Rz. 10

Die 6. EG-RL in der bis 31.12.1992 geltenden Fassung enthielt noch keine spezielle Ortsbestimmung für die Lieferungen an Bord von Beförderungsmitteln. Deshalb bestimmte sich bis zum 31.12.1992 der Ort der Lieferung in diesen Fällen grundsätzlich nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL. Danach galt für den Fall, dass der Gegenstand nicht versandt oder befördert wird, als Ort der Lieferung der Ort, an dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Lieferung befindet. Durch Art. 1 Nr. 4 der RL 91/680/EWG v. 16.12.1991[1] war Art. 8 Abs. 1 der 6. EG-RL um einen neuen Buchstaben c ergänzt worden. Danach galt als Ort der Lieferung "für den Fall, dass die Lieferung an Bord eines Schiffs, Flugzeugs oder in einer Eisenbahn im Rahmen einer Beförderung erfolgt, deren Abgangs- und Ankunftsort im Gebiet der Gemeinschaft gelegen sind, der Ort, an dem sich die Gegenstände bei Beginn der Beförderung befinden". Eine Begründung für diese Ergänzung fehlt indes. Weder in den Erwägungsgründen der RL 91/680/EWG noch in dem Richtlinienvorschlag[2] der EG-Kommission v. 22.9.1987 für die Binnenmarktrichtlinie noch in dem geänderten Richtlinienvorschlag der EG-Kommission v. 17.5.1990[3] noch in dem weiteren Änderungsvorschlag v. 2.5.1991[4] war eine vergleichbare Regelung vorgesehen. Die Ortsbestimmung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL war erst bei den Beratungen über den Richtlinienvorschlag im Rat aufgenommen worden. Auslöser war u. a., dass sich der Rat für die bis 30.6.1999 befristete Beibehaltung von Tax-free-Verkäufen im innergemeinschaftlichen Reiseverkehr nach Schaffung des EU-Binnenmarkts verständigt hatte.[5]

 

Rz. 11

Durch Art. 1 Nr. 4 der RL 92/111/EWG v. 14.12.1992[6] war Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL i. d. F. der RL 91/680/EWG neugefasst worden, und zwar mWv 1.1.1993.[7] Dabei war der Ort von Lieferungen, die an Bord eines Schiffs, eines Flugzeugs oder in einer Eisenbahn während einer Personenbeförderung innerhalb der Gemeinschaft bewirkt werden, genauer bestimmt worden.[8] Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL erhielt mit dieser Änderungsrichtlinie die Fassung, auf der § 3e UStG ab 1.1.1994 beruhte.

 

Rz. 12

Ohne die Ortsbestimmung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL hätte auch bei Bordverkäufen während innergemeinschaftlicher Beförderungen in Fällen der Warenabgabe außerhalb des Gemeinschaftsgebiets (z. B. im Fährverkehr auf der hohen See) ab dem 1.1.1993 keine MwSt mehr erhoben werden können, es wäre also zu unversteuerten Letztverbrauchen gekommen. Der Bordverkauf im Drittlandsgebiet wäre aus Sicht der Mitgliedstaaten nichtsteuerbar gewesen. Wegen des Wegfalls des Einfuhrbegriffs im Handel zwischen den Mitgliedstaaten hätte aber auch die Einfuhrbesteuerung beim Verbringen der Ware in den Mitgliedstaat der Ankunft des Beförderungsmittels nicht durchgeführt werden können. Denn die verbrachten Waren haben den Status von Gemeinschaftswaren i. S. d. Art. 7 der 6. EG-RL[9], bzw. die Bordverkäufe im Drittlandsgebiet während innergemeinschaftlicher Beförderungen sind als innergemeinschaftlicher Handel anzusehen, der begrifflich die Einfuhrbesteuerung ausschließt. Für diese Fälle stellte Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie die Besteuerung des Letztverbrauchs also ebenfalls sicher.

 

Rz. 13

Seit dem 1.1.2007 enthält Art. 37 MwStSystRL die Ortsregelung für die Lieferungen von Gegenständen an Bord der Beförderungsmittel. Art. 37 Abs. 3 MwStSystRL (vorher Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 4 und 5 der 6. EG-RL) enthält lediglich eine Harmonisierungsabsicht. Die Kommission soll dem Rat einen Bericht, ggf. zusammen mit geeigneten Vorschlägen zum Ort der Besteuerung der Lieferungen von Gegenständen, die zum Verbrauch an Bord bestimmt sind, und der Dienstleistungen, einschließlich Bewirtung, die an Reisende an Bord eines Schiffs, eines Flugzeugs oder in der Eisenbahn erbracht werden, unterbreiten. Der Rat sollte ursprünglich, nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 4 und 5 der 6. EG-RL, nach Anhörung des EP vor dem 31.12.1993 einstimmig über den Vorschlag der Kommission entscheiden. Die Formulierung dieses Harmonisierungsauftrags könnte zunächst darauf schließen lassen, der Ort der Lieferungen von Gegenständen, die zum Verbrauch an Bord bestimmt sind, bzw. der Dienstleistungen, einschließlich Bewirtung, sei noch nicht spezifisch geregelt und falle deshalb nicht unter Art. 37 MwStSystRL, sondern unter die allgemeinen Ortsbestimmungen der MwStSystRL.[10] Dieser Standpunkt ist jedoch angesichts des Anwendungsbereichs von Art. 37 MwStSystRL, der sich ausdrücklich auf "die Lieferung von Gegenständen an Bord eines Schiffs, eines Flugzeugs oder in einer Eisenbahn" erstreckt, und angesichts der besonderen (der für die Lieferungen entsprechenden) Ortsregelung in Art. 57 MwStSystRL für die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen an Bord der Beförderungsmittel nicht haltbar.

 

Rz. 14

Der Harmonisierungsauftrag ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die EU-Mitgliedstaaten seinerzeit keine einheitliche Auffassung zur umsatzs...

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