Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzlicher Richter in Beschlußsachen

 

Leitsatz (NV)

1. Den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG i. V. m. § 21 g GVG ist genügt, wenn der Vorsitzende eines mit sechs Richtern besetzten Senats bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung den Berichterstatter entsprechend der im senats internen Geschäftsverteilungsplan nach Sachfragen aufgeteilten Zuständigkeiten und den Mitberichterstatter nach Maßgabe der diesem im senatsinternen Geschäftsverteilungsplan zugeordneten Endziffern der Geschäftsnummern bestimmt.

2. Eine Aussetzung des Verfahrens wegen einer zu erwartenden Entscheidung des BVerfG kommt nicht in Betracht, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde nicht fristgerecht eingelegt worden ist.

 

Normenkette

GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; FGO §§ 4, 74; GVG § 21g

 

Gründe

I. Das vorliegende Verfahren war nicht auszusetzen.

1. Die Rüge nicht ordnungsgemäßer Besetzung des erkennenden Senats ist unbegründet. Die Verfügung des Vorsitzenden des IX. Senats vom 12. Dezember 1995 über die Mitwirkung der Senatsmitglieder an den Verfahren für das Geschäftsjahr 1996 entspricht den Anforderungen des Art. 101 des Grundgesetzes (GG) und des § 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 21 g des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). In ihm ist abstrakt festgelegt, welche Richter des erkennenden Senats im Geschäftsjahr 1996 an den einzelnen Entscheidungen über die anhängigen Beschlußsachen mitzuwirken haben. Entsprechend Abschnitt II. 2. der Mitwirkungsgrundsätze bestimmt der Vorsitzende den Berichterstatter nach Maßgabe der dem senatsinternen Mitwirkungsplan als Anlage 1 beigefügten Grundsätze aus dem Kreis der Senatsmitglieder entsprechend der nach Sachfragen aufgeteilten Zuständigkeiten. Der Mitberichterstatter wird nach Maßgabe der im senatsinternen Mitwirkungsplan dem jeweiligen Richter zugeordneten Endziffern der Geschäftsnummern bestimmt. Die dem Vorsitzenden des erkennenden Senats danach noch verbleibenden Möglichkeiten einer Ermessensausübung bei der Bestimmung des Berichterstatters sind zur Gewährleistung einer effektiven Rechtsprechungstätigkeit des Spruchkörpers erforderlich.

Die Bezugnahme der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf den Vorlagebeschluß des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. August 1995 1 BvR 1644/94 (Neue Juristische Wochenschrift 1995, 2703) rechtfertigt die beantragte Aussetzung des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht. Dem dortigen Verfahren lag eine Geschäftsverteilung zugrunde, nach welcher der Berichterstatter von der Vorsitzenden nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt wurde. Die an Sachfragen ausgerichtete Bestimmung des Berichterstatters nach der Geschäftsverteilung des erkennenden Senats ist damit nicht vergleichbar.

2. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des BVerfG zum Rechtsschutzbedürfnis bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung i. S. des § 165 der Abgabenordnung (AO 1977) kommt nicht in Betracht, weil die Nichtzulassungsbeschwerde aus den Gründen zu II. unzulässig ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. November 1987 III R 208/84, III R 210-- 211/84, BFH/NV 1989, 370).

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Nichtzulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils anzufechten (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO). Das finanzgerichtliche Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger lt. Empfangsbekenntnis am 22. November 1995 zugestellt worden. Die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde lief somit am Freitag, den 22. Dezember 1995 ab (§ 54 FGO i. V. m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Die erst am 27. Dezember 1995 beim Finanzgericht (FG) eingegangene Beschwerde war deshalb verspätet.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) kann nicht gewährt werden. Trotz Hinweises auf den verspäteten Eingang der Beschwerdeschrift vom 20. Dezember 1995 haben die Kläger insoweit keine Gründe für eine unverschuldete Frist versäumung vorgebracht. Der gestellte Wiedereinsetzungsantrag bezieht sich auf den ergänzenden Schriftsatz vom 27. Dezember 1995. Ob der Prozeßbevollmächtigte am 27. Dezember 1995 unverschuldet verhindert war, diesen Schriftsatz per Telefax an das FG zu übermitteln, ist aber unerheblich. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdefrist bereits abgelaufen. Wiedereinsetzungsgründe, die offenkundig, gerichtsbekannt oder aktenkundig wären, liegen nicht vor.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 413

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