Rz. 41

[Autor/Stand] Börsen sind Handelssysteme, in denen Angebot und Nachfrage in börsenmäßig handelbaren Wirtschaftsgütern oder Rechten mit dem Ziel zusammengeführt werden, Vertragsabschlüsse unter mehreren Marktteilnehmern innerhalb des Systems zu ermöglichen. Die Errichtung einer Börse muss die zuständige oberste Landesbehörde genehmigen, §§ 1 und 4 BörsG[2], s. auch unten Anm. 48.

 

Rz. 42

[Autor/Stand] Die Reform des Börsenrechts durch das Börsen-Zulassungsgesetz vom 16.12.1986[4], das drei EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht umsetzte, hat die Struktur der deutschen Börsen wesentlich verändert. Sie führte zwei Marktsegmente ein, die durch das Börsengesetz (BörsG) und die staatliche Börsenaufsicht geregelt und kontrolliert wurden: den amtlichen Handel und den geregelten Markt; zum Gang an die Börse s. Bergheim/Traub[5] und Blättchen[6]. Dieser Ergänzung des Börsengesetzes entsprechend wurde § 11 Abs. 1 Satz 3 BewG durch Art. 2 Abs. 8 des Börsenzulassungs-Gesetzes vom 16.12.1986 in der Weise erweitert, dass auch die zum geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere mit den für sie festgestellten Börsenpreisen zu bewerten sind. Diese Regelung gilt mit Wirkung vom 1.5.1987 (Art. 5 Abs. 3 des Börsenzulassungs-Gesetzes vom 16.12.1986[7]).

 

Rz. 43

[Autor/Stand] Für Wertpapiere, die weder zum Handel im regulierten Markt zugelassen noch zum Handel in den regulierten Markt einbezogen sind, kann die Börse den Betrieb eines Freiverkehrs zulassen (§ 48 BörsG). Er findet zwar in den Börsenräumen statt, wird aber nicht staatlich überwacht. Der Freiverkehr wird von Freiverkehrsausschüssen durchgeführt, die privatrechtliche Einrichtungen des Wertpapierhandels nach Art einer Interessengemeinschaft sind.[9] Zur rechtlichen Fundierung des geregelten Freiverkehrs s. Claussen[10].

 

Rz. 44

[Autor/Stand] Zu den bisher bekannten drei Marktsegmenten, nämlich zu Amtlichem Handel und Reguliertem Markt mit öffentlich-rechtlicher Struktur und dem privatrechtlich organisierten Freiverkehr, hatte die Deutsche Börse AG den Neuen Markt eingerichtet. Die Grundidee des Neuen Marktes war, Anlagemöglichkeiten in Aktien mit erhöhtem Risiko und dementsprechend mit erhöhten Gewinnchancen zu schaffen. Auch der Neue Markt war privatrechtlich organisiert. Der Emittent von Aktien musste aber zunächst im Geregelten Markt zugelassen sein und konnte dann erst in den Neuen Markt aufgenommen werden. Um Doppelnotierungen von Kursen zu vermeiden, musste er mit dem Antrag auf Aufnahme in den Neuen Markt auf Beteiligung im Geregelten Markt verzichten. Durch den Übergang vom Geregelten Markt in den Neuen Markt wurde erreicht, dass auch der Neue Markt ein Geregelter Markt i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 BewG war.[12] Dies ist der Grund, weshalb sich der Neue Markt sowohl zwischen als auch im geregelten Markt und dem Freiverkehr positionierte[13]. Im Hinblick auf den dramatischen Kursverfall am Neuen Markt wurde der Nemax wieder abgeschafft. An seine Stelle trat ab 24.3.2003 der TecDax.

 

Rz. 45

[Autor/Stand] Eine weitere wesentliche Änderung des Börsenrechts brachte das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz vom 26.7.1994[15]. Die Börsenaufsicht wird durch das Bundesamt für den Wertpapierhandel – nunmehr eine Abteilung der zum 1.5.2002 geschaffenen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) – und weitere Börsenkontrollinstanzen ausgeübt (§§ 1, 4 des Gesetzes über den WertpapierhandelWpHG – und § 1 Abs. 3 BörsG). Die Länder wirken über den Wertpapierrat beim Bundesaufsichtsamt an wichtigen Angelegenheiten der zentralen Wertpapieraufsichtsbehörde mit (§ 5 WpHG). Wenngleich dadurch eine intensive staatliche Aufsicht eingerichtet wurde, so bleibt doch die börseneigene Kontrolle durch den Börsenrat eine tragende Säule des deutschen Börsenwesens.[16]

 

Rz. 46

[Autor/Stand] Vom geregelten Markt und dem Freiverkehr ist der Telefonverkehr zu unterscheiden. Er ist ein außerbörslicher ungeregelter Freiverkehr zwischen Banken, der keiner Kontrolle unterliegt (Vor- und Nachbörse). Die Kurse sind von den Banken und Sparkassen zu erfahren. Wertpapiere, die nur im Telefonverkehr gehandelt werden, können nicht nach § 11 Abs. 1 BewG bewertet werden. Soweit es sich um Anteilspapiere handelt, sind sie nach § 11 Abs. 2 BewG, und soweit es sich um Papiere handelt, die Kapitalforderungen verbriefen, nach § 12 BewG bzw. § 109 Abs. 1 BewG zu bewerten.

 

Rz. 47

[Autor/Stand] Zum Börsenhandel gehört auch der 1997 eingeführte vollelektronische Xetra-Wertpapierhandel. Er findet parallel zum klassischen Parketthandel statt. Über Xetra werden grundsätzlich alle an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassenen Wertpapiere gehandelt. Xetra ist berechtigt, Börsenkurse amtlich festzustellen, denn nach § 12 BörsG ist das elektronische Handelssystem dem Parketthandel gleichgestellt. Xetra unterscheidet fortlaufenden Handel, in dem Kurse kontinuierlich gebildet werden und die Mindestorder für inländische Aktien 100 Stück beträgt, und Auktionen. Auktionskurse werden zu Handelsbeginn und zu Handelsschluss g...

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