Leitsatz (amtlich)

In den Fällen des § 12 Abs. 2 ErbStG ist die begünstigende Vorschrift des § 21 ErbStG sowohl bei der Berechnung der fiktiven Steuer nach § 12 Abs. 2 ErbStG als auch bei der darauf aufbauenden Berechnung der endgültigen Steuer anzuwenden, wenn und soweit deren Voraussetzungen jeweils erfüllt sind.

 

Normenkette

ErbStG § 12 Abs. 2, § 21

 

Streitjahr(e)

1958

 

Tatbestand

Die Klägerin hat im Juni und August 1958 Geld- und Wertpapiere, die aus dem Nachlaß ihres im selben Jahr verstorbenen und von ihr beerbten Mannes stammten, unter Übernahme der Schenkungsteuer an ihre Kinder verschenkt.

Nach zunächst anderer Behandlung in vorläufigen Bescheiden hat das Finanzamt (FA) am 23. August 1961 die Steuer endgültig in der Weise festgesetzt, daß es die in § 21 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1959 vorgeschriebene Ermäßigung zwar auf die Berechnung der fiktiven Steuer gemäß § 12 Abs. 2 ErbStG, nicht aber auf die Berechnung der Steuer aus der gemäß § 12 Abs. 2 ErbStG zusammengerechneten Zuwendung anwandte. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat § 21 ErbStG auch auf die Berechnung der endgültigen Steuer in vollem Umfang angewandt und die Steuer dementsprechend herabgesetzt. Es hat dazu festgestellt, daß auch die Mittel für die Zahlung der Steuer aus dem Nachlaß des Vaters der Beschenkten stammen.

 

Entscheidungsgründe

Die - noch als Rb. eingelegte - Revision des Beklagten ist unbegründet.

Zu Unrecht sieht der Beklagte die Frage aufgeworfen, ob in den Fällen des § 12 Abs. 2 ErbStG die Vergünstigung des § 21 ErbStG 1959 einmal oder zweimal anzuwenden ist. Das ErbStG schreibt weder das eine noch das andere vor. Nach Wortlaut und Sinn dieser Vorschrift ist vielmehr bei der Berechnung der Erbschaftsteuer § 21 ErbStG stets dann und insoweit anzuwenden, als seine Voraussetzungen erfüllt sind. Das gilt gleichermaßen für die Berechnung der fiktiven Steuer nach § 12 Abs. 2 ErbStG wie für die darauf aufbauende Berechnung der endgültigen Steuer.

Nach § 12 Abs. 2 ErbStG gilt, wenn der Schenker die Entrichtung der vom Beschenkten geschuldeten Steuer selbst übernommen oder einer anderen Person auferlegt hat, als Erwerb der Betrag, der sich bei einer Zusammenrechnung der Zuwendung mit der aus ihr errechneten Steuer ergibt. Diese Vorschrift beruht auf der Erwägung, daß der Beschenkte, der von der Zahlung der Schenkungsteuer entlastet wird, dadurch eine weitere Zuwendung erhält, deren Berechnung vereinfacht werden soll. Die der Hauptzuwendung (eigentliche Zuwendung ohne die übernommene Steuer) zuzurechnende Steuer ist also diejenige, welche der Beschenkte entrichten müßte, wenn der Schenker die Steuer nicht übernommen hätte. Auf deren Berechnung ist folglich das ErbStG in seinem vollen Umfang anzuwenden und damit auch dessen § 21, soweit seine Voraussetzungen erfüllt sind.

Entgegen der Ansicht des Beklagten wird dadurch die Begünstigung des § 21 ErbStG nicht verbraucht. Denn durch die nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 ErbStG angestellte Berechnung wird nicht, wie es § 21 ErbStG vorschreibt, der auf das mehrfach übergegangene Vermögen entfallende Steuerbetrag selbst gekürzt; die Berechnung nach § 12 Abs. 2 ErbStG dient vielmehr allein der Ermittlung des zu besteuernden Erwerbs. Wie hoch die auf diesen Erwerb entfallende Erbschaftsteuer ist, bemißt sich nach allen Vorschriften des ErbStG, und damit auch nach dessen § 21, soweit seine Voraussetzungen erfüllt sind. Ebenso wie im Rahmen des § 12 Abs. 2 ErbStG ist also zunächst zu prüfen, inwieweit der Haupterwerb von Personen der Steuerklasse I oder II auf Vermögen beruht, das innerhalb der in § 21 Abs. 1 ErbStG bezeichneten Fristen bereits von Personen der gleichen Steuerklassen erworben worden ist und für das eine Erbschaftsteuer zu erheben war. Darüber hinaus ist die Frage aufzuwerfen, ob diese Voraussetzungen auch bei dem zugewandten Steuerbetrag erfüllt sind. Ist das nicht der Fall, so beschränkt sich die Vergünstigung des § 21 ErbStG auf die auf den Haupterwerb entfallende Steuer.

Die tatsächliche Würdigung des FG, daß auch der zugewandte Steuerbetrag dem Nachlaß entstammt, enthält keinen Rechtsfehler und bindet daher den Bundesfinanzhof - BFH - (ß 118 Abs. 2 FGO). Es ist nicht zu beanstanden, daß das FG, da zu drei Vierteln dieses Betrages der buchmäßige Nachweis erbracht war, seine freie Überzeugung (ß 278 AO a. F.) im übrigen nur darauf gründete, daß der Erbanfall auch an flüssigen Mitteln ganz erheblich war und zu dem restlichen Steuerbetrag "in gar keinem Verhältnis steht"; § 21 Abs. 1 ErbStG verlangt nur Identität des erworbenen und weitergegebenen Vermögens, bei baren Mitteln aber nicht geradezu die Zahlung aus dem zuvor erworbenen Barkonto selbst.

Die Berechnung der vom FG festgesetzten Steuer enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Revisionsklägers. Die Revision des FA war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BFHE 1967, 507

BFHE 87, 507

StRK, ErbStG:12 R 1

LEXinform-Nr. 0010049

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge