Rz. 7b

Keine Regelung und damit kein Verwaltungsakt liegt vor, wenn die Finanzbehörde die Rechtswirkungen nicht selbst hervorbringen kann, sondern hierfür einen Antrag bei einer anderen Behörde oder einem Gericht stellen muss. Lediglich die Entscheidung der anderen Behörde ist dann Verwaltungsakt. Zum Antrag auf Gewerbeuntersagung vgl. FG Baden-Württemberg v. 23.10.1980, X 309/80, EFG 1981, 67; zum Insolvenzantrag vgl. Dißars, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 251 AO Rz. 31; zum Antrag auf Auflösung und Löschung einer GmbH im Handelsregister (Löschung von Amts wegen – Vermögenslosigkeit) vgl. FG Münster v. 29.5.1984, III 5112/83 AO, EFG 1985, 76. A. A. zu einem Antrag bei der Kfz-Zulassungsstelle auf Abmeldung eines Fahrzeugs FG Rheinland-Pfalz v. 19.6.1992, U V 1734/92, EFG 1992, 625.

Nicht nur ein bloßer Antrag, sondern eine Regelung und damit ein Verwaltungsakt liegt dann vor, wenn in dem Antrag (auch) eine bindende Feststellung getroffen wird. So enthält der Antrag der Finanzbehörde auf Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Eintragung einer Sicherungshypothek, Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung) auch die (die Beteiligten, Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt) bindende Feststellung, dass die Voraussetzungen der Vollstreckung vorliegen; der Antrag nach § 322 Abs. 3 AO ist also (insoweit) Verwaltungsakt.[1]

Die Mitteilung der Steuerrückstände an Vollstreckungs- oder Insolvenzgericht sowie die Anmeldung der Steuerforderungen zur Insolvenztabelle sind keine Verwaltungsakte; sie sind Mitteilungen, dass über die Steuerforderungen Regelungen getroffen worden sind (Steuerbescheid), enthalten aber selbst keine Regelung.[2]

Auch sonstige Mitteilungen, die reine Wissenserklärungen enthalten, sind keine Verwaltungsakte. So enthält ein Ersatzbeleg über entrichtete EUSt nur Wissenserklärungen der Zollbehörde (gezahlte EUSt usw.), keine Entscheidung. Die Erteilung und der Widerruf solcher Ersatzbelege sind daher keine Verwaltungsakte, sondern schlichtes Verwaltungshandeln.[3] Ebenso ist ein Kontoauszug eine Wissenserklärung, die der Information des Stpfl. dient und keine Rechtswirkung nach außen entfaltet, sofern keine darüber hinausgehende Regelung getroffen wird.[4]

 

Rz. 7c

Nach der neueren Rechtsprechung und der Auffassung der Finanzverwaltung sind Anrufungsauskünfte gem. § 42e EStG sowie deren Aufhebung in Form einer Rücknahme oder eines Widerrufs keine bloße Wissenserklärungen, sondern Verwaltungsakte.[5] Im Rahmen der Anrufungsauskunft werden die lohnsteuerlichen Pflichten rechtsverbindlich festgestellt. Mit der Anrufungsauskunft wird über die lohnsteuerliche Behandlung entschieden.[6] Das FA bindet sich gegenüber dem Arbeitgeber und anderen am Lohnsteuerverfahren Beteiligten (nicht aber gegenüber dem Arbeitnehmer im Veranlagungsverfahren)[7] insofern, dass es die LSt nicht mittels Haftungs- oder Nachforderungsbescheid erheben wird.[8] Insofern liegt der erforderliche Regelungsgehalt vor. Umgekehrt ist auch der actus contrarius, die Aufhebung einer Anrufungsauskunft, ein Verwaltungsakt.[9]

 

Rz. 7d

Kein Verwaltungsakt ist mangels Regelung die Zuteilung einer Identifikationsnummer sowie die Datenspeicherung.[10] Eine Steueridentifikationsnummer ist daher auch nur mitzuteilen und nicht bekannt zu geben.[11] Verwaltungsakt ist aber die Versagung der Identifikationsnummer.

Keine Regelung liegt vor, wenn die Behörde lediglich eine Regelung ankündigt[12] und dem Stpfl. Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Regelung gibt.[13] Ob einer Ankündigung eines Zwangsmittels ein Regelungsgehalt i. d. S. fehlt oder bereits eine Androhung (und damit ein Verwaltungsakt) vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln.[14] Gleiches gilt für bloß vorbereitende Maßnahmen einer Behörde, die dem Erlass eines Verwaltungsakts vorhergehen oder diesen vorbereiten. Eine derartige vorbereitende Tätigkeit kann die Mitteilung über die Ergebnisse einer Neuberechnung der Steuer sein, die noch keine Festsetzung enthält, sondern nur einem erhöhten Informationsbedürfnis des Stpfl. Rechnung trägt.[15]

 

Rz. 7e

Nach h. M. ist der Anrechnungsteil eines Steuerbescheids ein selbstständiger Verwaltungsakt.[16] Dies gilt jedoch nur für diejenigen Bestandteile der Anrechnungsverfügung, die durch das Gesetz vorgeschrieben sind.[17] Es sind dies bei der ESt nach § 36 Abs. 2 EStG die Anrechnung der ESt-Vorauszahlungen und der Steuerabzugsbeträge, bei der KSt nach § 31 KStG i. V. m. § 36 Abs. 2 EStG die Anrechnung der KSt-Vorauszahlungen und der Steuerabzugsbeträge, bei der GewSt nach § 20 Abs. 1 GewStG die Anrechnung der GewSt-Vorauszahlungen. Enthält der Anrechnungsteil noch andere Bestandteile, wie etwa die Anrechnung zusätzlicher Zahlungen, Umbuchungen und Aufrechnungen, erwachsen diese nicht in Bestandskraft, gehören also nicht zu dem als Verwaltungsakt einzustufenden Anrechnungsteil.[18] Über diese zusätzlichen Faktoren ist vielmehr im Streitfall durch einen Anrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO zu entscheiden. Vgl. zum Verhältnis des An...

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