Rz. 158

Grundsätzlich muss ein Verein oder eine Vereinigung dieselben Voraussetzungen erfüllen wie jeder andere Unternehmer auch, um Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 UStG zu erlangen. Damit muss eine Tätigkeit selbstständig, nachhaltig und mit der Absicht Einnahmen zu erzielen ausgeführt werden. Problematisch ist dabei die Frage des kausalen Zusammenhangs zwischen der Ausführung einer Tätigkeit und der Erzielung von Einnahmen, wenn der Verein bzw. die Vereinigung gegenüber ihren Mitgliedern gegen den allgemeinen Mitgliedsbeitrag tätig wird. Nach der eigentlich durch die Rechtsprechung des EuGH (Rz. 161) überholten, national aber immer noch angewendeten nationalen Auffassung kann ein Verein gegenüber seinen Mitgliedern auf unterschiedliche Weise tätig werden. Wenn der Verein nur in Erfüllung der satzungsmäßigen Gemeinschaftszwecke die Gesamtbelange der Mitglieder wahrnimmt, wird bisher national ein Leistungsaustausch zwischen dem Verein und dem Vereinsmitglied verneint.[1] Die für die allgemeinen Gemeinschaftszwecke erhobenen echten Mitgliederbeiträge stehen außerhalb des Leistungsaustauschs und stellen nach dieser Rechtsauffassung damit keine Gegenleistung für eine konkrete Leistung des Vereins dar. Solche echten Mitgliederbeiträge liegen insbesondere dann vor, wenn die Beiträge gleich hoch sind oder nach einem für alle Mitglieder verbindlichen Bemessungsmaßstab gleichmäßig ermittelt werden. Auch die Staffelung der Beiträge oder die Berücksichtigung persönlicher Merkmale (z. B. das Alter oder das Einkommen der Mitglieder) ist für die Beurteilung als echte Mitgliederbeiträge unschädlich.[2]

 

Rz. 159

Nur wenn der Verein in Erfüllung von Sonderbelangen seiner Mitglieder diesen gegenüber gegen ein Sonderentgelt tätig wird (sog. unechte Mitgliederbeiträge), ergibt sich daraus ein Leistungsaustausch und damit eine Leistung des Vereins gegen Entgelt, die im Ergebnis zu einem steuerbaren Umsatz im Rahmen des Unternehmens führt.[3] Ein solcher Leistungsaustausch zwischen der Vereinigung und dem Gesellschafter oder Mitglied liegt nach Auffassung der FinVerw und der früheren Rechtsprechung immer vor, wenn die Vereinigung einem Mitglied eine bestimmte Leistung zugewendet hat und dafür von diesem eine Gegenleistung erwartet.[4] Für den Leistungsaustausch ist es unerheblich, ob einige Mitglieder einen geringeren Beitrag deshalb zahlen, weil sie die Leistung der Vereinigung nicht beanspruchen. Ein Leistungsaustausch ist selbst dann anzunehmen, wenn alle Mitglieder den gleichen Beitrag für beanspruchte Leistungen oder für die Leistungsbereitschaft der Vereinigung bezahlen.[5] Für die Annahme eines Leistungsaustauschs ist es auch unerheblich, wie die Beiträge als Gegenleistung für eine steuerbare Leistung verwendet werden, z. B. zur Unterhaltung der zur Nutzung überlassenen Einrichtungen.

 

Rz. 160

Soweit der Verein gegenüber seinen Mitgliedern im Rahmen von nicht steuerbaren Mitgliederbeiträgen tätig wird, ergibt sich nach der nationalen Sichtweise für ihn keine Unternehmereigenschaft[6] und damit auch keine Möglichkeit, Leistungsbezüge nach § 15 Abs. 1 UStG dem Unternehmen zuzuordnen. Ein Vorsteuerabzug ist in diesen Fällen nicht möglich. Darüber hinaus kann aufgrund dieser Sichtweise in Ermangelung eines unternehmerischen Bezugs in den Folgejahren eine Änderung der Nutzungsverhältnisse nicht zu einem anteiligen Vorsteuerabzug durch eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen, da die erstmalige Zuordnung eines Gegenstands zum nichtunternehmerischen Bereich auch nach Einlage in das Unternehmen eine Vorsteuerabzugsberechtigung grundsätzlich ausschließt. Soweit der Verein neben der nichtunternehmerischen Sphäre auch noch eine unternehmerische Sphäre dadurch unterhält,[7] dass er entweder gegenüber Dritten entgeltlich Leistungen ausführt oder gegenüber seinen Mitgliedern gegen Sonderentgelt individuelle Leistungen erbringt, führt dies regelmäßig zu Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Vorleistungen zu einer der beiden Sphären.[8] Die FinVerw hat in diesen Fällen Vereinfachungen für den Vorsteuerabzug solcher Vereinigungen und Vereine vorgegeben.[9]

 

Rz. 161

Diese Rechtsgrundlagen – die sich aus der Rechtsprechung aus der Zeit vor Einführung des Vorsteuerabzugsrechts – ergeben haben, stehen aber teilweise in Widerspruch zu der Rechtsprechung des EuGH,[10] der sich schon 2002 grundsätzlich mit der Unternehmereigenschaft solcher Vereine – insbesondere von Sportvereinen – beschäftigt hatte. Obwohl der BFH[11] in mittlerweile ständiger Rechtsprechung sich der Auffassung des EuGH angeschlossen hat, hat die FinVerw bisher die Anweisungen in Abschn. 2.10 Abs. 1 UStAE zur Unternehmereigenschaft bei der Zahlung von Mitgliederbeiträgen noch nicht aufgehoben bzw. konnte dies bisher nicht aufheben (Rz. 164).

 

Rz. 162

Die Unternehmereigenschaft und damit eine entgeltliche Leistung eines Vereins nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen seiner Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und si...

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