Rz. 47

Über die genannten allgemeinen Pflichten hinaus legt das Gesetz in § 76 Abs. 1 S. 4 FGO durch Verweisung auf Vorschriften der AO den Beteiligten besondere Mitwirkungspflichten auf. Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschriften der AO bedeutet, dass nur die Prozessbeteiligten[1] in die Pflicht genommen werden, nicht die in diesen Vorschriften auch genannten Dritten. Deren Mitwirkungspflichten im Finanzgerichtsprozess – nämlich als Zeugen oder Sachverständige – regeln sich nach §§ 82ff. FGO.

 

Rz. 48

Anders als bei der Ermittlung ausländischen Rechts besteht bei der Ermittlung von Auslandssachverhalten gem. § 76 Abs. 1 S. 4 FGO i. V. m. § 90 Abs. 2 AO eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Zu beachten ist, dass die erweiterte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO auf Tatsachen beschränkt bleibt.[2] Diese erhöhte Mitwirkungspflicht (Aufklärungs- und Beweismittelbeschaffungspflicht) begrenzt die Amtsermittlungspflicht des Gerichts hinsichtlich des zugrunde liegenden Sachverhalts, sodass das Gericht Auslandssachverhalte nicht von sich aus ermitteln muss.[3] Dies gilt auch für Sachverhalte im außerdeutschen Bereich der EU.[4] Dabei kann das FA eine erhöhte Mitwirkungspflicht zur Aufklärung streitiger Auslandssachverhalte treffen, falls eine Rechtsgrundlage für eine europarechtliche, multilaterale oder bilaterale Amtshilfe besteht und der Finanzgerichtsbarkeit eine Rechtsgrundlage für eine Rechtshilfe fehlt.[5]

 

Rz. 49

Verletzt ein Stpfl. seine Pflichten gem. § 90 Abs. 2 AO und ist der Sachverhalt anderweitig nicht aufklärbar, so kann das Gericht zum Nachteil des Stpfl. von einem Sachverhalt ausgehen, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Stpfl. und seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht. Insbesondere wenn die Mitwirkungspflicht sich auf Tatsachen und Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Stpfl. bezieht, kann das Gericht aus der Pflichtverletzung des Stpfl. für ihn nachteilige Schlussfolgerungen ziehen. Es ist der Sinn des § 90 Abs. 2 AO, dass der Stpfl. den Nachteil des insoweit nicht aufgeklärten und durch das Gericht allein nicht aufklärbaren Sachverhalts tragen soll.[6] Beispielsweise genügt das Gericht dem Untersuchungsgrundsatz, wenn es bei einem Auslandssachverhalt ausdrücklich darauf hinweist, dass Auslandszeugen zur nächsten mündlichen Verhandlung gestellt werden können, der Verfahrensbeteiligte von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch macht und das FG daraufhin die Tatsache, die mit den Auslandszeugen bewiesen werden sollte, als nicht nachgewiesen ansieht.[7]

 

Rz. 50

Im Übrigen wird hinsichtlich der in § 76 Abs. 1 S. 4 FGO in Bezug genommenen Vorschriften auf die jeweiligen Erläuterungen in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, verwiesen.

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