Rz. 48

Die Geltendmachung des Haftungsanspruchs ist zum einen durch die Regelungen des § 191 AO eingeschränkt .[1] Unabhängig hiervon ergeben sich zum anderen weitere Einschränkungen.

 

Rz. 48a

Zunächst wirkt sich die Bestandskraft des Haftungsbescheids auf die weitere Inanspruchnahme aus. Sofern eine Korrektur des bestandskräftigen Haftungsbescheids[2] nicht in Betracht kommt, ist für denselben Lebenssachverhalt[3] die weitere oder ergänzende Geltendmachung eines Haftungsanspruchs ausgeschlossen.[4] Anders soll es sich indes verhalten, wenn sich neue Tatsachen ergeben, die zu einer Erhöhung der Steuerschuld führen bzw. die Finanzbehörde einen entsprechenden Vorbehalt als Nebenbestimmung im ursprünglichen Haftungsbescheid aufgenommen hatte, dass es sich nur um einen Teilbetrag handele.[5]. Der nochmaligen und nachteiligeren Regelung des bereits beurteilten und abschließend geregelten Sachverhalts steht die Bestandskraft des vorangegangenen Haftungsbescheids entgegen, die zwar nach Maßgabe des § 130 Abs. 2 AO[6] durchbrochen werden kann, aber den Erlass eines zusätzlichen, neben den ursprünglichen Haftungsbescheid tretenden nachfordernden Haftungsbescheids verbietet.[7]  Die Bestandskraft eines bereits ergangenen Haftungsbescheids steht dem Erlass eines weiteren Haftungsbescheids nur dann nicht entgegen, wenn dieser aufgrund eines anderen, bisher nicht berücksichtigten Sachverhalts ergeht, der Gegenstand eines selbstständigen, durch den ursprünglichen Haftungsbescheid nicht erfassten Haftungsanspruchs ist.[8] Danach ist die Erhöhung der Haftungssumme durch einen weiteren Haftungsbescheid unproblematisch, wenn sie erfolgt, um einen durch den ersten Haftungsbescheid noch nicht berücksichtigten Primäranspruch – ausreichend ist insoweit auch ein anderer Besteuerungszeitraum[9] – geltend zu machen. Es ist unerheblich, dass dieser Primäranspruch im Zeitpunkt der ersten Haftungsinanspruchnahme bereits entstanden oder fällig war.[10]

 

Rz. 48b

Die Geschäftsführerhaftung nach § 69 AO wird von der Sperrwirkung des § 93 InsO nicht erfasst.[11]

 

Rz. 48c

Beruht der Primäranspruch[12] auf einer Rechtsnorm, die vom BVerfG für nichtig erklärt worden ist, ist insoweit eine Haftung ausgeschlossen.[13] Ist die steuerliche Norm jedoch nur für unvereinbar mit dem Grundgesetz bei befristeter Weitergeltung erklärt, ist der Erlass eines Haftungsbescheids möglich.[14] Insofern ist es auch unerheblich, ob lediglich in der Literatur die Verfassungswidrigeit der Steuernorm diskutiert wird, wenn das BVerfG jedoch noch keine Nichtigkeit ausgesprochen hat.[15]

 

Rz. 48d

Einer Haftung eines GmbH-Geschäftsführers nach § 69 AO steht § 64 S. 1, 2 und 4 GmbHG nicht entgegen, weil sich für ihn keine diesbezügliche Pflichtenkollision im Hinblick auf die Begleichung von Steuerschulden ergibt.[16]

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