorgelegt, das seine Sachdarstellung und Rechtsauffassung bestätigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Der Senat hat in der Grundsatzentscheidung VI 183/59 S vom 24. November 1961, BStBl 1962 III S. 37, erörtert, unter welchen Voraussetzungen Aushilfskräfte, die ein Arbeitgeber bei einem vorübergehenden Arbeitsanfall für kurze Zeit beschäftigt, seine Arbeitnehmer sind. Maßgebend für die Beurteilung ist das Gesamtbild der Verhältnisse, d. h. es sind in jedem Fall die für und gegen die Eigenschaft als Arbeitnehmer sprechenden Merkmale abzuwägen. Mit Recht hat das Finanzgericht als nicht entscheidend angesehen, daß die Hopfentreter nur kurze Zeit und lose zum Betrieb des Bf. in Verbindung traten; auch nur kurzfristig Beschäftigte können Arbeitnehmer sein. Mit Recht hat das Finanzgericht auch in Betracht gezogen, daß die Hopfentreter nur einfache Handarbeit verrichteten und bei solcher Art von Arbeit eher die Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers anzunehmen ist. Richtig ist schließlich auch, daß die Sozialversicherungspflicht hier keine Rolle spielt.

Bedenklich ist aber, wenn das Finanzgericht darauf abgestellt hat, welche Tätigkeit die Hopfentreter im Hauptberuf ausübten. Denn eine Aushilfstätigkeit ist steuerlich grundsätzlich aus ihren eigenen Gegebenheiten zu beurteilen. Das Finanzgericht hat auch nicht ausreichend gewürdigt, daß die Hopfentreter nicht in einer Betriebstätte des Bf. tätig waren. Sie waren oft gleichzeitig für mehrere Auftraggeber tätig. Ihren Arbeitsplan stellten sie nach der Zahl der Auftraggeber und dem Wohnsitz der Bauern auf, bei denen sie ihre Aufträge erledigten. Daß sie mit diesen die Zeit des Erscheinens vereinbarten, spricht nicht für die Eingliederung in den Betrieb des Bf., sondern war eine sachliche Notwendigkeit bei der Erfüllung des Auftrags. Das Finanzgericht hat ferner nicht ausreichend in Betracht gezogen, daß die Hopfentreter auch die Arbeitsmittel und die zur Erledigung der Aufträge benötigte Hilfskraft zu stellen und selbst zu bezahlen hatten. Ferner wurden sie nicht nach Zeit, sondern nach Leistung bezahlt.

Nach allem sprechen im Rahmen des Gesamtbildes die gewichtigeren Gesichtspunkte dafür, daß die Hopfentreter nicht ihre Arbeitskraft, sondern einen vertraglich vereinbarten Leistungserfolg schuldeten und daher bei ihrer Tätigkeit nicht Arbeitnehmer, sondern selbständig waren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410296

BStBl III 1962, 69

BFHE 1962, 180

BFHE 74, 180

StRK, EStG:19/11/1 R 219

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