Leitsatz

Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde grundsätzlich nur Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche Offenbare Unrichtigkeiten berichtigen, die (ihr) beim Erlass des Verwaltungsaktes unterlaufen sind. Eine Ausnahme gilt allerdings für sog. "aktenkundige Übernahmefehler".

 

Sachverhalt

Der Kläger ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG und hat die an das Finanzamt geleisteten Umsatzsteuerzahlungen über mehrere Jahre hinweg nicht als Betriebsausgaben erklärt. Das Finanzamt veranlagte ihn erklärungsgemäß zur Einkommensteuer.

Nach Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide beantragte er erfolglos deren Berichtigung nach § 129 AO. Das Finanzamt pflichtete ihm zwar bei, dass die Gewinne zu hoch angesetzt seien, verneinte aber die Voraussetzungen des § 129 AO.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass eine Berichtigung nach § 129 AO ausscheidet, da weder ein Schreib- noch ein Rechenfehler vorliegt und auch keine diesen ähnliche offenbare Unrichtigkeit.

Zu den ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten gehört zwar die versehentliche Nichtberücksichtigung von feststehenden Tatsachen. Offenbar ist eine Unrichtigkeit, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als solcher erkennbar ist, auf bloße mechanische Versehen zurückzuführen und die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausgeschlossen ist. Eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Finanzamt unterlassene Sachverhaltsermittlung ist hingegen kein auf ein bloßes mechanisches Versehen zurückzuführender Fehler.

Dem Kläger ist zwar durch die Nichtberücksichtigung der an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuern in der Gewinnermittlung eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen. Dieser Fehler stellt jedoch keine vom Finanzamt als eigene übernommene offenbare Unrichtigkeit dar, denn es konnte die Unrichtigkeit nicht ohne weitere Prüfung erkennen. Aus den Umsatzsteuererklärungen war nämlich nicht zu entnehmen, ob und wie viel Steuer an das Finanzamt abgeführt worden ist.

 

Hinweis

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin hat der BFH die Revision zugelassen (Az. des BFH: VIII R 9/11). Der BFH wird sich in dem Revisionsverfahren insbesondere mit der Frage auseinander zu setzen haben, ob die in den Umsatzsteuererklärungen ausgewiesenen Abschlusszahlungen trotz des bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu beachtenden Abflussprinzips nach § 11 Abs. 2 EStG den Fehler des Steuerpflichtigen zu einem aktenkundigen Übernahmefehler des Finanzamts machen und ob das Finanzamt verpflichtet war, weitere Ermittlungen (z. B. in Form einer computergestützten Erhebungsauskunft) anzustellen.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.09.2010, 14 K 14074/09

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