Rz. 28

Der Rechnungsaussteller muss in der vorgefassten Absicht so gehandelt und die ausgewiesene USt nicht entrichtet haben. Welchen rechtlichen Gehalt hier die „Absicht” hat und wie sie mit der Ergänzung „vorgefasst” zu verstehen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. Sicher ist die Absicht nicht jeder Form des Vorsatzes gleichzustellen. Auch ist die Absicht nicht entsprechend der im Strafrecht häufig verwendeten Finalität gemeint: Der Dieb nimmt die fremde bewegliche Sache in der Absicht weg, sie sich anzueignen[1], der Betrüger handelt in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.[2] In diesen Fällen richtet sich die Absicht auf das erstrebte Ziel. In den Fällen des § 25d UStG ist bei den USt-Karussellgeschäften nicht das Ziel beabsichtigt, keine USt zu zahlen, sondern sich bzw. den oder einigen am Karussell Beteiligten durch Nichtzahlung der USt und Empfang der Vorsteuervergütung, -erstattung oder -anrechnung rechtswidrig Geldmittel zu verschaffen. Die „vorgefasste Absicht” kann daher nicht nach den strafrechtlichen Theorien ausgelegt werden.

 

Rz. 29

Die Absicht ist auch nicht mit derjenigen bei der Begründung der Unternehmereigenschaft im Vorbereitungsstadium gleichzustellen, die durch objektive Anhaltspunkte belegt ernsthaft auf die Erbringung von Leistungen gerichtet ist.[3] Ebenso wenig ist sie mit der Absicht zur Verwendung von Eingangsleistungen[4] gleichzustellen.

 

Rz. 30

Mit der Verwendung der adjektivischen Umschreibung „vorgefassten” erhält die Auslegung vielmehr eine besondere Richtung. Diese Umschreibung zeigt mit ihrem Widerspruch zwischen Absicht und Fassen oder Vorfassen der Absicht, dass nicht das Vorhandensein im Augenblick des Handelns, Duldens oder Unterlassens aufgezeigt werden soll, sondern der vorher gefasste Entschluss oder Beschluss, keine USt zu entrichten und damit eine Minderzahlung insgesamt zu erreichen. Dies ist die Umschreibung eines unmittelbaren, direkten Vorsatzes.[5] Unter „vorgefasste Absicht” kann dagegen der bedingte, indirekte Vorsatz nicht fallen, weil der Rechnungsaussteller die Nichtzahlung der Steuer nicht nur in Kauf nimmt. Er muss also im Sinne des direkten Vorsatzes bewusst und gewollt das Ziel der Nichterbringung angestrebt haben.

 

Rz. 31

Das Motiv für diese Absicht muss nicht die Beteiligung an einem Karussellgeschäft gewesen sein. Es kann sich z. B. auch um eine Liquiditätsenge im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens oder um eine andere Veranlassung gehandelt haben. Die Vorschrift enthält hierzu keine Vorgaben. Eine Person i. S. d. im Gesetzgebungsverfahren sog. „rechtstreuen Unternehmers”[6], die nicht belastet werden soll, ist dieser Unternehmer auch in den genannten Fällen nicht.

[5] Blesinger, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d UStG Rz. 51.
[6] Vgl. Bericht des BT-Finanzausschusses zum Entwurf des StVBG v. 14.11.2001, BT-Drs. 14/7471, II. Einzelbegründung zu Art. 1, zu Nr. 5.

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