Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung?

 

Leitsatz (NV)

Eine unrichtige Sachbehandlung liegt nicht darin, daß der BFH seinen Beschluß über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründet hat.

 

Normenkette

GKG § 1 Abs. 1 Buchst. c, §§ 5, 8 Abs. 1 S. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 6

 

Tatbestand

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte durch Beschluß vom 12. August 1987 (II B 181/86) entschieden, daß die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das im zweiten Rechtsgang ergangene Urteil des Finanzgerichts (FG) zurückgewiesen wird und hatte gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) von einer Begründung der Entscheidung abgesehen. Die Kostenstelle beim BFH setzte durch Kostenrechnung vom 9. September 1987 die von der Klägerin als Kostenschuldnerin zu entrichtenden Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren mit 111 DM an. Mit ihrer Erinnerung macht die Kostenschuldnerin geltend, es sei ,,mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, daß das, was einen Bürger belastet, geheim bleibt". Das BFHEntlG sei ,,insoweit grundgesetzwidrig, als es einen Verzicht auf eine schriftliche Begründung vorsieht". Die Kostenschuldnerin beantragt, die Kostenrechnung vom 9. September 1987 aufzuheben. Der Vertreter der Staatskasse beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung ist statthaft (§ 1 Abs. 1 Buchst. c, § 5 des Gerichtskostengesetzes - GKG -), aber unbegründet.

Die Erinnerung erlaubt Einwendungen gegen die Kostenberechnung. Solche Einwendungen hat die Klägerin nicht erhoben. Der Kostenansatz ist richtig.

Die Kosten sind auch zu erheben. Sie würden nur dann nicht erhoben, wenn sie ,,bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären" (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GKG). Eine unrichtige Sachbehandlung in diesem Sinne liegt indes nicht vor. Denn weder hat das Gericht (der BFH) offensichtlich gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen, noch ist ihm ein offensichtliches Versehen unterlaufen (vgl. Drischler / Oestreich / Winter, Gerichtskostengesetz, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 10, mit zahlreichen Hinweisen auf Rechtsprechung; Hartmann, Kostengesetze, 22. Aufl., 1987, § 8 Anm. 2 B b; BFH-Beschluß vom 1. September 1970 VII B 112/68, BFHE 100, 76, 79, BStBl II 1970, 852). Insbesondere liegt eine unrichtige Sachbehandlung nicht darin, daß der BFH seinen Beschluß vom 12. August 1987 II B 181/86 (über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde) unter Hinweis auf Art. 1 Nr. 6 BFHEntlG nicht begründet hat. Denn diese Vorschrift ist - entgegen der Ansicht der Kostenschuldnerin - nicht offensichtlich verfassungswidrig. Dem Grundgesetz läßt sich nicht entnehmen, daß jede - auch eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche - gerichtliche Entscheidung mit einer Begründung zu versehen sei (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1983 2 BvR 1577/82, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 94, und vom 28. Februar 1979 2 BvR 84/79, BVerfGE 50, 287, 289).

 

Fundstellen

Haufe-Index 423937

BFH/NV 1988, 384

BFH/NV 1988, 389

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