Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung einer Ansparabschreibung nach § 7g EStG für den Betrieb einer Windkraftanlage. vorläufige Vollstreckbarkeit finanzgerichtlicher Kostenentscheidung. Einkommensteuer 1997 und 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Betreibt eine natürliche Person eine Windkraftanlage und ist sie zusätzlich als Handelsvertreter für Baustoffe tätig, stellen beide Tätigkeiten einen einheitlichen Gewerbebetrieb dar, wenn sie von den selben Räumlichkeiten aus ausgeübt, gemeinsam Betriebsmittel eingekauft werden, derselbe Telefonanschluss verwandt und eine Sekretärin in beiden Bereichen eingesetzt wird sowie beide Tätigkeiten über ein gemeinsames Konto abgewickelt werden und für beide Tätigkeiten eine gemeinsame Gewinn- und Verlustrechnung gefertigt wird.

2. Bei einem obsiegenden finanzgerichtlichen Urteil handelt es sich um ein solches i.S.d. § 708 Nr. 10 ZPO. Dies gilt auch nach der Neufassung dieser Vorschrift, wonach Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 3 S. 3 Nr. 2; FGO § 151 Abs. 3, § 155; ZPO § 708 Nr. 10

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen X R 16/05)

BFH (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen X R 16/05)

 

Tenor

1. Die Einkommensteuerbescheide für 1997 und 1998 vom 18. Dezember 2000 und der diesbezügliche Teil der Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2002 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist für den Kläger im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden erstattungsfähigen Kosten des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Ansparabschreibung gemäß § 7g Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Kläger plante bereits im Jahr 1995 die Errichtung einer Windkraftanlage. Zu diesem Zweck gab er am 19. September 1995 ein Standortgutachten zur Bewertung des Windaufkommens in S. in Auftrag und meldete am 20. Oktober 1995 ein entsprechendes Gewerbe an. Seither bemüht er sich um den Ausweis der für die Windkraftanlage benötigte Fläche im Flächennutzungsplan der Gemeinde.

Am 26. Januar 1996 meldete der Kläger unter derselben Anschrift, unter der er auch den Betrieb einer Windkraftanlage angemeldet hatte, zusätzlich die Tätigkeit als Händler und Handelsvertreter für Baustoffe an. Aus dieser Tätigkeit erzielte der Kläger im Jahr 1997 einen Gewinn in Höhe von 292.119 DM und im Jahr 1998 in Höhe von 349.587 DM.

Bezüglich des Jahres 1998 bildete der Kläger für die geplante Investitionen in die Windkraftanlage eine Ansparrücklage in Höhe von 600.000 DM. In seiner Einkommensteuererklärung für 1998 wies er daher einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 250.413 DM sowie weitere – hier nicht streitige – Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 889 DM aus. Ferner beantragte er, den Verlust in Höhe von 192.046 DM nach 1997 zurückzutragen. Der Beklagte gewährte zunächst die Ansparrücklage und erließ am 26. Oktober 1999 erklärungsgemäße, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide zur Einkommensteuer 1997 und 1998. In der Folgezeit gelangte der Beklagte jedoch zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Ansparrücklage nicht vorlägen. Er war der Ansicht, dass der Betrieb der Windkraftanlage und die Tätigkeit als Händler und Handelsvertreter für Baustoffe zwei Gewerbebetriebe darstellten und hinsichtlich des Betriebs der Windkraftanlage im Jahr 1998 noch keine Betriebseröffnung erfolgt sei. Dementsprechend änderte er mit Bescheiden vom 18. Dezember 2000 die Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 und setzte für 1997 eine um 81.540 DM und für 1998 eine um 141.035 DM höhere Einkommensteuer fest.

Nachdem der Beklagte die gegen diese Bescheide am 20. Dezember 2000 eingelegten Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2002 als unbegründet zurückgewiesen hatte, hat der Kläger am 01. Juli 2002 Klage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Ansparrücklage vorliegen.

Zum einen stelle der Betrieb der Windkraftanlage und der Baustoffhandel einen einheitlichen Gewerbebetrieb dar. Dies sei sowohl bei Zugrundelegung der einkommensteuerrechtlichen als auch der gewerbesteuerrechtlichen Definition der Fall. Es habe zwischen den beiden Tätigkeiten ein finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Zusammenhang bestanden. Ein finanzieller Zusammenhang ergebe sich zum einen aus dem Umstand, dass für beide Tätigkeiten eine gemeinsame Gewinn- und Verlustrechnung gefertigt werde. Zum anderen erfolge die Abwicklung beider Tätigkeiten über ein gemeinsames Konto. Der wirtschaftliche Zusammenhang ergebe sich daraus, dass beide Tätigkeiten unter derselben An...

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