Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksame Klagerücknahme nach fehlerhafter Belehrung durch das FG

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Klagerücknahme ist unwirksam, wenn sie das FG durch grob fehlerhafte Belehrung veranlaßt hat.

2. Mit der Verfahrensrüge gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kann nicht geltend gemacht werden, das FG habe zu Unrecht einen groben Belehrungsfehler verneint.

 

Normenkette

FGO §§ 72, 115 Abs. 2 Nrn. 2-3

 

Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) beruht nicht auf einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Eine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt nur vor, wenn das FG dem angefochtenen Urteil einen entscheidungserheblichen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den ebenfalls die Entscheidung tragenden Erwägungen (Rechtssatz) einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (vgl. z. B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 17, m. w. Rechtsprechungsnachweisen). Eine abweichende Beurteilung von Tatsachen genügt nicht (BFH-Beschluß vom 29. Juni 1994 I B 118/93, BFH/NV 1995, 319).

Entscheidungserheblich war im Streitfall allein die Frage, ob die Klage wirksam zurückgenommen worden ist. Hierzu stellt das FG jedoch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (z. B. Beschlüsse vom 19. Januar 1972 II B 26/69, BFHE 104, 291, BStBl II 1972, 352; vom 7. November 1990 III S 7/90, BFH/NV 1991, 337) darauf ab, ob es die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) grob fehlerhaft belehrt und dadurch in unzulässiger Weise zur Klagerücknahme bewegt hat.

Bei der Beurteilung des Sachverhalts geht das FG -- insoweit mit der Beschwerdebegründung -- davon aus, daß seine in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 1994 vertretene Auffassung, welche die Kläger zur Rücknahme der Klage bewegt hat, zwar fehlerhaft war, weil sie von der zitierten Entscheidung des BFH vom 11. Februar 1994 III B 127/93 (BFHE 173, 14, BStBl II 1994, 658) abwich. Einen groben Fehler verneint das FG aber mit der Begründung, daß seine frühere Rechtsansicht auch in einem namhaften Kommentar zur FGO vertreten werde; im übrigen sei die Entscheidung des BFH erst im September 1994 im BStBl veröffentlicht worden.

Soweit die Kläger geltend machen, die Belehrung durch das FG sei grob fehlerhaft gewesen, wenden sie sich allein gegen dessen Sachverhaltswürdigung. Die geltend gemachte unrichtige Anwendung formellen Rechts im Einzelfall begründet jedoch keinen Verfahrensfehler i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Februar 1986 IV B 6/85, BFHE 146, 204, BStBl II 1986, 492; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 65, m. w. N.).

Keinen Verfahrensfehler bildet ferner die "Nichtbehandlung des Antrages nach § 68 FGO vom 8. 4. 1994". Vorgreiflich war die Rechtsfrage, ob die Klagerücknahme wirksam war. Nur wenn das FG die Unwirksamkeit der Klagerücknahme bejaht hätte, hätte es darüber entscheiden müssen, ob die Frist für den Antrag nach § 68 FGO deshalb nicht abgelaufen war, weil möglicherweise die Belehrung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) im Änderungsbescheid nicht eindeutig gewesen ist.

Die im Schriftsatz vom 13. November 1995 erhobenen Rügen rechtfertigen schon deshalb keine Zulassung, weil sie erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO erhoben worden sind.

Im übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421745

BFH/NV 1997, 190

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