Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine generelle Herausnahme gemeinnütziger Körperschaften von der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 38 Abs. 5 und 6 KStG - Keine Abhängigkeit von der Rechtspflicht zur Eigenkapitalgliederung

 

Leitsatz (amtlich)

Gemeinnützige Körperschaften sind von der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 38 Abs. 5 und 6 KStG nicht generell ausgenommen. Dies gilt auch dann, wenn sie keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Die pauschale Hinzurechnungsbesteuerung ist unabhängig von einer Rechtspflicht zur Eigenkapitalgliederung und knüpft allein an die tatsächliche Feststellung des EK 02 zum 31.12.2006 an. Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für die Folgebesteuerung. Die Hinzurechnungsbesteuerung ist mit Rücksicht auf das befristet ausübbare Wahlrecht zur Besteuerung nach altem Recht verfassungsgemäß.

 

Normenkette

AO § 182 Abs. 1; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 36 Abs. 16 Nr. 1b, § 38 Abs. 3, 5-6

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Körperschaftsteuer (KSt-)erhöhungsbetrages nach § 38 Abs. 5 und 6 KStG im Falle einer gemeinnützigen Körperschaft.

Gegenstand der Klägerin ist die studentische und berufsbegleitende Ausbildung auf dem Gebiet .... Sie ist als gemeinnützig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz KStG) anerkannt und unterhält auch keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Ihr Alleingesellschafter ist seit dem 1. Januar 2007 Herr X. Im Bescheid zum 31. Dezember 2006 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 38 Abs. 1 KStG ist der Bestand des EK 02 der Klägerin in Höhe eines Betrages von 62.533 Euro festgestellt. Nach Angaben der Klägerin beruht dieser Bestand auf Gewinnen vorangegangener Jahre, die ausschließlich durch die gemeinnützige Betätigung der Gesellschaft generiert worden seien. Mit Bescheid vom 17. Februar 2009 setzte der Beklagte – das Finanzamt (FA) – den KSt-Erhöhungsbetrag auf 3/100 von 62.533 Euro = 1.875 Euro fest. Hiergegen erhob die Klägerin am 17. März 2009 Einspruch: Ein Erhöhungsbetrag sei schon deshalb nicht festzusetzen, weil sie als anerkannt gemeinnützige Körperschaft gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der KSt befreit sei und sie nicht den Anrechnungs- und Gliederungsvorschriften des KStG unterliege. Zu berücksichtigen sei zudem, dass ihr nach dem Inhalt ihrer Satzung eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter untersagt sei, so dass die Begrenzungsregelung des § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG eingreife. Nach dieser Vorschrift sei der KSt-Erhöhungsbetrag begrenzt auf den Erhöhungsbetrag, der sich im Falle einer Vollausschüttung ergeben würde. Da im Falle der Klägerin eine Gewinnausschüttung nicht in Betracht komme, bleibe auch kein Raum für die Festsetzung eines KSt-Erhöhungsbetrages. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 14. April 2010 zurück: Die Regelungen über die Festsetzung des KSt-Erhöhungsbetrages gelten auch für gemeinnützige Körperschaften. Zum Ausgleich habe der Gesetzgeber ihnen in § 34 Abs. 16 Satz 1 Ziffer 1 b KStG ein antragsgebundenes, unwiderrufliches, bis 30. September 2008 befristetes Wahlrecht zur Besteuerung nach altem Recht eingeräumt. Dieses Wahlrecht sei von der Klägerin nicht ausgeübt worden.

Mit der am 18. Mai 2010 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:

Die im KSt-Anrechnungsverfahren geschaffenen Gliederungsregelungen und die nach dem Systemwechsel eingeführten Übergangsvorschriften seien von vornherein nur dann anwendbar, wenn die steuerbefreite Körperschaft Ausschüttungen vornehmen könne, die bei den Empfängern Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellten. Ein solcher Sachverhalt sei hier nicht gegeben, weil die Klägerin keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalte und ihr eine Gewinnausschüttung satzungsgemäß untersagt sei. Eine Antragstellung gemäß § 34 Abs. 16 Ziffer 1 b KStG würde deshalb bereits dem Grunde nach ins Leere laufen. Dies komme auch durch die Begrenzungsregelung des § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG zum Ausdruck. Danach unterliege nur das zum 31. Dezember 2006 vorhandene Eigenkapital, was auch für eine Ausschüttung zur Verfügung stehe, der Nachversteuerung. Dies habe der Bundesfinanzhof im Urteil vom 12. Oktober 2011 I R 107/10, BStBl II 2012, 610 bestätigt. Unabhängig davon verletze die angefochtene Besteuerung den Gleichheitssatz. Bei gemeinnützigen Einrichtungen ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sei es widersinnig, eine gesonderte Feststellung durchzuführen, weil sämtliche Einkünfte solcher Körperschaften dem sogenannten EK 02 unterlägen. Dementsprechend gebe es keine einheitliche Verwaltungspraxis. Bei jeweils gleichem Sachverhalt sei von einigen Ämtern eine gesonderte Feststellung durchgeführt worden, von anderen Ämtern wiederum nicht. Die Praxis habe dies mangels steuerlicher Beschwer zunächst hingenommen. Erst durch die neugeschaffenen sogenannten Übergangsregelungen der §§ 38 Abs. 5 und 6 KStG habe sich herausgestellt, dass die...

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