Rz. 74

Während § 25a UStG 1990 wenigstens noch in seiner Überschrift von Gebrauchtfahrzeugen sprach, ohne diese aber im Gesetzestext ausdrücklich zu definieren, vermeidet § 25a UStG 1995 das Wort "Gebrauchtgegenstand" völlig – anders übrigens als die Vorgabe gem. Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL. Das deutsche Gesetz spricht nur von beweglichen körperlichen Gegenständen als Objekten der Differenzbesteuerung (Rz. 66). Es kommt also nach § 25a Abs. 1 UStG überhaupt nicht darauf an, ob der Gegenstand tatsächlich gebraucht ist, sodass auch Umsätze mit neuen, vollständig ungebrauchten Gegenständen von der Vorschrift umfasst sein können, wenn sie der Wiederverkäufer nur aus Privathand erworben hat.

 
Praxis-Beispiel

Bei einer Lotterie ist der gewonnene Neuwagen für den nichtunternehmerischen Gewinner nicht von Interesse. Er veräußert ihn deshalb an einen Wiederverkäufer.

In diesem Fall kommt ein ungebrauchter Gegenstand aus Privathand in den unternehmerischen Kreislauf, ohne dass der Unternehmer die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug hat. Der Weiterverkauf dieses neuwertigen und ungebrauchten Gegenstands kann dann unter § 25a UStG fallen. Da es sich um bewegliche körperliche Gegenstände handeln muss, sind Immobilien, d. h. Grundstücke und Gebäude nicht von § 25a UStG betroffen, wohl aber z. B. Schiffe.

 

Rz. 74a

Da Deutschland wegen der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12 UStG für der Grunderwerbsteuer unterliegende Umsätze von der in Art. 392 MwStSystRL vorgesehenen Möglichkeit, Umsätze mit Baugrundstücken der Differenzbesteuerung zu unterwerfen, keinen Gebrauch gemacht hat, bleibt das Urteil des EuGH v. 30.9.2021[1] zum Anwendungsbereich dieser Norm der MwStSystRL ohne Auswirkung auf das deutsche Recht.[2]

 

Rz. 74b

Weil lebende Tiere zivilrechtlich Sachen sind, fallen sie auch unter den Begriff des Gegenstands (Rz. 67). Deshalb sind auch Umsätze mit Tieren jeder Art begünstigt, wenn sie ein Wiederverkäufer aus der Hand von Nichtunternehmern mit dem Ziel des Wiederverkaufs erworben hat.[3] Tote ausgestopfte Tiere können aber Sammlungsstücke sein.

 
Praxis-Beispiel

Tiere

Ein Kleintierhändler erwirbt von einem Privatmann Welpen eines Rassehundes und veräußert diese an Hundeliebhaber. Der Kleintierhändler ist Wiederverkäufer und kann für die Lieferung der Welpen § 25a UStG anwenden.

 

Rz. 75

Dass die Anwendbarkeit des § 25a UStG sich aber in den meisten Fällen dennoch nur auf Gebrauchtgegenstände beschränkt, ergibt sich daraus, dass die Differenzbesteuerung nur gilt, wenn der Unternehmer ein Wiederverkäufer ist und dazu für die Lieferung des Gegenstands im Gemeinschaftsgebiet an den Wiederverkäufer USt nicht geschuldet oder gem. § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wurde oder wenn für diese Lieferung die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde (vgl. § 25a Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG). Diese Umstände der Lieferung ermöglichen dem Wiederverkäufer keinen Vorsteuerabzug. Insofern kann man sagen, die Differenzbesteuerung gelte für alle Gegenstände, für die der Unternehmer beim mit Wiederverkaufsabsicht vollzogenen Einkauf einen Vorsteuerabzug nicht geltend machen konnte. Darauf, ob die Gegenstände tatsächlich gebraucht oder neu oder zwar alt, aber eben nur ungebraucht sind, kommt es nicht an.[4] Es spielt auch keine Rolle, dass der Vorsteuerabzug beim Erwerb des Gegenstandes nicht möglich war wegen der Steuerfreiheit der Lieferung, wie z. B. bei Briefmarken gem. § 4 Nr. 8 Buchst. I UStG (Rz. 95).

[1] EuGH v. 30.9.2021, C-299/20, Icade Promotion Logement, Haufe-Index 14809937, UR 2021, 950.
[2] Ebenso Wäger, UR 2022, 197 (213).
[3] EuGH v. 1.4.2004, C-320/02, Förvaltnings AB Stenholmen, UR 2004, 253.
[4] S. auch die Beispiele in Rz. 136.

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