Leitsatz (amtlich)
Die Abtretung eines Bausparvertrages ist nicht schon dann prämienschädlich, wenn der Abtretungsempfänger die Bausparsumme nicht unverzüglich nach Abschluß des Abtretungsvertrages zum Wohnungsbau für sich oder seine Angehörigen verwendet. Erst nach Auszahlung der Bausparsumme (oder der aufgrund einer Beleihung zustehenden Geldbeträge) ist es prämienschädlich, wenn der Abtretungsempfänger die Mittel nicht unverzüglich zweckentsprechend verwendet.
Normenkette
WoPG 1969 § 2 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatten in den Streitjahren 1969 bis 1974 für ihre Aufwendungen auf einen am 29. Dezember 1969 abgeschlossenen Bausparvertrag Wohnungsbau-Prämien in Höhe von insgesamt 4 032,60 DM erhalten. Am 21. Juli 1975 traten sie diesen Bausparvertrag an ihre Tochter (T) ab, wobei diese die Verpflichtung übernahm, die Bausparmittel unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau für die Kläger oder deren Angehörige zu verwenden. T erwarb auch zunächst (am 30. Juli 1975) ein Hausgrundstück. Da das Gebäude Baumängel aufwies, trat sie jedoch von dem Grundstückskaufvertrag wieder zurück und widerrief die Zuteilung des (von den Klägern erworbenen) Bausparvertrages. Die Bausparsumme war nicht ausgezahlt worden. Darauf forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) mit Bescheid vom 6. Oktober 1976 die den Klägern in den Streitjahren gewährten Wohnungsbau-Prämien zurück. Das FA war der Ansicht, T habe die Mittel aus dem Bausparvertrag nicht unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet.
Einspruch und Klage sind erfolglos geblieben. Das Finanzgericht (FG) hat in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1977 S. 624 (EFG 1977, 624) veröffentlichten Urteil entscheidend darauf abgestellt, daß die Bausparsumme nicht unverzüglich nach der Abtretung des Bausparvertrages zum Wohnungsbau verwendet worden ist. Es könne dem Gesetz nicht entnommen werden, daß ein unverzügliches Handeln erst nach Auszahlung des Geldes erforderlich sei. Folgte man der Auffassung der Kläger, könnte ein Vertrag prämienunschädlich abgetreten werden ohne daß der Erwerber überhaupt die Absicht hat, die Mittel zum Wohnungsbau einzusetzen, da er nur die Zuteilung abzulehnen und den Ablauf der Sperrfrist abzuwarten brauchte.
Dagegen wenden sich die Kläger mit der Revision. Sie rügen (sinngemäß) Verletzung materiellen Rechts. Unter "unverzüglicher Verwendung der Bausparsumme" zum Wohnungsbau (im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 3 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1969 - WoPG -) sei im Falle der Abtretung eines Bausparvertrages zu verstehen, daß der (Abtretungs-)Erwerber innerhalb von 12 Monaten nach Erlangung der Verfügungsmacht über die Bausparmittel mit dem Wohnungsbau begonnen haben müsse (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 29. November 1973 VI R 31 - 32/72, BFHE 111, 199, BStBl II, 1974, 227). Die Verfügungsmacht erlangte der Erwerber jedoch erst mit der Bausparsumme.
Die Kläger beantragen (sinngemäß), das FG-Urteil, die Einspruchsentscheidung des FA sowie den angefochtenen Rückforderungsbescheid des FA vom 6. Oktober 1976 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung des FA sowie des angefochtenen Rückforderungsbescheides des FA vom 6. Oktober 1976 (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -)
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die von den Klägern an T abgetretenen Bausparmittel zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Rückforderungsbescheides noch nicht ausgezahlt worden waren und über sie auch noch nicht anderweitig verfügt worden war. Es bestand noch die Möglichkeit, die Bausparsumme erstmals und endgültig für Zwecke des Wohnungsbaus zu verwenden.
2. Bei dieser Rechts- und Sachlage durfte das FG nicht von einer prämienschädlichen Abtretung des Bausparvertrages der Kläger an T ausgehen.
Das FG beruft sich für seine Rechtsauffassung zu Unrecht auf den klaren und eindeutigen Wortlaut des Wohnungsbau-Prämiengesetzes. § 2 Abs. 2 Satz 3, 2. Halbsatz dieses Gesetzes verlangt für den Fall der prämienunschädlichen Abtretung eine bestimmte Verwendung der "Bausparsumme" oder der "aufgrund einer Beleihung empfangenen Beträge". Der Gebrauch des Wortes "Bausparsumme" allein gibt - entgegen der Auffassung des FG - keinen Aufschluß darüber, ob das Gesetz bereits an die bloße Abtretung der Ansprüche oder erst an die Auszahlung der entsprechenden Geldbeträge weitere Folgen knüpft. Bei wörtlicher Auslegung kann der Begriff "Bausparsumme" sowohl den Anspruch vor Auszahlung als auch den bereits ausgezahlten Betrag bedeuten.
