Rz. 35

Der Bürger hat die Wahl, auf welchem Weg er sich gegen das Verhalten der Finanzbehörde schützen möchte. Er kann hierzu das formelle Einspruchsverfahren und ggf. im Anschluss ein finanzgerichtliches Verfahren einleiten, er kann aber auch eine Überprüfung der Verwaltungstätigkeit durch informelle Rechtsbehelfe herbeiführen.

 

Rz. 36

Als informelle Rechtsbehelfe kommen die Sach- oder Dienstaufsichtsbeschwerde und die Gegenvorstellung in Betracht. Rechtsgrundlage für diese Maßnahmen ist Art. 17 GG.[1] Danach hat jedermann das Recht, sich schriftlich mit Bitten und Beschwerden an die zuständigen Stellen zu wenden.

 

Rz. 37

Informelle Rechtsbehelfe sind grds. form- und fristlos. Art. 17 GG gewährleistet jedoch nur das Recht, sich "schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen" zu wenden.[2] Teilweise wird gefordert, der informelle Rechtsbehelf sei durch den Stpfl. zu unterschreiben.[3]

 

Rz. 38

Der Rechtsbehelf kann von jeder natürlichen oder sonst rechtsfähigen Person eingelegt werden. Sie muss jedoch die Fähigkeit aufweisen, im finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren Beteiligter sein zu können.[4] Die Vertretung durch einen Bevollmächtigten[5] ist zulässig. Eine Beschwer des Stpfl., wie sie im formellen Einspruchsverfahren nach § 350 AO erforderlich ist, wird man auch für die Einlegung eines informellen Rechtsbehelfs fordern müssen.[6]

 

Rz. 39

Der informelle Rechtsschutz wird durch die Anhängigkeit eines Einspruchs- oder Klageverfahrens nicht ausgeschlossen. Andererseits ist der informelle Rechtsschutz aber auch kein Ersatz für das formelle Einspruchsverfahren, da er insbesondere nicht den Eintritt der Bestandskraft eines Verwaltungsakts und damit die Rechtsverbindlichkeit der getroffenen Regelung hindert. Auch ist der Rechtsweg nach Art. 19 Abs. 4 GG gegen eine auf einen informellen Rechtsbehelf ergangene Entscheidung nicht gegeben, wenn der Betroffene von einem ihm nach dem Gesetz zustehenden Rechtsmittel gegen den ihn beschwerenden Verwaltungsakt keinen Gebrauch macht, sondern sich ausdrücklich für den informellen Rechtsbehelf entschieden hat.[7]

 

Rz. 40

Der Rechtschutzsuchende hat einen Rechtsanspruch auf Entgegennahme des informellen Rechtsbehelfs durch die Finanzbehörde sowie auf sachliche Prüfung und schriftliche Mitteilung über die Art der Erledigung.[8] Eine Begründung für eine getroffene oder unterbliebene Maßnahme der Aufsichtsbehörde kann er dagegen nicht verlangen.

 

Rz. 41

Ein Einspruch oder eine finanzgerichtliche Klage gegen die Mitteilung über die Erledigung des informellen Rechtsbehelfs oder deren Unterbleiben ist nicht statthaft, da diese lediglich eine Äußerung darstellt und nicht als Verwaltungsakt angesehen werden kann.[9] Auch die Wiederholung eines informellen Rechtsbehelfs mit inhaltlich gleicher Rüge ist nicht zulässig.[10] Die Aufsichtsbehörde ist zur Entgegennahme und Bearbeitung der wiederholten Rüge nicht verpflichtet.[11] Es verbleibt nur die Möglichkeit eines weiteren informellen Rechtsbehelfs an den nächsten Dienstvorgesetzten und letztlich eine Verfassungsbeschwerde, wenn eine Mitteilung über die Erledigung des Rechtsbehelfs unterblieben ist.

[2] Tappe in HHSp, AO/FGO, Vor § 347 AO Rz. 136.
[3] Klein, in Maunz/Dürig, GG, Art. 17 Rz. 34.
[5] Vgl. § 80 AO.
[6] Tappe, in HHSp, AO/FGO, Vor § 347 AO Rz. 138; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 347 AO Rz. 32. Ein informeller Rechtsbehelf ist jedoch unzulässig, wenn mit ihm etwas gesetzlich Verbotenes gefordert wird oder er einen beleidigenden, herausfordernden oder erpresserischen Inhalt hat (BVerfG v. 22.4.1953, 1 BvR 162/51, BVerfGE 2, 225, zur Petition.
[7] BFH v. 9.8.1961, VII 180/60, FR 1962, 362
[8] BVerfG v. 22.4.1953, 1 BvR 162/51, BVerfGE 2, 225, zur Petition.
[9] S. § 347 AO Rz. 49; z. B. BFH v. 6.7.1965, VII 331/63, HFR 1965, 557; BFH v. 18.6.1975, I R 92/73, BStBl II 1975, 779.
[10] BVerfG v. 22.4.1953, 1 BvR 162/51, BVerfGE 2, 225.
[11] BVerfG v. 22.4.1953, 1 BvR 162/51, BVerfGE 2, 225, zur Petition.

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