Rz. 50

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer ist davon abhängig, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die gleichartigen Einrichtungen die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen wie die Theater, Orchester usw. von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Für das Bescheinigungsverfahren wendet die Finanzverwaltung die gleichen Grundsätze an wie bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG für die dort begünstigten Leistungen der Schulen.[1] Deshalb gilt auch für Bescheinigungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG, dass die Bescheinigung durch eine nach Landesrecht zuständige untergeordnete Behörde als eine erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde gilt. Das Gleiche gilt für die staatliche Anerkennung der kulturellen Einrichtung durch eine nach Landesrecht zuständige Behörde, wenn diese Anerkennung inhaltlich der Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde entspricht.[2]

 

Rz. 51

Die Bescheinigung muss für den jeweiligen Künstler (Unternehmer) persönlich ausgestellt sein. Die Steuerbefreiung kann für den selbstständigen Künstler nicht gewährt werden, wenn nicht er, sondern z. B. lediglich das Orchester, in dem der Künstler mitwirkt, über die Bescheinigung verfügt. Wurde einem Einzelkünstler die Bescheinigung erteilt, gilt er als "gleichgestellte Einrichtung". Daraus folgt, dass sämtliche seiner Auftrittsleistungen umsatzsteuerfrei sind. Insoweit ist der Vorsteuerabzug stets ausgeschlossen. Es existiert kein Wahlrecht, bestimmte Auftritte steuerfrei, andere jedoch umsatzsteuerpflichtig zu behandeln. Auch bei Vorliegen der Bescheinigung sind nur die typischen Auftrittsleistungen einschließlich der üblicherweise damit verbundenen Nebenleistungen umsatzsteuerfrei. Umsatzsteuerpflichtig sind in jedem Fall andersartige Leistungen, wie z. B. Entgelte für Autogrammstunden, Teilnahme an Diskussionsrunden oder Talksendungen, Interviews, Vorträge, Autorenhonorare, gutachterliche Leistungen und Prüfungsvergütungen.[3] Die Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG dient allein dem Nachweis, dass die jeweils nicht von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts geführte Einrichtung (Theater, Orchester usw.) die gleichen kulturellen Aufgaben wie die entsprechende öffentliche Einrichtung erfüllt. Die Eignung der Einrichtung hierzu wird bescheinigt. Es wird die Vergleichbarkeit mit – typischerweise subventionsbedürftigen – Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft festgestellt.

Die Steuerbefreiung der Umsätze der Bühnenregisseure und Bühnenchoreografen setzt nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 3 UStG voraus, dass die zuständige Landesbehörde den Bühnenregisseuren und Bühnenchoreografen bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen den Einrichtungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 und 2 UStG unmittelbar dienen. Dies bedeutet, dass die Umsätze der Bühnenregisseure und Bühnenchoreografen unmittelbar für Leistungen der nach § 4 Nr. 20 Buchst. 1 S. 1 und 2 UStG begünstigten Einrichtungen verwendet werden müssen bzw. in deren Leistungen aufgehen müssen. Die Leistungen müssen die Darbietungen der begünstigten Einrichtungen künstlerisch prägen, d. h. die Leistungen der Bühnenregisseure und Bühnenchoreografen müssen auf die Gestaltfindung der künstlerischen Darstellung wesentlich Einfluss nehmen und dadurch für die Inszenierung maßgeblich sein.

 

Rz. 52

Die für die Erteilung der Bescheinigung zuständige Landesbehörde kann nicht nur vom Unternehmer, sondern auch von Amts wegen eingeschaltet werden. Das ist sinnvoll, denn sonst hätte der Unternehmer einen Gestaltungsspielraum. Er könnte durch Nichtvorlage der Bescheinigung auf die Steuerbefreiung verzichten und so den Vorsteuerabzug erreichen. Andererseits, wenn die zuständige Landesbehörde die Bescheinigung nicht ausstellt oder sie widerruft, sind die Umsätze der jeweiligen Einrichtung nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 20 UStG. Die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung, dass eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG auch auf Antrag der Finanzverwaltung zu erteilen ist, wurde durch mehrere Entscheidungen des BVerwG[4] bestätigt.[5] Das BVerfG hat eine gegen v. g. Urteil v. 4.5.2006 gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.[6] Deshalb sind die von der zuständigen Landesbehörde erteilten Bescheinigungen für den in ihr angegebenen Zeitraum – im Rahmen des verfahrensrechtlich Zulässigen – ggf. auch rückwirkend bei der Besteuerung zu berücksichtigen. Eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG ist daher nicht schon deshalb rechtswidrig, weil sie ohne Antrag des Betroffenen auf Veranlassung des FA erteilt worden ist. Die zur Erteilung der Bescheinigung berufene Landesbehörde ist befugt, auch ohne Mitwirkung des Unternehmers die Bescheinigung zu erteilen, wenn das FA deswegen an sie herantritt. Dabei verbleibt der Behörde, wenn sie durch dieses Ersuchen in das Besteuerungsverfahren eingebunden wird,...

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