Rz. 9

[Autor/Stand] In den folgenden Fällen hat die Rechtsprechung eine aufschiebende Bedingung bejaht:

 

1. War ein Nießbrauch zunächst mehreren Bedachten vom Erblasser zu gleichen Teilen eingeräumt mit der Maßgabe, dass im Falle des Todes eines Bedachten der diesem bis zum Tode zugestandene Nießbrauchsteil den überlebenden Bedachten zufallen soll, so liegt ein aufschiebend bedingter Erwerb vom Erblasser und nicht ein Nachvermächtnis vor.[2]

Zivilrechtlich ist geklärt, dass ein Nießbrauch für mehrere Berechtigte als Sukzessivberechtigte vereinbart werden kann (auch als sog. "weitergeleiteter" Nießbrauch bezeichnet).[3] Hierbei ist aber Voraussetzung, dass die sukzessiv Berechtigten bei der Bestellung des Nießbrauchs Gesamtberechtigte nach § 428 BGB sind. Wird eine Gesamtberechtigung eingeräumt, stellt dies eine sofort steuerbare Zuwendung an den anderen Ehegatten dar. Soll hingegen z.B. zunächst dem Ehemann das Nießbrauchsrecht allein und erst nach seinem Tod das Nießbrauchsrecht der überlebenden Ehefrau zustehen, liegt kein Fall des § 428 BGB vor, sondern es bestehen selbständige Nießbrauchsrechte, wobei dasjenige des überlebenden Ehegatten aufschiebend bedingt ist. Damit handelt es sich nicht um einen unmittelbaren Schenkungsvertrag zwischen den Eheleuten, sondern um einen Vertrag der vorweggenommenen Erbfolge zwischen dem Vermögensübergeber (Ehemann oder Ehefrau) und den Vermögensübernehmern (Sohn und Tochter) unter Nießbrauchsvorbehalt, der verbunden ist mit der vertraglichen Regelung, dass zugunsten des überlebenden Ehegatten der Nießbrauch auf ihn übergeht. Damit liegt i.d.R. ein Vertrag zugunsten Dritter (nämlich des überlebenden Ehegatten) vor, bei dem der Dritte (überlebende Ehegatte) schenkweise das Recht erwerben soll, die Leistung zu fordern. Erbschaft-/schenkungsteuerlich liegt ein Fall des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vor. Es ist mithin keine Schenkung auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gegeben.[4] Der Ehegatte erwirbt das Nießbrauchsrecht vom verstorbenen Ehegatten erst im Zeitpunkt seines Ablebens, § 4 BewG; der Beschenkte kann diese Belastung damit auch erst beim Ableben des Ehegatten abziehen, § 6 BewG[5]. Für die Bewertung des Erwerbs des überlebenden Ehegatten ist der Kapitalwert des Nutzungsrechts zu ermitteln. Der überlebende Ehegatte hat das Wahlrecht zwischen der Sofortversteuerung des Barwerts und der Besteuerung nach § 23 ErbStG, also nach Maßgabe des jährlichen Zuflusses.[6]

 

Rz. 10

  2. Anwartschaften der Rechtsnachfolger der gegenwärtigen Bezieher von Renten, die eine Familienstiftung an die jeweiligen Mitglieder einer Familie zu zahlen hat.[7]
 

Rz. 11

  3. Wird schenkweise eine Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil eingeräumt, die nicht alle Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, wird kein Vermögensgegenstand zugewendet, über den der Empfänger schon tatsächlich und rechtlich verfügen kann. Ihm werden vielmehr lediglich Rechtsansprüche in Gestalt eines Bündels schuldrechtlicher Ansprüche gegen den Zuwendenden eingeräumt. Bereichert ist der Zuwendungsempfänger erst, wenn ihm aus der Unterbeteiligung tatsächlich Gewinnausschüttungen und Liquidationserlöse zufließen.[8] Die Zuwendung einer typischen Unterbeteiligung ist demnach aufschiebend bedingt und kann gem. § 4 BewG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erst berücksichtigt werden, wenn die Schenkung mit der Ausschüttung des Gewinns oder der Auskehrung der Erlöse ausgeführt ist. Erst dann kann der Beschenkte über diese rechtlich und tatsächlich frei verfügen. Bei der Zuwendung einer atypischen Unterbeteiligung dagegen ist die Schenkung bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages oder doch spätestens mit der Einbuchung der atypischen Unterbeteiligung vollzogen.[9]
 

Rz. 12

  4. Ist nach der Schenkungsabrede hinsichtlich eines zugewendeten Teilkommanditanteils der Vollzug dahingehend hinausgeschoben, dass die Schenkungen zwar schuldrechtlich mit Datum des Schenkungsvertrags, dinglich jedoch unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung als Kommanditist in das Handelsregister erfolgen soll, so ist schenkungsteuerlich gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 4 BewG bis zum Bedingungseintritt der Anteil nicht als Zuwendung zu berücksichtigen. Es fehlt vor Eintragung des Kommanditisten im Handelsregister die Ausführung der Zuwendung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG.[10]
 

Rz. 13

  5. Die Schenkung einer Forderung, hinsichtlich der eine Besserungsabrede getroffen wurde, ist gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 4 BewG erst mit Eintritt der Besserung zu berücksichtigen[11]. Handelt es sich dagegen bei der übertragenen und bei Eintritt der Besserung zu erfüllenden Forderung um die ursprüngliche und lediglich gestundete Forderung, weist die Stundung ihrerseits die Besonderheit auf, nicht bis zu einem festliegenden Zeitpunkt vereinbart zu sein, sondern bis zum Eintritt der Besserung, und damit eines Ereignisses, hinsichtlich dessen nicht nur ungewiss ist, wann es eintritt, sondern auch und vor allem, ob es überhaupt eintritt. ...

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