Revision eingelegt (BFH XI R 9/22)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbefreiung von Reitkursen sowie Beherbergung und Verköstigung für Jugendliche und Kinder auf Reiterhof. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 9/22)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Reitkurse für Jugendliche und Kinder sowie deren Beherbergung und Verköstigung auf Reiterhöfen, stellen eigene, selbständige Leistungen dar, die für die Frage einer etwaigen Befreiung von der Umsatzsteuer jeweils einzeln zu betrachten sind.

2. Die auf die Reitkurse entfallenden Umsätze können dabei gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG von der Umsatzsteuer befreit sein, wenn diese darauf ausgerichtet sind, den Kursteilnehmern den unmittelbaren Berufseinstieg in den Turniersport zu ermöglichen. Die Aufnahme von Jugendlichen erfolgt in diesen Fällen zu Ausbildungszwecken im Sinne des § 4 Nr. 23 UStG a.F., sodass auch die auf die Beherbergung und Verköstigung entfallenden Umsätze nach § 4 Nr. 23 UStG a.F. von der Umsatzsteuer befreit sein können.

3. Die Aufnahme von Jugendlichen erfolgt zu Erziehungszwecken im Sinne des § 4 Nr. 23 UStG a.F., wenn durch die Vermittlung des richtigen Umgangs mit Pferden und durch einen strukturierten Tagesablauf erzieherisch auf die Jugendlichen eingewirkt wird und der Erziehungszweck während der Aufenthaltsdauer erreicht werden kann, sodass die auf die Beherbergung und Verköstigung entfallenden Umsätze von der Umsatzsteuer befreit sein können.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb, Nr. 23; MwStSystRL Art. 132 Art. 1 Buchst. i, Art. 132 Art. 1 Buchst. j

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Steuerbefreiung der von der K-GmbH in den Streitjahren 2007 bis 2011 erzielten Umsätze aus dem Betrieb eines Reiterhofs.

Die K-GmbH betreibt seit 1999 einen Reiterhof. Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der K-GmbH war bis Ende 2011 A. A hatte der K-GmbH mit Pachtvertrag vom 1. März 1999 zur Führung einer Pension und einer Gastwirtschaft die auf dem Hofgelände gelegenen Räumlichkeiten im Erdgeschoss sowie die Zimmer 1 bis 18 der Scheune und die in der Scheune befindliche Gastwirtschaft mit Nebenräumen verpachtet.

Die K-GmbH durfte nach der Betriebserlaubnis vom 3. Mai 2001 auf dem Reiterhof 58 Kinder und Jugendliche aufnehmen und betreuen. Nach Aufhebung des Erlaubnisvorbehalts für die Aufnahme von Kindern im Rahmen des Hotel- und Gaststättengewerbes in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 bedurfte die K-GmbH keiner Betriebserlaubnis mehr.

Die K-GmbH erzielte in den Streitjahren Umsätze aus der Durchführung von Reitkursen für Kinder und Jugendliche sowie aus der Beherbergung und Beköstigung der auf dem Reiterhof aufgenommenen Kinder und Jugendlichen. Der Reitunterricht im Rahmen der Reitkurse wurde in den Streitjahren durch A und den Kläger erteilt. Die Reitkurse wurden in den Schulferien von Schleswig-Holstein und Hamburg im Rahmen der Ponygruppe für Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren und im Rahmen der Großen Pferdegruppe für Jugendliche im Alter von 14 bis 22 Jahren angeboten. Darüber hinaus erzielte die K-GmbH Umsätze mit Schulklassen im Rahmen von Klassenfahrten.

Die Kurse der Ponygruppe dauerten jeweils eine Woche. Ziel der Kurse war das altersgerechte Erlernen des Umgangs mit den Ponys. Die Teilnehmer der Ponygruppe, bei denen es sich im Regelfall um Anfänger oder Neueinsteiger handelte, wurden bei der Anreise am Sonntag entsprechend ihrem Leistungsstand in verschiedene Gruppen unterteilt, in denen jedem Kind ein Pony zugewiesen wurde. Von Montag bis Freitag wurden am Vormittag und am Nachmittag insgesamt zwei Stunden Reitunterricht sowie am Mittag und am Abend theoretischer Unterricht erteilt. Das tägliche Abendprogramm umfasste zudem eine "Spielstunde". Die Betreuung der Kinder erfolgte durch eine sozialpädagogische Assistentin, die für das gesamte Rahmenprogramm außerhalb des Reitunterrichts einschließlich der Theoriestunden verantwortlich war und den Kindern den richtigen Umgang mit Ponys und Pferden vermittelte. Von den Kursteilnehmern nahmen in den Streitjahren ca. 30 bis 40 % an den Prüfungen für ein sog. Motivationsabzeichen teil, die am Samstagvormittag von A und dem Kläger abgenommen wurden.

Die Kurse der Großen Pferdegruppe waren auf eine oder zwei Wochen angelegt und auf das Ablegen von Leistungsabzeichen ausgerichtet. In den Streitjahren wurden von den Teilnehmern überwiegend zweiwöchige Kurse gebucht. Die Teilnehmer der Großen Pferdegruppe verfügten über reiterliche Erfahrung und hatten bereits Reitabzeichen in Form von Motivationsabzeichen und teilweise auch Leistungsabzeichen erworben. Im Rahmen der Großen Pferdegruppe wurden zwei Stunden Reitunterricht pro Tag erteilt, der am Vormittag Springen und am Nachmittag Dressur umfasste. Am Mittag wurde theoretischer Unterricht sowie an drei Abenden in der Woche Theorieunterricht zu Spezialwissen erteilt. Die Teilnehmer konnten eigene Pferde mitbringen. Im Rahmen der Großen Pferdegruppe ...

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