1 Allgemeines

1.1 Entstehungsgeschichte

 

Rz. 1

§ 398a AO wurde durch Art. 2 Nr. 4 Schwarzgeldbekämpfungsgesetz v. 28.4.2011[1] in die AO eingefügt und bereits durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung v. 22.12.2014 (AOÄndG 2015)[2] grundlegend reformiert.

Im Jahr 2011 wurde anlässlich der damaligen Novellierungen des § 371 AO in Form des § 398a AO eine – nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers – § 153a StPO nachempfundene Einstellungsvorschrift geschaffen.[3] In der damaligen Form sah § 398a AO für den Fall, dass eine Selbstanzeige allein deshalb nicht strafaufhebend wirkte, weil der ebenfalls neu eingeführte Sperrtatbestand des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO aufgrund eines Hinterziehungsbetrags über 50.000 EUR eingriff, zwingend eine Verfahrenseinstellung vor.

 

Rz. 2

Durch das AOÄndG 2015 sollten sowohl die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige[4] sowie für ein Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen[5] deutlich verschärft werden. Folglich wurde nicht nur der für die Anwendung des § 398a AO maßgebliche Hinterziehungsbetrag auf 25.000 EUR abgesenkt, sondern § 398a AO ist nun auch gem. § 398a Abs. 1 AO für die in § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AO benannten besonders schweren Fälle des § 370 AO anwendbar.[6] Darüber hinaus erhoffte sich der Gesetzgeber allein aus der Anhebung und Staffelung des Zuschlags in § 398a AO (Rz. 35ff.) mittelfristig Mehreinnahmen für die Länderhaushalte in einer Größenordnung von 15 Mio. EUR jährlich.[7] Diese Prognose erscheint allerdings im Hinblick auf die sich aus der Verteuerung der Selbstanzeige ergebenden Folgen (vgl. Rz. 42) ausgesprochen optimistisch.

 

Rz. 3

Die n. F. des § 398a AO gilt für alle Selbstanzeigen, die nach dem 31.12.2014 abgegeben wurden. Bereits vor dem 1.1.2015 abgegebene Selbstanzeigen, über deren Wirksamkeit noch nicht abschließend entschieden wurde, waren hingegen am Maßstab der alten Fassung der §§ 371, 398a AO zu messen. Folglich galt für sie die ursprüngliche Fassung des § 398a AO mit dem für alle Anwendungsfälle der Norm einheitlich geltenden Zuschlag von 5 %.[8]

[1] BGBl I 2011, 676; in dieser Fassung war die Norm anwendbar auf Selbstanzeigen, die zwischen dem 28.4.2011 und dem 1.1.2015 eingegangen sind.
[2] BGBl I 2014, 2415.
[3] Vgl. BT-Drs. 17/5067 (neu), 20.
[6] BT-Drs. 18/3018, 8.
[7] BT-Drs. 18/3018, 9.
[8] Vgl. auch BT-Drs. 18/3439, 7.

1.2 Rechtscharakter und Zweck der Vorschrift

 

Rz. 4

§ 398a AO in seiner ab dem 1.1.2015 geltenden Form ergänzt § 371 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 AO. Durch diese Ausschlussgründe[1] entfällt der persönliche Strafaufhebungsgrund der "Selbstanzeige".[2] § 398a AO begründet für diese Fälle ein von Amts wegen zu beachtendes strafprozessuales Verfolgungshindernis, wenn die gesetzlichen Auflagen (Rz. 24ff.) erfüllt werden.[3]

 

Rz. 5

In diesem Einstellungscharakter liegt jedoch schon die einzige grundlegende Gemeinsamkeit von § 398a AO und dem vom Gesetzgeber als Vorbild genommenen § 153a StPO. So stellt § 398a AO z. B. im Hinblick auf die Höhe des nach Abs. 1 Nr. 2 AO zu zahlenden Geldbetrags ausschließlich auf den (bestimmenden) Strafzumessungsgrund des Umfangs der Steuerhinterziehung ab, während im Rahmen des § 153a StPO bei der Bestimmung der tat- und schuldangemessenen Auflage auch alle anderen einschlägigen Strafzumessungsgesichtspunkte i. S. d. § 46 Abs. 2 StGB zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus fehlt § 398a AO jedes Opportunitäts- oder Ermessenselement und er sieht auch nicht die Beteiligung des zuständigen Gerichts vor. In Ermangelung einer Vorrangregelung stehen § 398a AO und § 153a StPO aus Sicht des Beteiligten gleichwertig nebeneinander.

 

Rz. 5a

Mithin kann eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO für den Beschuldigten eine durchaus preiswertere Lösung darstellen, wenn es sich z. B. um eine Verkürzung auf Zeit handelt oder sich das Kompensationsverbot stark auswirkt.[4] Darüber hinaus bietet eine Einstellung nach § 153a StPO die Sicherheit des Strafklageverbrauchs.[5]

 

Rz. 6

§ 398a AO hindert die Verfolgung einer Steuerhinterziehung (Rz. 2) nur wenn die aufgezählten gesetzlichen Anforderungen (Rz. 26ff.) erfüllt werden.

Die Auflage der Nachentrichtung[6] entspricht der Regelung des § 371 Abs. 3 AO, die allerdings nicht unmittelbar anwendbar ist, da durch die Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AO eine Anwartschaft auf Straffreiheit nach § 371 AO nicht besteht (Rz. 14ff.).

 

Rz. 7

Die rechtliche Einordnung der zusätzlichen Geldzahlung[7] ist hingegen unklar – § 398a AO spricht z. B. von einem "Geldbetrag", in den Gesetzgebungsmaterialien ist von einer "freiwilligen Zahlung" oder einer "Zusatzleistung" die Rede.[8] Da der Gesetzgeber sich jedoch für eine strafprozessuale Lösung entschieden hat und den Gesetzeswortlaut an § 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO ausgerichtet hat, dürfte es sich weder um einen Verwaltungszuschlag (z. B. in Form einer "Bearbeitungsgebühr") noch um eine steuerliche Nebenleistung handeln.[9] Ebenso dürfte es sich bei der Geldzahlung ebenfalls nicht um eine Strafe handeln, da die Zahlung des pauschalen G...

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