rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Irrtümlich nicht als Betriebsausgabe erklärte Umsatzsteuer keine offenbare Unrichtigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Erklärt ein selbstständig tätiger Ingenieur in mehreren Jahren versehentlich die an das FA abgeführte Umsatzsteuer nicht als Betriebsausgabe und lässt sich weder den Einkommensteuererklärungen noch den Umsatzsteuererklärungen entnehmen, ob und wie viel Umsatzsteuer jeweils an das FA abgeführt wurde, beruht die fehlerhafte Nichtberücksichtigung der gezahlten Umsatzsteuer nicht auf einem rein mechanischen Fehler, sondern auf einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung, so dass die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit i. S. d. § 129 AO ausscheidet.

 

Normenkette

AO § 129; EStG § 4 Abs. 4, 3, § 11 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.08.2013; Aktenzeichen VIII R 9/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger streiten um die Möglichkeit der Berichtigung bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide nach § 129 der AbgabenordnungAO –.

Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Ingenieur. Er ermittelte den Gewinn durch Überschussrechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 EinkommensteuergesetzEStG –.

In den von ihm selbst erstellten Gewinnermittlungen verfuhr er jeweils so, dass er auf der Einnahmeseite die vereinnahmten Bruttoeinnahmen ansetzte, auf der Ausgabenseite die nach Kostenarten aufgeschlüsselten Ausgaben einschließlich der darin enthaltenen Vorsteuer. In der Aufstellung waren die an das Finanzamt geleisteten Umsatzsteuerzahlungen nicht als Betriebsausgaben enthalten. Wegen der näheren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Überschussrechnungen Bezug.

Der Beklagte veranlagte die Kläger für die Streitjahre auf Basis der erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit zur Einkommensteuer, ohne den Fehler des Klägers zu bemerken und dementsprechend zu korrigieren. Die berücksichtigten Gewinne des Klägers wurden daher um die geleisteten Umsatzsteuerzahlungen zu hoch angesetzt. Die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre wurden bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 07. Oktober 2007 beantragte der Kläger die Änderung der Einkommensteuerbescheide unter Hinweis auf den genannten Fehler.

Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 27. Juni 2008 ab. Die Bescheide seien zwar fehlerhaft, weil weder die im Laufe des jeweiligen Jahres geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen noch etwaige Abschlusszahlungen als Betriebsausgaben berücksichtigt worden seien. Eine Änderung der Bescheide sei jedoch im Hinblick auf deren Bestandskraft nicht mehr möglich.

Hiergegen wehrten sich die Kläger fristgerecht mit Einspruch.

Die begehrte Änderung habe auf Grundlage des § 129 AO zu erfolgen. Eine offenbare Unrichtigkeit liege vor, denn die Unrichtigkeit der Bescheide ergebe sich ohne Weiteres aus den eingereichten Einkommensteuer- und den (mit der Klageschrift in Kopie vorgelegten) Umsatzsteuererklärungen. Der Beklagte habe sich den Übertragungsfehler des Klägers zu Eigen gemacht.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Es liege keine einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit vor, die ohne weitere Prüfung hätte erkannt werden können. Vielmehr sei im Rahmen der Prüfung der Einkommensteuererklärungen eine weitere Sachverhaltsaufklärung versäumt worden, denn die geleisteten Umsatzsteuerzahlungen seien aus den eingereichten Steuererklärungen nicht ersichtlich.

Hiergegen wehren sich die Kläger mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage.

Die Unrichtigkeit der Gewinnermittlungen sei offenkundig und ohne Prüfung weiterer Unterlagen erkennbar gewesen. Es seien keinerlei Umsatzsteuerzahlungen an das Finanzamt als Betriebsausgaben aufgeführt gewesen, obgleich ersichtlich ein Umsatzsteuersoll vorlag. Der Beklagte hätte den Fehler sofort erkennen und beseitigen können.

Die Kläger beantragen,

folgende Änderungen unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2009:

  • Änderung des Einkommensteuerbescheids 2002 vom 09. August 2004 dahingehend, dass bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Ehemannes zusätzliche Betriebsausgaben in Höhe von 4.371 Euro Berücksichtigung finden;
  • Änderung des Einkommensteuerbescheids 2003 vom 30. Mai 2005 dahingehend, dass bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Ehemannes zusätzliche Betriebsausgaben in Höhe von 27.971 Euro Berücksichtigung finden;
  • Änderung des Einkommensteuerbescheids 2004 vom 20. Juni
  • 2006 dahingehend, dass bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Ehemannes zusätzliche Betriebsausgaben in Höhe von 15.107 Euro Berücksichtigung finden;
  • Änderung des Einkommensteuerbescheids 2005 vom 10. April 2007 dahingehend, dass bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Ehemannes zusätzliche Betriebsausgaben in Höhe von 17.344 Euro Berücksichtigung finden;

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens...

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