Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbegünstigung einer Abfindungszahlung. keine Kürzung um gewerbliche Verluste

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Frage, ob eine im Zusammenhang mit der Beendigung einer nichtselbstständigen Tätigkeit bezogene Abfindungszahlung aufgrund einer Zusammenballung von Einkünften ermäßigt zu besteuern ist, ist der nach § 34 EStG begünstigte Betrag der außerordentlichen Einkünfte nicht um laufende Verluste aus einer im Anschluss aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit zu kürzen.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.03.2011; Aktenzeichen IX R 9/10)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 24.1.2008, geändert durch Bescheid vom 11.9.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.10.2008 wird dahingehend abgeändert, dass die steuerpflichtige Abfindung in Höhe von 39.453 Euro gem. § 34 Abs. 1, 2 EStG ermäßigt besteuert wird. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer zu berechnen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) auf die von der Klägerin im Streitjahr aufgrund der Beendigung des Dienstverhältnisses bezogene Abfindungsleistung anzuwenden ist. Fraglich ist dabei, ob negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in die sogenannte „Vergleichsberechnung” für die Prüfung der Zusammenballung von Einkünften einzubeziehen sind.

In 2005 erhielt die Klägerin einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 64.014 EUR, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit betrugen 63.094 EUR. Im Streitjahr 2006 erzielte sie bis zum 31.03.2006 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 16.699 EUR. Das Arbeitsverhältnis wurde Ende März durch Ausscheidensvereinbarung mit der Firma ABC AG beendet. Als Ausgleich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Arbeitgeberin eine Abfindung in Höhe von 46.653,48 EUR. Vom 24.06.2006 bis zum 22.12.2006 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld in Höhe von 9.197,02 EUR. Zum 23.12.2006 meldete die Klägerin ein Gewerbe an und erzielte daraus negative Einkünfte in Höhe von -13.158 EUR. In der Einkommensteuererklärung 2006 beantragte sie, die Abfindungsleistung nach § 34 EStG zu besteuern. Der Antrag wurde abgelehnt, weil es – unter Einbeziehung der negativen Einkünfte – nicht zu einer die bisherigen Einkünfte übersteigenden Zusammenballung von Einkünften gekommen sei. Der Einspruch blieb erfolglos.

Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtanwendung des § 34 EStG unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 24.05.2004 (Bundessteuerblatt [BStBl] I 2004, 487). Es sei (Bl. 15 FG-Akte) wie folgt zu rechnen.

2005:

64.014 (brutto)

2006:

§ 19 EStG:

16.699 EUR

Steuerfreie Abfindung

7.200 EUR

steuerpfl. Teil der Entschädigung

39.453 EUR

Arbeitslosengeld

9.197 EUR

72.549 EUR

Die Einkünfte 2006 würden die Einkünfte 2005 übersteigen. Gem. BMF-Schreiben sei die Prüfung nach der Summierung der Einkünfte nach § 19 EStG und damit im Zusammenhang stehender Einnahmen (hier: Arbeitslosengeld) beendet.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 24.1.2008, geändert durch Bescheid vom 11.9.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.10.2008 zu ändern und die steuerpflichtige Abfindung in Höhe von 39.453 Euro gem. § 34 Abs. 1, 2 EStG ermäßigt zu besteuern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, es läge keine besondere Zusammenballung von Einkünften vor, denn auch der gewerbliche Verlust sei zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – verlange § 34 Abs. 1 EStG die Zusammenballung von Einkünften. Entscheidend sei, ob es unter Einschluss der Entschädigung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt zu einer über die normalen Verhältnisse hinausgehenden Zusammenballung von Einkünften komme. Dies sei nicht der Fall.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Ausgleichszahlung ist nach § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG ermäßigt zu besteuern, da sie im Streitjahr zu einer Zusammenballung von Einnahmen führte.

Eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als Ersatz für entgehende Einnahmen ist gemäß § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG tarifbegünstigt, wenn sie zu einer Zusammenballung von Einnahmen innerhalb eines Veranlagungszeitraums führt. Diese ist nur gegeben, wenn der Steuerpflichtige infolge der Entschädigung in einem Veranlagungszeitraum mehr erhält, als er bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte. Zur Ermittlung dieser hypothetischen Einkünfte ist regelmäßig auf die Einkünfte des Vorjahres abzustellen. Für etwa durch Tantiemezahlungen stark schwankende Einkünfte und demzufolge eine Bildung von Durchschnittswerten (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.2.2009 15 K 257...

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