Leitsatz (amtlich)

Ein von einem sexuellen in ein freundschaftliches gewandeltes Verhältnis zwischen zwei Erwachsenen schließt das gleichzeitige Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen ihnen aus, selbst wenn umfangreiche freundschaftliche Unterstützungshandlungen erbracht wurden.

 

Normenkette

BGB § 1767

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 18.08.2005; Aktenzeichen 60 T 595/05)

AG Landshut (Aktenzeichen XVI 0029/04)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des LG Landshut vom 18.8.2005 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert wird für den zweiten und dritten Rechtszug auf 100.000 EUR festgesetzt; Ziff. II des Beschlusses des LG Landshut vom 18.8.2005 wird entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I. Mit notarieller Urkunde vom 1.10.2004 (Eingang bei Gericht am 6.10.2004) beantragten der Beteiligte und Herr K., die Annahme des Beteiligten als Kind des Herrn K. auszusprechen. Herr K. ist am 6.10.2004 im Alter von 63 Jahren nach längerer Erkrankung verstorben. Der 38 Jahre alte Beteiligte war ihm während einer 20 Jahre dauernden Freundschaft verbunden. In dem Adoptionsantrag ist angegeben, dass der Beteiligte und Herr K. längere Zeit in Lebenspartnerschaft gelebt hätten, diese habe sich jedoch schon seit einiger Zeit in ein Vater-Sohn-Verhältnis gewandelt. Der Beteiligte ist mit 17 Jahren (ca. 1984/1985) wegen familiärer Schwierigkeiten zu Herrn K. gezogen. Seit dem Auszug des Beteiligten aus der Wohnung des Herrn K. im Jahr 1991 hat zwischen ihnen keine sexuelle Beziehung mehr bestanden, danach ein freundschaftliches Verhältnis. Im Jahr 2004 ist der Beteiligte wieder zu Herrn K. wegen dessen zunehmender Hilfsbedürftigkeit gezogen und hat ihm geschäftlich und privat geholfen.

Mit notariellem Testament vom 1.10.2004 setzte Herr K. den Beteiligten als Alleinerben ein.

Das AG - VormG - wies mit Beschl. v. 11.1.2005 die Adoptionsanträge zurück. Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte Beschwerde ein. Das LG wies dieses Rechtsmittel mit Beschl. v. 18.8.2005 zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten.

II. Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Voraussetzungen für die Annahme als Kind liegen nicht vor, da diese Annahme sittlich nicht gerechtfertigt sei. Es habe zwischen dem Beteiligten und Herrn K. in der Vergangenheit kein Eltern-Kind-Verhältnis bestanden. Zwar habe der Beteiligte Herrn K., insb. in dessen letzten Lebenswochen, mit der Leistung privater Dienste in einem Umfang beigestanden, der über rein freundschaftliche Dienste hinausginge. Jedoch sei aufgrund der Angaben des Beteiligten von seiner mehrjährigen homosexuellen Partnerschaft mit dem Annehmenden auszugehen, die nach einer Kernphase von bis zu zwei Jahren in gelockerter Form bis 1991 fortbestand. Selbst wenn sich diese Beziehung zwischen den Betroffenen von einer sexuellen Beziehung wegentwickelt haben mag, präge doch diese Beziehung in einer Weise, die der Annahme eines Eltern-Kind-Verhältnisses entgegenstünde, selbst wenn die geschlechtliche Beziehung beendet sei.

2. Die Entscheidung des LG ist nicht zu beanstanden.

a) Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der Ausspruch der Annahme des Beteiligten als Kind im vorliegenden Fall auch nach dem Tod des Herrn K. grundsätzlich möglich wäre. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen vor (§ 1767 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. 1753 Abs. 2 BGB).

b) Gemäß § 1767 Abs. 1 Halbs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Eine solche sittliche Rechtfertigung ist insb. dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 Halbs. 2 BGB). Ob ggf. das Entstehen einer solchen Beziehung in Zukunft zu erwarten ist, hatte das LG wegen des Todes des Herrn K. aus tatsächlichen Gründen nicht zu prüfen (BayObLG v. 24.7.2002, BayobLGZ 2002, 243 [245]). Die Anforderungen, die an das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu stellen sind, sind im Rahmen der Erwachsenenadoption andere als bei der Minderjährigenadoption. Das Eltern-Kind-Verhältnis unter Erwachsenen wird wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand geprägt, wie ihn sich leibliche Eltern und Kinder typischerweise leisten (BayObLGZ 2002, 243 [246]; BayObLG v. 5.5.1980 - BReg.1 Z 9/80, FamRZ 1980, 1158 [1159]). Für die Dauerhaftigkeit der "Beistandsgemeinschaft" spricht insb., wenn der volljährige Anzunehmende bereits als Minderjähriger im Haushalt des Annehmenden gelebt und von diesem die für eine Eltern-Kind-Verhältnis prägende Zuwendung erfahren hat (BayObLGZ 2002, 243 [246]). Da das Eltern-Kind-Verhältnis ein soziales Familienband ist, das seinem Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen ähnelt, stehen geschlechtliche Beziehungen zwischen den Beteiligten der Bejahung eines Eltern-Kind-Verhältnisses entgegen (Staudi...

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