Rz. 5

Die Steuerhinterziehung bzw. die Steuerhehlerei muss tatbestandsmäßig, rechtswidrig und vorsätzlich schuldhaft begangen worden sein.[1] Die Tat kann durch Handeln oder Unterlassung (unechtes Unterlassungsdelikt bei Rechtspflicht zum Handeln) getätigt worden sein. Zur Tatbestandsmäßigkeit gehört zwar die Verkürzung der Steuer. Diese erfordert jedoch nicht, dass der hinterzogene Betrag bei steuerehrlichem Verhalten dem Steuergläubiger zugeflossen wäre.[2] Zur Tatbestandsmäßigkeit der Steuerhehlerei gehört auch die Erfüllung des subjektiven Tatbestandsmerkmals der Bereicherungsabsicht. Die Tat muss vollendet sein. Ein Versuch ist nicht ausreichend, da es an der verkürzten Steuer fehlt, für die zur Beseitigung von Unrechtsfolgen gehaftet werden kann. Ist die Tat nur teilweise vollendet, teilweise jedoch im Versuch stecken geblieben, so kann die Haftung nur für den vollendeten Teil eintreten.[3] Die Straftat muss vorsätzlich begangen sein. Dabei reicht ein bedingter Vorsatz (dolus eventualis) aus, nicht dagegen die Leichtfertigkeit i. S. d. § 378 AO. Es dürfen keine Schuldausschließungsgründe vorhanden gewesen sein. Eine Verurteilung wegen der Steuerstraftat ist nicht erforderlich.[4] Zur Beihilfe eines Ehegatten zur Steuerhinterziehung des anderen Ehegatten durch Unterschrift unter die Steuererklärung s. BFH v. 16.4.2002, IX R 40/00, BStBl II 2002, 501; Jatzke, in Gosch, AO/FGO, § 71 AO Rz. 11.

Offenbleiben kann, ob der Haftungsschuldner Täter/Teilnehmer einer Steuerhinterziehung oder einer Steuerhehlerei gewesen ist, sofern nur feststeht, dass eine der beiden Alternativen erfüllt ist (Wahlfeststellung).[5]

Da die Anwendung des § 71 AO voraussetzt, dass der Tatbestand einer Steuerhinterziehung erfüllt ist, scheidet eine Haftung aus, wenn der mutmaßliche Haupttäter anonym ist. Voraussetzung ist es, dass die Tat festgestellt wird. Bei Zweifeln, ob und in welchem Umfang Steuerhinterziehungen begangen worden sind, muss daher wegen der Feststellungslast des FA eine Haftungsinanspruchnahme unterbleiben.[6]

[1] Dumke/Webel, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 369 AO Rz. 7 und Erl. zu § 370 AO; Nikolaus, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, Erl. zu§ 374 AO.
[3] H. M.; z. B. Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 71 AO Rz. 13.
[5] Ebenso Halaczinsky, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 71 Rz. 4; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 71 AO Rz. 5; vgl. BFH v. 14.12.1951, II Z 127/51, BStBl III 1952, 21.
[6] BFH v. 15.1.2013, VIII R 22/10. BStBl II 2013, 526.

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