Rz. 19

[Autor/Stand] In den folgenden Fällen hat die Rechtsprechung das Vorliegen einer aufschiebenden Bedingung verneint und einen unbedingten Erwerb angenommen:

  1. Bei nicht aufschiebend bedingten, sondern nur genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften, vgl. Vor §§ 4–8 Rz. 10.
 

Rz. 20

  2. Vertragliche Aufnahme des Vorbehalts einer endgültigen Einigung stellt lediglich eine Rechtsbedingung dar, weil dadurch keine Rechtslage geschaffen wurde, die nicht ohnehin schon bestand[2]; vgl. auch Vor §§ 4–8 BewG Rz. 6.
 

Rz. 21

  3. Ein Altenteil ist, wenn jemand bei einer Erbauseinandersetzung auf seine Rechte am Nachlass gegen Gewährung eines Nießbrauchs auf bestimmte Zeit und danach gegen Gewährung eines Altenteils in bestimmter Höhe verzichtet hat, als unbedingtes und nicht aufschiebend bedingtes Recht anzusehen. Altenteil und Nießbrauch bilden eine Einheit.[3] Verzichtet jemand auf sein Erbrecht gegen Gewährung eines Verwaltungs- und Nießbrauchsrechts auf bestimmte Zeit und danach auf Gewährung eines Altenteils in bestimmter Höhe, so ist außer dem Verwaltungs- und Nießbrauchsrecht auch das Altenteilsrecht als unbedingtes und nicht als aufschiebend bedingtes Recht anzusehen.[4] Beide Entscheidungen sind bedenklich. Das Altenteil ist aufschiebend befristet durch den Erlebensfall, vgl. auch § 6 Rz. 28 und 34.
 

Rz. 22

  4. Kein aufschiebend bedingter oder befristeter Erwerb des Erben liegt auch vor, wenn der Erbe einen Teil des Nachlasses zur Sicherung der Zahlung von Renten bis zum Erlöschen der Rentenrechte zu hinterlegen hat und bis dahin nicht über das Vermögen und über die Erträge nur beschränkt verfügen darf.[5]
 

Rz. 23

  5. Eine Erbauseinandersetzungsforderung, die in einem zukünftigen Zeitpunkt bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen herabgesetzt werden kann, ist aus diesem Grunde nicht aufschiebend bedingt.[6]
 

Rz. 24

  6. Die Anwartschaft auf Rapsausgleichsvergütungen, deren Auszahlung am Stichtag beantragt, aber noch nicht genehmigt worden ist, hat der RFH im Urteil v. 7.11.1940[7] als ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut angesehen, wenn der Antragsteller alle Voraussetzungen für die Auszahlung erfüllt hat.
 

Rz. 25

  7. Bei einer Schenkung unter Begründung eines "bewind" nach holländischem Recht ist der Vermögensfall unbedingt. Es tritt lediglich eine auflösend befristete Verfügungsbeschränkung ein.[8] Die Entscheidung führt u.a. aus: "Daß die Schenkung unter Begründung eines ‚bewind‘ stattgefunden hat, hat zwar zu einer auflösend befristeten Verfügungsbeschränkung geführt, aber nicht den Vermögensanfall von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht. ... Durch die Anordnung des ‚bewind‘ hat sich daran nichts geändert, daß die Schenkung unbedingt und unbefristet ist."
 

Rz. 26

  8. Die Erbeinsetzung nach US-amerikanischem Recht unter Einschaltung eines executors oder administrators hat der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung als nicht aufschiebend bedingt angesehen.[9] Den Erben sind deshalb die ererbten Wirtschaftsgüter seit dem Erbfall zuzurechnen.
 

Rz. 27

  9. Für die Beantwortung der Frage, wer "entferntest Berechtigter" i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ist, findet § 4 BewG keine Anwendung. Demnach kann auch die noch nicht lebende Enkelgeneration des Stifters als Begünstigte für die Bestimmung des maßgeblichen Freibetrags berücksichtigt werden.[10]
 

Rz. 28

  10. Nach § 15 Abs. 3 BewG ist als Jahreswert der voraussichtliche künftige Durchschnittswert anzusetzen, wenn Nutzungen oder Leistungen in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken. Die Indexierung eines Anspruchs über die Lebenshaltungskosten gehört jedoch nicht zum Anwendungsbereich dieser Vorschrift, weil nach den maßgeblichen Verhältnissen am Stichtag die Verpflichtungen nach Grund und Höhe fest vereinbart sind und sich lediglich in Zukunft verändern können, wenn bestimmte, aber ungewisse Ereignisse eintreten. Diese werden nach dem Rechtsgedanken der §§ 4 bis 7 BewG erst berücksichtigt, wenn sie eingetreten sind.[11]
[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.03.2021
[2] OFH v. 31.5.1950 – III 58/49, StuW II 1950, 186; BFH v. 29.11.1968 – III 237/64, BStBl. II 1969, 228.
[3] RFH v. 17.2.1931 – Ie A 291/30, RStBl. 1931, 311.
[5] RFH v. 23.6.1931 – Ie A 230/31, RStBl. 1931, 621.
[6] RFH v. 14.2.1932 – III A 120/31, RStBl. 1933, 841.
[7] RFH v. 7.11.1940 – III 264/39, RStBl. 1941, 78.
[10] FG Münster v. 18.5.2017 – 3 K 3247/17 Erb, EFG 2017, 1208 (aus formalen Gründen aufgehoben durch BFH v. 19.2.2020 – II R 32/17, DB 2020, 2391); Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz6, § 8 BewG Rz. 14.

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