Rz. 69

In § 26 Abs. 4 UStG[1] ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen einem Konsortium für eine europäische Forschungsinfrastruktur eine Entlastung der USt für ihre Vorbezüge gewährt wird. Voraussetzung ist die Anerkennung des Konsortiums, das auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 723/2009 des Rates v. 25.6.2009 über den gemeinschaftlichen Rechtsrahmen für ein Konsortium für eine europäische Forschungsinfrastruktur (ERIC)[2] durch einen Beschluss der Kommission gegründet wurde, als internationale Einrichtung durch den Aufnahmemitgliedstaat. Die Möglichkeit der Anerkennung ist als rechtlicher Rahmen in Art. 151 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b MwStSystRL i. V. m. Art. 50 DV (EU) verankert.

 

Rz. 70

Damit ein Konsortium für eine europäische Forschungsinfrastruktur als begünstigte Einrichtung anerkannt werden kann, muss sie nach Art. 50 Abs. 1 DV (EU) die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit und ist voll rechtsfähig;
  • sie wurde auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union errichtet und unterliegt diesem;
  • sie hat Mitgliedstaaten als Mitglieder und darf Drittländer und zwischenstaatliche Organisationen als Mitglieder einschließen, jedoch keine privaten Einrichtungen;
  • sie hat besondere und legitime Ziele, die gemeinsam verfolgt werden und im Wesentlichen nicht wirtschaftlicher Natur sind.
 

Rz. 71

Die unionsrechtlich vorgesehene Steuerbefreiung ist auf ein Konsortium für eine europäische Forschungsinfrastruktur anwendbar, wenn diese vom Aufnahmemitgliedstaat als internationale Einrichtung anerkannt wird (§ 50 Abs. 2 DV –EU –).

 

Rz. 72

Soweit Deutschland Aufnahmestaat des Konsortiums ist, erfolgt die steuerliche Begünstigung nach § 26 Abs. 4 UStG. In einem Abkommen zwischen den Mitgliedern gem. Art. 5 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 723/2009 werden Grenzen und Bedingungen der Entlastung der Konsortien von der USt auf Vorbezüge festgelegt. Die Ansiedlung europäischer Forschungsinfrastruktur-Konsortien in Deutschland wird dabei durch § 26 Abs. 4 UStG insoweit ermöglicht, dass die Regelung vorsieht, die Entlastung der Konsortien von der USt auf ihre Vorbezüge anstatt durch eine direkte Steuerbefreiung der Umsätze an die Konsortien durch eine Vergütung – wie auch bei internationalen Organisationen mit Sitz in Deutschland – herbeizuführen. Dies entspricht insoweit dem unionsrechtlichen Wahlrecht nach Art. 151 Abs. 2 MwStSystRL und Art. 50 Abs. 2 DV (EU). Durch die Erstattung der USt wurde den Bedenken des Bundesrats Rechnung getragen, der sich wiederholt gegen eine direkte Umsatzsteuerbefreiung für die Umsätze an Konsortien ausgesprochen hat.[3]

 

Rz. 73

Die beiden nach dem Unionsrecht denkbaren Alternativen, Steuerbefreiung für die Leistungen, die den Konsortien für eine europäische Forschungsinfrastruktur gegenüber ausgeführt werden, oder Erstattung der USt, die Konsortien für Leistungsbezüge aufgewendet hatten, sind – soweit keine Vereinfachungsregelungen wie z. B. mindestens ein Steuerbetrag von 25 EUR pro Rechnung – im Ergebnis für das Konsortium wirtschaftlich neutral. Allerdings erfolgt bei der Erstattungsvariante eine Liquiditätsbelastung bei dem Konsortium, da die USt erst einmal an den leistenden Unternehmer entrichtet werden muss und erst dann vom BZSt erstattet wird. Außerdem werden Verwaltungsaufgaben für die Erstattung der USt auf die Konsortien übertragen. Dennoch ist es aus wirtschaftlichen Gründen zu begrüßen, dass der Gesetzgeber diesen Weg gewählt hat, da er sich im Ergebnis als der für die Beteiligten einfachere Weg herausstellen wird. Hätte der Gesetzgeber die eigentlich vom Unionsrecht bevorzugte Variante der Steuerbefreiung für die gegenüber den Konsortien ausgeführten Leistungen gewählt, hätte das Konsortium gegenüber dem leistenden Unternehmer die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nachweisen müssen – vergleichbar der Regelung nach § 26 Abs. 5 UStG bei den Leistungen nach dem NATO-Truppenstatut. Die Erfahrung in der Praxis hat dabei gezeigt, dass insbesondere kleinere Unternehmer unsicher im Umgang mit den Nachweisen für die Steuerbefreiung in solchen Sonderfällen sind. Insoweit ist die Lösung, dass die Unternehmer gegenüber den Konsortien regelbesteuert ihre Leistungen ausführen, für die leistenden Unternehmer der einfachere und vor allem auch der risikolosere Weg.

 

Rz. 74

Voraussetzung für die Erstattung der USt durch das BZSt nach § 26 Abs. 4 UStG ist, dass

  • in der Satzung des Konsortiums der Sitz im Inland festgelegt wurde,
  • es sich um die gesetzlich geschuldete USt handelt, die in Rechnung gestellt und gesondert ausgewiesen wurde,
  • es sich um USt für Lieferungen und sonstige Leistungen handelt, die das Konsortium für seine Tätigkeiten in Anspruch genommen hat, die in der Satzung beschrieben sind und die nichtunternehmerisch sein müssen,
  • der Steuerbetrag je Rechnung insgesamt 25 EUR übersteigt und
  • die Steuer gezahlt wurde.
 

Rz. 75

Notwendig ist darüber hinaus die Aufnahme einer Regelung zur Entlastung der Konsortien für die nach § 13b Abs. 5...

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