Leitsatz (amtlich)

Zur ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) einer Scheidungsfolgenvereinbarung im Zusammenhang mit einer durch den Abschluss einer Rentenversicherung gesicherten Darlehensverbindlichkeit.

 

Verfahrensgang

AG Dorsten (Beschluss vom 23.08.2017; Aktenzeichen 13 F 282/16)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird als unzulässig verworfen.

2. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 23.08.2017 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dorsten (Az. 13 F 282/16) unter Zurückweisung des weitergehenden Beschwerdebegehrens teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.339,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.06.2016 zu zahlen.

Auf den Widerantrag der Antragsgegnerin wird der Antragsteller verpflichtet, an sie 13.493,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2017 zu zahlen.

Der weitergehende Antrag der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsteller 10 % und die Antragsgegnerin 90 %. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller zu 2/3 und der Antragsgegnerin zu 1/3 auferlegt.

4. Der Gegenstandswert für das Verfahren erster Instanz wird wie folgt festgesetzt:

  • für die Zeit bis zum 25.03.2017 auf 555.892,10 EUR,
  • für die Zeit bis zum 23.08.2017 auf bis zu 50.000,00 EUR, wobei hiervon 24.195,30 EUR auf den Widerantrag entfallen und
  • für die Zeit danach auf bis zu 35.000,00 EUR, wobei hiervon wiederum 24.195,30 EUR auf den Widerantrag entfallen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 41.028,12 EUR. Hiervon entfallen 30.326,52 EUR auf die Beschwerde des Antragstellers und 10.701,60 EUR auf die Beschwerde der Antragsgegnerin.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um wechselseitige Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Entlassung des Antragstellers aus der gesamtschuldnerischen Haftung für mehrere Immobiliendarlehen sowie einer zu deren Absicherung abgeschlossenen privaten Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht.

Der am 28.02.1955 geborene Antragsteller war lange Jahre als Rechtsanwalt und Notar in E tätig. Aktuell hält er sich dauerhaft in Q auf. Die Beteiligten heirateten am 01.06.1989 und leben seit April 2010 voneinander getrennt. Der Scheidungsantrag ist am 24.05.2011 zugestellt worden.

Am 21.03.2012 schlossen die Beteiligten eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung, auf die wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird. Sie vereinbarten u. a. Gütertrennung, schlossen die Durchführung des Versorgungsausgleichs aus und verzichteten wechselseitig auf Zugewinnausgleich sowie nachehelichen Unterhalt. Darüber hinaus verpflichtete sich die Antragsgegnerin, in deren Alleineigentum u. a. die vier Grundbesitzungen "B x0", "P x3", "X x6" und "X1 x" in E stehen, den Antragsteller von der gesamtschuldnerischen Haftung für insgesamt acht Darlehen der E1 Lebensversicherung (Nrn. xxx37 09, -17, -25, -33, -41, -50, -68 und -76) mit einer geschätzten Restvaluta von seinerzeit 670.000,00 EUR und einer Zinsbindung bis zum 30.04.2016 gegenüber der kreditgebenden Bank freizustellen. Zu deren Sicherung diente neben den vorgenannten Immobilien hinsichtlich der beiden Darlehen mit den Nrn. xxx37 09 und -25 auch eine seitens des Antragsstellers bei der E1 Lebensversicherung abgeschlossene und an diese verpfändete Rentenversicherung, deren Rückkaufswert sich - jeweils einschließlich Überschussbeteiligungen - zum 01.04.2012 auf 30.166,94 EUR und zum 01.07.2016 auf 58.752,25 EUR, belief. Letztlich vereinbarten die Beteiligten, dass alle gegenwärtigen wechselseitigen Ansprüche, gleich ob fällig oder nicht, berechtigt oder vermeintlich und gleich aus welchem Rechtsgrund, mit der notariellen Urkunde ihr endgültiges Ende gefunden haben und endgültig erledigt sein sollten. Seit dem Jahr 2012 sind die Beteiligten rechtskräftig geschieden.

Dem vorliegenden Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Hinblick auf das Ende der Zinsbindung der vorgenannten Darlehen übersandte die E1 den Beteiligten im Mai 2016 Verlängerungsangebote, wobei sie weiterhin eine Mithaftung des Antragstellers verlangte und außerdem die weitere Verpfändung seiner Rentenversicherung voraussetzte. Eine - grundsätzlich von beiden Beteiligten angestrebte - Entlassung des Antragstellers aus der gesamtschuldnerischen Haftung auch im Außenverhältnis zur E1 kam zunächst nicht zustande, weshalb letztere dem Antragsteller mit Schreiben vom 31.05.2016 eine Frist von 14 Tagen zur Rückführung der Darlehen oder zum Neuabschluss einer Zinsvereinbarung setzte und zugleich die Verwertung der Sicherheiten androhte. Mit Schreiben vom 07.06.2016 sowie anwaltlichem Schreiben seines jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 16.06.2016 forderte der Antragssteller daraufhin die Antragsgegnerin auf, für seine Entlassung ...

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