Rz. 60

In vielen Fällen ist zweifelhaft, ob eine Lieferung oder eine sonstige Leistung vorliegt. Insoweit kommt es darauf an, welcher Art die erbrachte Leistung ist. Maßgebend ist nach ständiger Rechtsprechung die Sicht des Durchschnittsverbrauchers.[1] Bildet z. B. die körperliche Übergabe eines Gegenstands den wirtschaftlichen Leistungsgehalt, wird eine Lieferung vorliegen. Führt ein Unternehmer einheitliche Leistungen aus, in denen sowohl Elemente der Lieferung als auch Elemente der sonstigen Leistung enthalten sind, die zwar als einheitliche Leistung gegenüber dem Leistungsempfänger geschuldet werden, die aber auch separat ausführbar wären (z. B. Lieferung und Einbau einer neuen Badewanne), muss nach den Grundsätzen über die Werklieferung bzw. der Werkleistung nach § 3 Abs. 4 UStG entschieden werden, ob das vom leistenden Unternehmer verwendete Material "Hauptstoff" darstellt oder ob der Unternehmer nur "Nebensachen oder Zutaten" bei der Ausführung seines Umsatzes verwendet. Zu den Einzelheiten der Abgrenzung vgl. § 3 Abs. 4 UStG.

 

Rz. 61

Bei einer Lieferung – z. B. beim Verkauf einer Ware aufgrund eines Kaufvertrags – geht nicht nur die Verfügungsmacht an der verkauften Ware auf den Käufer über, sondern auch das Eigentumsrecht. Auch in diesem Fall richtet sich die Qualifizierung als Lieferung oder sonstige Leistung nach dem Charakter des Umsatzes aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers.[2] Dabei ist darauf abzustellen, welche Leistungselemente überwiegen[3], d. h., welche Bestandteile der Leistung unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung bedingen. Soll mit der Übertragung eines Gegenstands ein Recht oder eine bestimmte Nutzung übertragen werden, geben die Dienstleistungselemente dem Umsatz das Gepräge. Im typischen Fall eines Warenkaufs liegt deshalb keine sonstige Leistung, sondern eine Lieferung vor, weil der (gegenständliche) Sacherwerb die Rechtsübertragung absorbiert. Die Rechtsübertragung ist auch nicht etwa als (zusätzliche) sonstige Leistung steuerbar.

 

Rz. 62

Die Annahme einer Lieferung setzt also nicht nur voraus, dass Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird. Hinzukommen muss vielmehr, dass gerade die Zuwendung des Gegenstands den besonderen wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs ausmacht. Anhaltspunkte hierfür bieten die zwischen den Leistungsaustauschpartnern geschlossenen Vereinbarungen und deren tatsächliche Durchführung; denn ihnen kann i. d. R. entnommen werden, ob das Entgelt für einen Gegenstand oder aber für ein Recht erwartet und bezahlt wird.[4]

 

Rz. 63

Lieferungen schließen des Öfteren wirtschaftlich unselbstständige sonstige Leistungen als Nebenleistungen ein (und umgekehrt).

Die Nebenleistung im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs teilt umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung. Sie kann daher, wenn die Hauptleistung steuerpflichtig ist, nicht steuerfrei sein; auch der Steuersatz ist bei Haupt- und Nebenleistung der gleiche.

Rz. 64–68 einstweilen frei

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