Rz. 34

Steuerbegünstigt ist die Vermietung sämtlicher lebenden Tiere, die in Nr. 1 der Anl. 2 aufgeführt sind[1], also die Vermietung – nicht die Verpachtung – landwirtschaftlicher Nutz- und Zuchttiere, gleichgültig, ob diese, wie Anhang III Kategorie 11 MwStSystRL es vorsieht, zur landwirtschaftlichen Erzeugung eingesetzt oder zu anderen Zwecken genutzt werden.

 

Rz. 35

Die Steuerermäßigung galt bis 30.6.2012[2] auch für die Vermietung von Reit- und Rennpferden[3] zur Ausübung von Freizeitsport oder von Pferden, die zu selbstständigen oder gewerblichen (nicht land- und forstwirtschaftlichen) Zwecken genutzt werden.[4] Obwohl die Steuerermäßigung nicht mit Unionsrecht vereinbar war[5], wurde sie weder durch eine richtlinienkonforme Auslegung noch durch einen Anwendungsvorrang des Unionsrechts suspendiert.[6]

 

Rz. 36

Seit dem 1.7.2012 sind Pferde nicht mehr in Nr. 1 der Anl. 2 enthalten (Buchst. a wurde mWv 1.7.2012 gestrichen;[7]) und somit ist die Vermietung von Pferden seit dem 1.7.2012 unter keinen Umständen mehr steuerermäßigt.

 

Rz. 37

Bei Überlassung reitsportlicher Anlagen (Reithalle oder Reitbahn) und gleichzeitiger Vermietung von Reitpferden dürfte der Reitbetrieb regelmäßig zwei getrennte Leistungen erbringen, die umsatzsteuerlich gesondert zu beurteilen sind. In solchen Fällen sehen Märkle/Hiller[8] die Überlassung von Reithalle oder Reitbahn als unselbstständige Nebenleistung zur Pferdevermietung an, sodass die Gesamtleistung bis 30.6.2012 ermäßigt zu besteuern gewesen wäre. Nach Auffassung von Bockholt[9] steht umgekehrt die Überlassung von Reithalle oder Reitplatz gegenüber der Pferdevermietung im Vordergrund, sodass die Steuerermäßigung schon bisher nicht anwendbar gewesen wäre. Eine unselbstständige Nebenleistung, die das Schicksal der Hauptleistung teilt, liegt vor, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng – i. S. einer wirtschaftlich gerechtfertigten Abrundung und Ergänzung – zusammenhängt und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Leistung für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist möglich und auch üblich, eine Reithalle oder Reitbahn ohne gleichzeitige Vermietung eines Reitpferdes zu überlassen, nämlich an Reiter mit eigenen Pferden. Genau so ist es umgekehrt möglich und auch üblich, Reitpferde ohne gleichzeitige Überlassung von Reithalle oder Reitbahn zu vermieten, z. B. zur Teilnahme an Ausritten, Fuchsjagden oder Leistungsprüfungen.

 

Rz. 38

Werden Reitpferde im Zusammenhang mit der Erteilung von Reitunterricht vermietet, ist die Vermietung als unselbstständige Nebenleistung des Reitunterrichts anzusehen und fiel folglich bisher nicht unter die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Ist die Erteilung des Reitunterrichts steuerfrei, z. B. nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG bei der Erteilung von Reitunterricht durch einen gemeinnützigen Reitsportverein[10] oder ggf. nach § 4 Nr. 25 UStG bei der Erteilung von Reitunterricht an Jugendliche[11], dann fällt auch die Vermietung der Reitpferde als Nebenleistung unter die Steuerbefreiung.

 

Rz. 39

Die Steuerermäßigung gilt ferner für die Vermietung ausgebildeter Blindenführhunde.[12] Sie wird auch hier durch entgegenstehendes Unionsrecht[13] nicht ersetzt.

[2] Vgl. zur Aufhebung der Steuerermäßigung für Umsätze mit Pferden ab 1.7.2012 Rz. 13.
[5] Rz. 18.
[6] Rz. 19.
[7] Vgl. zur Aufhebung der Steuerermäßigung für Umsätze mit Pferden ab 1.7.2012 Rz. 13.
[8] Märkle/Hiller, INF 1980, 337.
[9] Bockholt, DB 1976, 1556.
[10] Vgl. zur Erteilung von Reitunterricht Abschn. 4.22.1 Abs. 4 UStAE.
[13] Rz. 18.

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