Aus der Stellung im Gesetz folgt jedoch, daß hier unter Bausparsumme der (bereits) ausgezahlte Geldbetrag zu verstehen ist. Die Verwendung der Bausparsumme wird in § 2 Abs. 2 Satz 3, 2. Halbsatz WoPG gleichgestellt der Verwendung der aufgrund einer Beleihung empfangenen Beträge. Daraus schließt der Senat, daß der Gesetzgeber in beiden Fällen auf die Verwendung bereits ausgezahlter Beträge abgestellt hat. Wäre schon die Abtretung eines Bausparvertrages als solche entscheidend, hätte es weiterer Unterscheidungen nicht mehr bedurft; diese wären sogar unverständlich. Müßte ein abgetretener Bausparvertrag - entsprechend der Auffassung des FG und auch des FA - stets bereits unverzüglich nach seiner Abtretung zum Wohnungsbau verwendet werden, würde die Möglichkeit einer Beleihung (§ 2 Abs. 2 Satz 3,2. Halbsatz, 2. Alternative WoPG) stark eingeschränkt werden. Der Abtretungsempfänger noch nicht zuteilungsreifer Bausparverträge müßte in der Regel innerhalb von 12 Monaten (s. hierzu das Urteil des Senats in BFHE 111, 199, BStBl II 1974, 227) nach Abschluß des Abtretungsvertrages eine Beleihung (im Wege der Zwischen- oder gar Vorfinanzierung des Bausparvertrages) vorgenommen haben. Eine derartige Fristsetzung enthält das Gesetz jedoch gerade nicht. Weiter würde die vom FG vertretene Auffassung dazu führen, daß ein weiteres Ansparen des Vertrages durch den Abtretungsempfänger über mehrere Jahre hin und das Abwarten der vertragsgemäßen Zuteilung in aller Regel ausgeschlossen wären (vgl. auch Brych in "Der Betrieb" 1979 S. 1961 DB 1979, 1961 -).
Eine derart weitreichende Einschränkung der Abtretung von Bausparverträgen kann - entgegen der Auffassung des FG - auch nicht mit dem Willen des Gesetzgebers begründet werden. Nach der Begründung zu Nr. 10 (Buchst. b, bb) des Schriftlichen Berichts des Finanzausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts vom 14. Juni 1958 (dem späteren § 10 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes 1958 - EStG - und der folgenden Jahre, der Korrespondenzvorschrift zu § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG für den Bereich der Sonderausgaben) ist die Abtretung von Bausparverträgen (ganz allgemein) dann unschädlich, "wenn der Zessionar die Bausparsumme zum Wohnungsbau für den bisherigen Bausparer oder dessen Angehörige verwendet" (Bundestag, 3. Wahlperiode, zu Drucksache 448 S. 10). Daraus folgt, daß der Gesetzgeber entscheidend auf die Zweckbindung als solche abgestellt hat. Auf eine Frist, innerhalb deren der Zweck erreicht sein mußte, kam es (jedenfalls primär) nicht an. Es stand vielmehr die zeitlich unbegrenzte Zweckbindung für den Abtretungsempfänger im Vordergrund (vgl. auch Abschn. 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 der Richtlinien zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1960 - WoPR -, die offensichtlich von einer Zweckbindung über den Ablauf der Sperrfrist des § 2 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz WoPG hinaus ausgehen; s. auch Stäuber/Walter, Kommentar zum Wohnungsbau-Prämiengesetz, 8. Aufl., 1980, § 2 Anm. 159). Die vom FG (in der angefochtenen Entscheidung) befürchtete Möglichkeit des Mißbrauchs ist dadurch bereits kraft gesetzlicher Gestaltung ausgeschlossen (so auch Stäuber/Walter, a. a. O.).
Erst nach Auszahlung der Bausparsumme oder der aufgrund einer Beleihung zustehenden Geldbeträge muß der Abtretungsempfänger um eine unverzügliche Verwendung der Mittel zum Wohnungsbau besorgt sein. Ab diesem Zeitpunkt ist es den Finanzbehörden und auch den Bausparkassen nur noch unter erschwerten Umständen möglich, die Verwendung der dem Abtretungsempfänger zugeflossenen Geldmittel weiterzuverfolgen und zu überprüfen. Diesem Umstand trägt die Fristsetzung in § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG Rechnung. Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr nicht zu (vgl. auch Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 10 EStG Anm. 503, die dort zur korrespondierenden Vorschrift des § 10 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG in den in den Streitjahren gültigen Fassungen ebenfalls von der "ausgezahIten Bausparsumme" sprechen).
3. Die Sache ist spruchreif. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Bausparsumme zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides vom 6. Oktober 1976 noch nicht ausgezahlt worden war. Der Umstand, daß T keinen Gebrauch von der Zuteilung der Bausparsumme machte, ist nicht prämienschädlich (vgl. hierzu das BFH-Urteil vom 25. Juli 1958 VI 325/57 U, BFHE 67, 249, BStBl III 1958, 368). Andere Gründe, die die Rückforderung der den Klägern gewährten Prämien rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 413454 |
BStBl II 1981, 141 |
BFHE 1981, 551 |