Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung?
Leitsatz (NV)
1. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG liegt nur vor, soweit das Gericht offensichtlich gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat oder ihm ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist.
2. Eine unrichtige Sachbehandlung liegt nicht stets schon darin, daß das FG einen Verfahrensfehler begangen hat und der BFH aus diesem Grunde das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen hat.
Normenkette
GKG § 1 Abs. 1 Buchst. c, §§ 5, 8 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in dem Rechtsstreit II R 79/82 (zweiter Rechtsgang) durch Urteil vom 18. September 1985 das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufgehoben, die Sache an das FG zurückverwiesen und diesem die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen. Das FG hat durch Urteil vom 17. September 1986 die Klage abgewiesen und entschieden, daß die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Revisionsverfahren die Klägerin zu tragen hat, die Gerichtskosten für das erste Revisionsverfahren nicht erhoben werden.
Die Kostenstelle beim BFH setzte durch Kostenrechnung vom 9. September 1987 die von der Klägerin als Kostenschuldnerin zu entrichtenden Gerichtskosten für das Revisionsverfahren mit 344 DM an. Mit ihrer Erinnerung macht die Kostenschuldnerin geltend, es dürfe ,,nicht zu Lasten des Bürgers gehen, wenn das Gericht 1. Instanz eine unzureichende Tatsachenfeststellung trifft". Sie beantragt, die Kostenrechnung vom 9. September aufzuheben. Der Vertreter der Staatskasse beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist statthaft (§ 1 Abs. 1 Buchst. c, § 5 des Gerichtskostengesetzes - GKG -), aber unbegründet.
Die Erinnerung erlaubt Einwendungen gegen die Kostenberechnung. Solche Einwendungen hat die Klägerin nicht erhoben. Der Kostenansatz ist richtig.
Die Kosten sind auch zu erheben. Nur dann würden sie nicht erhoben, wenn sie ,,bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären" (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Klägerin meint, eine unrichtige Sachbehandlung liege darin, daß das FG ,,eine unzureichende Tatsachenfeststellung" getroffen habe und sie (die Klägerin) dadurch veranlaßt worden sei, Revision einzulegen. Dieser Revision würde es nicht bedurft haben, wenn das FG von vornherein die Sache richtig behandelt, d. h. alle erforderlichen Tatsachen festgestellt haben würde.
Dieser Ansicht kann der beschließende Senat nicht zustimmen. Denn eine unrichtige Sachbehandlung i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG liegt nur vor, soweit das Gericht offensichtlich gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat oder ihm ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht gegeben. Insbesondere liegt eine unrichtige Sachbehandlung nicht stets schon darin, daß das FG einen Verfahrensfehler begangen hat und der BFH aus diesem Grunde das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen hat (vgl. BFH-Beschluß vom 1. September 1970 VII B 112/68, BFHE 100, 76, 79, BStBl II 1970, 852).
Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 4 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 423936 |
BFH/NV 1988, 324 |