Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, ob ein Landgut (mit Grünflächen) und ein weiteres 80 km entferntes Gut (mit intensiver Schweinemast) einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 24 UStG 1980 bilden, ist nicht von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung.
2. Das FG versagt einer Partei nicht bereits dadurch das rechtliche Gehör, daß es in der mündlichen Verhandlung nicht auf den Sachverstand eines ehrenamtlichen Richters hinweist.
Normenkette
UStG 1980 § 24; BewG §§ 51, 51a; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 119 Nr. 3
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb bis zum Streitjahr 1981 in G eine Schweinemast.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes 1980 oder im Rahmen eines Gewerbebetriebs erfolgte. Nach dem Verhältnis der Tierbestände zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen in G gehörten die Schweine nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung.
In B, das nach der Feststellung des Finanzgerichts (FG) 80 km von G entfernt liegt, betrieb der Kläger das Teich- und Forstgut S, dessen Flächen er zur Begründung eines landwirtschaftlichen Betriebs in G heranziehen möchte.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) lehnte dies ab und unterwarf in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1981 die Umsätze des Betriebs in G der Regelbesteuerung. Einspruch und Klage hatten in diesem Punkte keinen Erfolg.
Das FG verneinte eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem Betrieb in G und dem Gut S. Nach seinen Feststellungen wurde dort zwar Mist und Gülle aus dem Schweinemastbetrieb ausgebracht und Grünfutter für die Schweine gewonnen. Nach dem Eindruck des Gerichts handelte es sich jedoch nur um vorübergehende, mit der Sanierung des Teichgutes S zusammenhängende Maßnahmen. Dieser Eindruck stützte sich auf mehrere Zeugenaussagen und die Sachkenntnis des ehrenamtlichen Richters X. Danach ist die Beigabe von Gras in der Schweinemast unüblich. Im übrigen führte das FG aus, daß die landwirtschaftlich genutzte Fläche des Guts S für den landwirtschaftlichen Betrieb der Schweinemast in G selbst dann nicht ausreiche, wenn ein einheitlicher Betrieb vorläge. Wie sich aus den beigezogenen Akten des Landratsamts und aus verschiedenen Zeugenaussagen ergebe, seien der ... weiher mit 12,29 ha und der ... weiher mit 7 ha saniert worden und deshalb der teichwirtschaftlichen Nutzung zuzuordnen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt, die er auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensfehler stützt.
Der Kläger macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil zu klären sei, ob und inwiefern in der heutigen Zeit moderner Verkehrsmittel und moderner Bewirtschaftungsmethoden die räumliche Entfernung landwirtschaftlicher Flächen ihrem Einschluß in die sogenannte Flächendeckung für die Tierhaltung entgegenstehe. Im übrigen sieht der Kläger seinen Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, daß ihm die das Urteil stützende Darstellung des ehrenamtlichen Richters X nicht zur Kenntnis gegeben worden sei. Dem Gericht hätte sich die Einholung weiterer Beweise, beispielsweise durch ein Sachverständigengutachten, aufdrängen müssen. Dasselbe gelte bezüglich der Nutzung der Weiher, nachdem unterschiedliche Zeugenaussagen vorgelegen hätten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach diesen Vorschriften ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die angefochtene Entscheidung auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt und der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt deshalb nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser durch den BFH erforderlich machen (BFH-Beschluß vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196); sie ist nicht klärbar, wenn sie maßgeblich von der Würdigung von Tatsachen abhängt (BFH-Beschlüsse vom 3. März 1967 III B 20/66, BFHE 88, 280, BStBl III 1967, 370, und vom 28. April 1972 III B 40/71, BFHE 105, 335, BStBl II 1972, 575).
Das FG ist zu der Beantwortung der Frage, ob der Kläger in G und B einen oder zwei Betriebe unterhielt, u. a. von den Grundsätzen der von ihm zitierten BFH-Urteile vom 19. Mai 1982 II R 116/79 (BFHE 136, 306, BStBl II 1982, 665) und vom 27. Oktober 1983 IV R 217/81 (BFHE 139, 530, BStBl II 1984, 364) ausgegangen. Der BFH hat in diesen Entscheidungen der Entfernung zwischen den Betrieben beziehungsweise Betriebsteilen eine maßgebliche Bedeutung beigemessen. Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich nicht, daß von einem Revisionsurteil in der vorliegenden Sache weitergehende Erkenntnisse von allgemeinem Interesse zu erwarten sind. Hierfür reicht auch der Hinweis auf moderne Verkehrsmittel und moderne Bewirtschaftungsmethoden nicht aus.
2. Verfahrensmängel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verstöße gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts. Derartige Verfahrensfehler liegen nur vor, wenn das FG unter Zugrundelegung seiner materiell-rechtlichen Auffassungen gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Derartige Fehler lassen sich der Beschwerdeschrift nicht entnehmen.
a) Das FG hat dem Kläger nicht das rechtliche Gehör versagt und dadurch gegen § 119 Nr. 3 FGO verstoßen. Der Kläger konnte sich vor dem Gericht dazu äußern, inwieweit er das in B geerntete Gras seinen Schweinen in G verfütterte. Ebenso konnte er zu den Zeugenaussagen Stellung nehmen, die u. a. die Wirkung von Gras als Futtermittel betrafen. Die Würdigung der entsprechenden Aussagen ist Sache des Gerichts. Das FG brauchte den Kläger nicht darauf aufmerksam zu machen, daß sich unter seinen Richtern ein staatlich geprüfter Landwirt befand, der seinen Vortrag mit besonderem Sachverstand zur Kenntnis nahm. Die Beiträge der einzelnen Richter zum Beratungsergebnis müssen den Parteien nicht bekanntgegeben werden.
b) Auch die Rügen mangelhafter Sachaufklärung haben keinen Erfolg; es fehlt die schlüssige Darlegung, daß sich dem FG auch ohne entsprechende Beweisantritte des Klägers weitere Sachverhaltsaufklärung aufdrängte. In Wahrheit wendet sich der Kläger mit diesen Rügen gegen die Beweiswürdigung des FG. Diese ist einer Verfahrensrüge nicht zugänglich (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 28).
3. Beschwerdegründe, die erst nach Ablauf der Frist des § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO vorgebracht wurden, können nicht berücksichtigt werden. Im übrigen sieht der Senat von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen
Haufe-Index 420793 |
BFH/NV 1996, 191 |