Leitsatz

1. Die Vermögensverwaltung mit Wertpapieren, bei der ein Steuerpflichtiger aufgrund eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren entscheidet und diese Entscheidung durch den Kauf und Verkauf der Wertpapiere vollzieht, ist eine einheitliche und im Inland steuerpflichtige Leistung (Anschluss an das EuGH-Urteil Deutsche Bank in UR 2012, 667 und insoweit Aufgabe des BFH-Urteils in BFHE 219, 257, BStBl II 2008, 993).

2. Wird die Vermögensverwaltung mit Wertpapieren an im Drittlandsgebiet ansässige Privatanleger erbracht, ist sie nach Art. 56 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/112/EG am Empfängerort zu besteuern. Der Steuerpflichtige kann sich auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber der richtlinienwidrigen Regelung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG berufen (Anschluss an das EuGH-Urteil Deutsche Bank in UR 2012, 667 und insoweit Bestätigung des BFH-Urteils in BFHE 219, 257, BStBl II 2008, 993).

 

Normenkette

§ 3a Abs. 3, § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a, § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG 2005, Art. 56 Abs. 1 Buchst. e, Art. 135 Abs. 1 Buchst. f, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c EGRL 112/2006

 

Sachverhalt

Eine Bank verwaltete im Auftrag von Privatanlegern Wertpapiervermögen unter Berücksichtigung der vom Kunden ausgewählten Strategievariante nach eigenem Ermessen und ohne vorherige Einholung einer Weisung des Anlegers und ging nach dem BFH-Urteil vom 11.10.2007, V R 22/04, BFH/NV 2008, 502 von der Steuerfreiheit der Leistungen aus. Nicht das FA.

 

Entscheidung

Der BFH verwies die Sache an das FG (Hessisches FG, Urteil vom 22.3.2010, 6 K 1930/09, Haufe-Index 2340369, EFG 2010, 1364) zurück zur Feststellung des Umfangs der Leistungen an Anleger im Drittland, weil diese nicht im Inland steuerbar sind.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung setzt das auf das Vorabentscheidungsersuchen des BFH ergangene EuGH-Urteil vom 19.7.2012, C-44/11, Deutsche Bank, um. Danach stand fest, dass diese Leistungen der Portfolioverwaltung als einheitliche Leistung zu beurteilen und nicht nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2006/112/EG und damit auch nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG steuerfrei sind.

2. Erbringt der Unternehmer Leistungen i.S.v. § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG an Nichtunternehmer mit Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet i.S.v. § 3a Abs. 3 Satz 3 UStG, ist die Leistung im Inland nicht steuerbar. Nach dem EuGH-Urteil Deutsche Bank erstreckt sich Art. 56 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/112/EG nicht nur auf die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. a bis g dieser Richtlinie (§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG) genannten Leistungen, sondern auch auf ­die Vermögensverwaltung mit Wertpapieren. Der EuGH hat insoweit die im BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 1086 vertretene Rechtsauffassung zurückgewiesen. § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG ist daher mit Unionsrecht nicht vereinbar und nicht anzuwenden, wenn sich der Steuerpflichtige darauf beruft.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.10.2012 – V R 9/10

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