Revision eingelegt (BFH III R 37/20)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung eines Übernahmeverlustes nach § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG bezieht sich auf sämtliche Anteile, die an der Übernahmeergebnisermittlung i.S.d. § 4 Abs. 4 und 5 KStG teilnehmen.

2. § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG erfasst auch Erwerbsvorgänge, die im Zeitraum zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages erfolgen.

3. Zur Möglichkeit einer teleologischen Reduktion und zur Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG.

 

Normenkette

UmwStG § 4 Abs. 4-5; UmwStG Alt. 2. § 4 Abs. 6 S. 6; UmwStG § 7; KStG § 4 Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1; KStG § 4 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.08.2023; Aktenzeichen III R 37/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht gem. § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (UmwStG) einen Übernahmeverlust nicht berücksichtigt hat, der aus der Verschmelzung der A GmbH auf das Einzelunternehmen des Klägers resultiert.

Der Kläger war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A GmbH und der C GmbH. Letztere war Komplementärin der E KG. An dieser waren die Kläger und zwei weitere natürliche Personen beteiligt. Mit Vertrag vom 17. Februar 2014 traten die Inhaber der Anteile an der A GmbH sämtliche Anteile zu einem Kaufpreis von insgesamt … EUR an die E KG ab.

Die E KG trat mit Vertrag vom 14. Juni 2016 sämtliche Anteile an der A GmbH zu einem Kaufpreis von … EUR an den Kläger ab.

Mit Vertrag vom 29. Juni 2016 übertrug die A GmbH ihr Vermögen als Ganzes im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme auf das Einzelunternehmen des Klägers. Die Verschmelzung erfolgte gem. § 1 Ziffer 2 des Verschmelzungsvertrages (VV) rückwirkend auf den 1. Januar 2016 und mit steuerlicher Wirkung zum 31. Dezember 2015. Gem. § 1 Ziffer 6 VV sollten die Wirtschaftsgüter zu ihrem gemeinem Wert übergehen.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2015 erklärten die Kläger einen Gewinn aus dem Einzelunternehmen des Klägers in Höhe von 235.074,00 EUR. Darin war ein Gewinn aus der Verschmelzung der A GmbH auf das Einzelunternehmen des Klägers in Höhe von 263.571,84 EUR enthalten, den die Kläger wie folgt ermittelt hatten:

1.) Einnahmen gem. § 7 Abs. 1 UmwStG

EK laut Steuerbilanz zum 31. Dezember 2015

785.872,77 EUR

abzgl. gezeichnetes Kapital

- 30.677,51 EUR

755.195,26 EUR

abzgl. 40 % gem. § 3 Nr. 40 EStG

- 302.078,10 EUR

453.117,16 EUR

453.117,16 EUR

2.) Übernahmeergebnis i.S.d. § 4 UmwStG

Übernahmewerte gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG

785.872,77 EUR

abzgl. AK der Anteile (inkl. Notarkosten)

- 324.573,12 EUR

abzgl. Kosten des Vermögensübergangs

- 22.013,26 EUR

Ergebnis 1. Stufe (§ 4 Abs. 4 Sätze 1 u. 2 UmwStG)

439.286,39 EUR

abzgl. Bezüge gem. §§ 7 UmwStG, 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG

- 755.195,26 EUR

Ergebnis 2. Stufe (§ 4 Abs. 4 und 5 UmwStG)

- 315.908,87 EUR

davon 60 % gem. § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG

- 189.545,32 EUR

Ergebnis Verschmelzung A GmbH

263.571,84 EUR

Darüber, dass die genannten Werte der Höhe nach zutreffend sind, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Der Beklagte stellte sich allerdings auf den Standpunkt, dass ein Übernahmeverlust gem. § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG nicht berücksichtigt werden könne, weil die Anteile an der A GmbH innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entgeltlich erworben worden seien. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2017 setzte er die Einkommensteuer für 2015 (unter dem Vorbehalt der Nachprüfung) fest, ohne den von den Klägern erklärten Verlustbetrag zu berücksichtigen.

Dagegen legten die Kläger am 3. Januar 2018 Einspruch ein. Der Übernahmeverlust sei zu berücksichtigen, da kein Missbrauchstatbestand i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG vorliege und die Anteile auch nicht vor dem Übertragungsstichtag, sondern im sog. Interimszeitraum erworben worden seien. Zudem führe der Nichtansatz des Übernahmeverlustes zu einer Doppelbesteuerung, denn die Rücklagen seien bereits im Rahmen des § 7 UmwStG besteuert worden.

Der Bescheid vom 22. Dezember 2017 wurde aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen am 1. Februar 2018 und am 9. Oktober 2018 geändert.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 29. November 2018 als unbegründet zurück. Bei der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ein Einzelunternehmen ergebe sich gem. § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG ein Übernahmegewinn oder ein Übernahmeverlust in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang und dem Wert der Anteile der übertragenden Körperschaft. Gem. § 4 Abs. 5 Satz 2 UmwStG mindere sich ein Übernahmegewinn um die Bezüge, die nach § 7 UmwStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehörten. Ein Übernahmeverlust bleibe allerdings gem. § 4 Abs. 6 Satz 6, 2. Alt. UmwStG außer Ansatz soweit die ...

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