Rz. 32

In der zweiten Alternative, die die Vorschrift nennt, hat sich der Rechnungsaussteller „vorsätzlich außer Stande gesetzt”, die ausgewiesene Steuer zu entrichten. Hier muss sich der Vorsatz alleine auf das Außerstandesetzen beziehen. Kann dem Steuerschuldner kein Schuldvorwurf gemacht werden, weil er zur Steuerentrichtung objektiv nicht in der Lage war, ohne diesen Zustand bewusst herbeigeführt zu haben, und sich die Geldmittel auch nicht zumutbarerweise beschaffen konnte, so fehlt es an dem erforderlichen Vorsatz. Wird allerdings die Steuerentrichtung durch das Verhalten des Rechnungsausstellers unmöglich und ist diese Unmöglichkeit lediglich die Folge eines gezielten Verhaltens, so kommt es für die Haftung nicht darauf an, ob der Vorsatz sich über das Verhalten zur Außerstandesetzung hinaus auch auf diese Folge erstreckt. Bringt also z. B. der Rechnungssteller Vermögen beiseite oder zieht er auf andere Weise bewusst alle für die Steuerentrichtung geeigneten Mittel gezielt ab, um zur Entrichtung unfähig dazustehen, kann ein Außer-Stande-Setzen angenommen werden, für das der Vorsatz sich dann auch klar ergibt. Dabei reicht hier im Gegensatz zum Fall der „Absicht” (siehe Rz. 30) der bedingte Vorsatz aus, bei dem der Rechnungsaussteller das Außer-Stande-Setzen nicht bewusst gewollt, aber im Ergebnis billigend in Kauf genommen hat.[1]

 

Rz. 33

Zweifel erweckt die Forderung, dass der Steuerschuldner „letztendlich eine Mittelvorsorge im Rahmen dessen, was möglich und zumutbar ist”[2] betreiben muss. Bereits die Forderung erscheint bedenklich, kann aber dahinstehen, ob derjenige, der steuerbare und steuerpflichtige Umsätze tätigt, von seinem „vereinnahmten zivilrechtlichen Entgelt den Steuerbetrag zurückzuhalten hat, wenn er Anlass zur Sorge hat, dass ihm bis zur Fälligkeit der Steuer keine anderen liquiden Mittel zufließen werden”. Das würde bedeuten, dass beim Tätigen eines Umsatzes und sofortiger Vereinnahmung des Preises am Anfang eines Voranmeldungszeitraums der Unternehmer bis zur Fälligkeit der USt über einen Monat (bei Dauerfristverlängerung: über zwei Monate) lang den Steueranteil aus dem Preis zurückzulegen hätte. Dies kann unter normalen Umständen von keinem Unternehmer verlangt werden. Die Nichterfüllung einer solchen Forderung jedoch als „vorsätzliches Außerstandesetzen” anzusehen, geht erheblich zu weit. Daran sogar die Haftung des Unternehmers, der Vorsteuern aus einer Rechnung dieses Rechnungsausstellers abzieht, abzuleiten, ist noch unverständlicher. Dabei dürfte in der Praxis kaum zu klären sein, in welchen Fällen der Rechnungsaussteller den o. a. „Anlass zur Sorge” für den Zufluss liquider Mittel gehabt haben mag.

 

Rz. 33a

Eine Vermutung für die fehlende Zahlungsabsicht des Unternehmers hinsichtlich der Umsatzsteuer ist, wenn es später zur Insolvenz kommt, nicht generell zulässig.

[1] Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 56.
[2] Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 54.

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