Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH nach Abweisung der Klage in der Hauptsache; Erfolgsaussichten aufgrund eines Beweisbeschlusses

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Frage der Bewilligung von PKH im Beschwerdeverfahren nach Abweisung der Klage in der Hauptsache.

2. Allein die Tatsache, daß das FG eine Beweiserhebung für erforderlich gehalten hat, ist nicht geeignet, notwendigerweise eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Klage zu begründen.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO § 114

 

Tatbestand

Das beklagte Finanzamt (FA) hat den Antragsteller, Beschwerdeführer und Kläger (Kläger) als Generalbevollmächtigten und Verfügungsberechtigten gemäß §§34, 35, 69 der Abgabenordnung (AO 1977) für rückständige Steuerschulden seines Vaters, eines Steuerberaters, in Anspruch genommen. Den Antrag des Klägers, ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) für seine Klage gegen den Haftungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung zu bewilligen, hat das Finanzgericht (FG) durch Beschluß vom 18. Februar 1997 unter Hinweis auf einen vorausgegangenen ablehnenden Bescheid wegen Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids wegen nicht hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Mit Urteil vom 12. März 1997 hat das FG nach mündlicher Verhandlung und Beweiserhebung die Klage abgewiesen.

Mit der Beschwerde hält der Kläger seinen PKH-Antrag aufrecht. Er meint, im Hinblick auf den Beweisbeschluß des FG vom 18. Februar 1997 (Vernehmung von Zeugen) hätte die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht verneint werden dürfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet, weil der Antrag auf Bewilligung von PKH, wie das FG zutreffend anerkannt hat, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (§142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. §114 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --).

Hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung nur, wenn das Vorbringen des Antragstellers bei summarischer Prüfung nicht von vornherein aussichtslos erscheint, vielmehr der begehrte Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH --, vgl. nur Senatsbeschluß vom 22. Februar 1994 VII B 114/92, BFH/NV 1994, 822, m. w. N.). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. BFH- Beschlüsse vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217; und vom 6. Juni 1994 VII B 2/94, BFH/NV 1995, 281). Dabei ist zur Beurteilung des voraussichtlichen Erfolgs der zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegende Sach- und Streitstand zugrunde zu legen, was von Bedeutung ist, wenn dieser gegenüber dem Zeitpunkt der Antragstellung für den Antragsteller günstiger geworden ist.

Im Streitfall spricht für die Richtigkeit des die PKH ablehnenden Beschlusses des FG, daß inzwischen auch die Klage in der Hauptsache abgewiesen worden ist. Die Beschwerde könnte nur dann Erfolg haben, wenn eine Revision gegen das Urteil des FG Erfolg verspräche oder wenn sich aus dem Vortrag des Klägers ergäbe, daß die Erfolgsaussichten seiner Klage in dem Stadium vor Ergehen der Sachentscheidung in der Hauptsache anders zu beurteilen gewesen wären, als dies durch das Urteil geschehen ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 7. August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, 498, BStBl II 1984, 838; und in BFH/NV 1994, 822). Ob das Urteil des FG mit Rechtsmitteln angefochten worden ist, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ersichtlich. Aus dem Beschwerdevorbringen läßt sich jedoch eine Erfolgsaussicht des klägerischen Begehrens weder für ein etwaiges Revisionsverfahren noch für den Zeitpunkt der dem Urteil in der Hauptsache vorangegangenen Entscheidung des FG über den PKH-Antrag entnehmen.

Allein die Tatsache, daß das FG eine Beweiserhebung für erforderlich gehalten hat, ist nicht geeignet, notwendigerweise eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Klage i. S. des §142 FGO i. V. m. §114 ZPO zu begründen (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Januar 1986 2 BvR 25/86, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1987, 786). Über die Erfolgsaussicht der Klage ist vielmehr im Einzelfall durch das entscheidende Gericht zu befinden. Hält das Gericht eine umfangreiche Sachaufklärung für erforderlich, so kann das zwar ein Anhaltspunkt für eine hinreichende Erfolgsaussicht sein (vgl. BFH-Beschluß vom 20. Februar 1990 VIII B 39/85, BFH/NV 1990, 785). Eine Beweisantizipation ist auch im PKH-Verfahren grundsätzlich nicht zulässig (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. September 1987 IV aZR 76/86, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 266). Dennoch muß das Gericht im Einzelfall im summarischen Verfahren prüfen können, ob es die Beweisführung für möglich hält (BFH-Beschluß in BFH/NV 1995, 281), andernfalls könnte der Mittellose die PKH mit jedem aussichtslosen, aber formell korrekten und prozessual nicht übergehbaren Beweisantritt erzwingen (Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 55. Aufl., §114 Rz. 88; vgl. auch Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., §142 FGO Rz. 26).

Im Streitfall sind der Beweisbeschluß, mit dem das FG die Vernehmung von zwei Zeugen im Hauptverfahren angeordnet hat, und der den PKH-Antrag ablehnende Beschluß am selben Tag (18. Februar 1997) ergangen. Daraus folgt, daß das FG bereits zu diesem Zeitpunkt trotz der Erforderlichkeit der Beweisaufnahme nicht von der Möglichkeit der Beweisführung im Sinne der Klage überzeugt war, was durch die nachfolgende Beweiserhebung und das Urteil in der Hauptsache seine Bestätigung gefunden hat. Hierfür spricht auch der Hinweis des FG an den Klägervertreter, "daß der Beweisbeschluß allein dem Zweck diene, aktenkundige Angaben des Zeugen G zu verifizieren und -- vorsorglich -- den Sachverhalt entsprechend §76 Abs. 1 FGO weiter aufzuklären". In seinem Urteil hat das FG schließlich die entscheidungserhebliche Tatsache, daß der Kläger als Verfügungsberechtigter i. S. von §35 AO 1977 anzusehen ist, im wesentlichen auf die ihm erteilte Generalvollmacht seines Vaters, sein Auftreten nach außen und auf die Äußerungen des Zeugen G gestützt, die bereits aktenkundig waren. Die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 1997 hat somit -- wie das FG bereits im Zeitpunkt der Ablehnung des PKH-Antrags als überwiegend wahrscheinlich vorausgesehen hat -- keine Tatsachen ergeben, auf die ein Erfolg der Klage gestützt werden konnte. Soweit die ebenfalls als Zeugin vernommene Mutter des Klägers eine Sachverhaltsdarstellung zugunsten des Klägers bekundet hat, die mit dem Akteninhalt und den diesen ergänzenden Aussagen des Zeugen G nicht übereinstimmte, hat das FG diese im Hinblick auf die verwandtschaftlichen Beziehungen nicht als glaubhaft angesehen.

Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, daß die mit dem Beschluß vom 18. Februar 1997 angeordnete Beweisaufnahme geeignet gewesen wäre, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der Klage zu begründen. Da der Kläger sich in seiner Beschwerde allein auf die Tatsache der beabsichtigten Beweiserhebung gestützt hat, ohne die Möglichkeit für einen Erfolg der Klage näher darzulegen, das FG in seinem PKH-Beschluß den Beweisantritt in der Klageschrift aber nicht übersehen hat, ist die Versagung der PKH für das Klageverfahren durch die Vorinstanz rechtlich nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66680

BFH/NV 1998, 78

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