Rz. 58

Wird die Steuerfahndung im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren tätig[1], so ist gegen ihre Maßnahmen der außergerichtliche Rechtsbehelf des Einspruchs unzulässig; auch der Weg zum FG ist dem Betroffenen versperrt.[2] Dies gilt auch dann, wenn die Fahndung die Besteuerungsgrundlagen "in den vorgenannten Fällen" ermittelt.[3] Hier steht eindeutig die strafrechtliche Funktion im Vordergrund, die auch den Charakter der Tätigkeiten insgesamt prägt.[4] Eine Teilbarkeit der Aufgabenzuweisung ist nicht möglich.[5]

[2] Vgl. ausführlich Kreutziger, DStZ 1987, 346, 349ff.; Burhoff, PStR 1998, 114; § 208 AO Rz. 15; Matthes, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 404 AO Rz. 194.
[5] Vgl. umfassend Schroth, StV 1999, 117.

5.2.1 Rechtsschutz nach der StPO

5.2.1.1 Unanfechtbarkeit von Prozesshandlungen

 

Rz. 59

Im Strafverfahren wegen Steuerstraftaten getroffene Maßnahmen der Fahndung unterliegen den Rechtsmittelvorschriften der StPO. Während die StPO allerdings für gerichtliche Entscheidungen nahezu umfassende Anfechtungsmöglichkeiten vorsieht, sind einzelne Entscheidungen von Staatsanwaltschaft/Bußgeld- und Strafsachenstelle und Polizei (Fahndung) nur in einzelnen Fällen gerichtlich anfechtbar oder der gerichtlichen Nachprüfung unterstellt. Die Einleitung und die Dauer des Ermittlungsverfahrens oder die Ablehnung von Ermittlungen z. B. sind Maßnahmen, die auf den Ablauf des Ermittlungsverfahrens entscheidenden Einfluss haben und die Interessen und Rechte des Beschuldigten erheblich berühren können. Nach der Rspr. werden diese Maßnahmen, die das strafrechtliche Urteil über einen Sachverhalt als prozessgestaltende Tätigkeit vorbereiten sollen, den sog. Prozesshandlungen zugeordnet und damit generell für unanfechtbar, auch nicht als anfechtbare Justizverwaltungsakte i. S. d. §§ 23ff. EGGVG, gehalten.. Die Vereinbarkeit dieser Auffassung mit Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht unproblematisch.[1]

Ein umfangreicher Primärrechtsschutz fehlt somit gegen die Einleitung und die konkrete Ausgestaltung des Strafverfahrens durch die Ermittlungsbehörden.[2]

Gegen überlange Ermittlungsverfahren kann der Beschuldigte nach §§ 198, 199 GVG eine Rüge bei der Staatsanwaltschaft bzw. gegen die Finanzbehörde, sofern sie das Verfahren gem. § 386 Abs. 2 AO in eigener Zuständigkeit führt. Sofern diese nicht fruchtet, ist einem überlangen Ermittlungsverfahren bei der Strafzumessung, ggf. durch Anwendung der vom BGH entwickelten Vollstreckungslösung, Rechnung zu tragen.[3]

[1] Heinrich, NStZ 1996, 110.
[2] Mayer, in KK-StPO, 8. Aufl. 2019, § 23 EGGVG Rz. 31ff.
[3] Dazu grundlegend BGH v. 17.1.2008, GSSt 1/07, NZW 2007, 3294.

5.2.1.2 Beschwerdemöglichkeit nach §§ 304ff. StPO

 

Rz. 60

Die strafprozessuale Beschwerde[1] ist u. a. gegeben gegen Beschlüsse und Verfügungen des Richters im Vorverfahren. Damit sind Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse des Ermittlungsrichters mit der Beschwerde anfechtbar. Die Einlegung erfolgt bei dem Gericht, das den Beschluss erlassen hat.[2] Eine Einlegungsfrist besteht ebenso wenig wie Anwaltszwang. Die Beschwerde hat grundsätzlich keinen Suspensiveffekt, d. h., sie hemmt den Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht, es sei denn, der Richter setzt die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aus.[3] Über die Beschwerde entscheidet das Gericht, dessen Entscheidung angefochten ist, wenn es sie für begründet hält. Es hilft ihr dann ab. Anderenfalls hat es die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen, dem Beschwerdegericht vorzulegen.[4] Dieses trifft eine eigene Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, eine weitere Beschwerde gegen diese Entscheidung ist nicht zulässig.[5]

 

Rz. 61

Von der Beschwerde zu unterscheiden ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Er ist zulässig

  • gegen eine nichtrichterliche Beschlagnahme[6],
  • gegen die Anordnung einer Durchsuchung durch Staatsanwaltschaft/Bußgeld- und Strafsachenstelle bzw. Steuerfahndung wegen Gefahr im Verzug[7],
  • gegen die Art und Weise der Durchsuchung[8]
  • gegen die Durchsicht von Papieren und elektronischen Speichermedien an Amtsstelle nach § 110 StPO.

Außerdem ist die gerichtliche Entscheidung zulässig gegen

  • gegen die Versagung von Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft/Bußgeld- und Strafsachenstelle[9],
  • gegen die zwangsweise Vorführung des Beschuldigten[10] oder eines Zeugen[11].

Ob die Maßnahme noch andauert oder ob eine Wiederholungsgefahr besteht, ist dabei unbeachtlich. Maßgebend ist im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes allein, dass der Eingriff stattgefunden hat.[12]

Dies gilt umso mehr, je intensiver der Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen ist.[13]

 

Rz. 62

Die Einlegung einer Beschwerde ist oft nur dann sinnvoll, wenn dem Betroffenen die Tatvorwürfe im Einzelnen durch Akteneinsicht bekannt geworden sind. Die Ermittlungsbehörden können Akteneinsichtsgesuche jedoch im Einzelfall ablehnen, wenn dies den Ermittlungszweck gefährden würde.[14] Der auf der Grundlage der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen gesicherte effektive Rechtsschutz gebietet in diesen Fäll...

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