Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Aufklärungspflicht eines Geschäftsführers über Risiko der Inanspruchnahme aus § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. durch Steuerberater

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Steuerberater ist nicht verpflichtet, seinen als Geschäftsführer der GmbH X tätigen Mandanten auf das Risiko einer persönlichen Haftung aus § 64 Abs. 2 GmbHG hinzuweisen, wenn er der GmbH Y einen steuerlichen Ratschlag für eine Zahlung an die GmbH X erteilt, mit deren Hilfe die GmbH X in der Krise ein Darlehen an eine Dritte (hier: die Tochter des Geschäftsführers) zurückzahlt und der Steuerberater von beiden Gesellschaften ebenfalls mandatiert ist.

 

Normenkette

GmbHG § 64 Abs. 2; BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Bückeburg (Entscheidung vom 21.02.2012)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens je zu ½ zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger nehmen den Beklagten wegen der Verletzung seiner Pflichten als Steuerberater auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger zu 1 war Geschäftsführer der H. GmbH (zukünftig: H.); der Kläger zu 2 war deren faktischer Geschäftsführer. Alleinige Gesellschafterin der H. war die H. mbH (zukünftig: H. Handel). Deren Gesellschafterin war die Ehefrau des Klägers zu 2. Die seinerzeit 19jährige Tochter des Klägers zu 2 (und Enkeltochter des Klägers zu 1) gewährte der H. im Jahr 2003 Darlehen in Höhe von insgesamt 40.000 €, weil es dort nach Angaben ihres Vaters verzinst würde. Diese Summe hatte sie aus Zuwendungen ihrer Großeltern gespart. Die Darlehen wurden im Jahr 2004 gekündigt. Nach einem Gespräch zwischen dem Kläger zu 2 und dem Beklagten, dessen Inhalt streitig ist, kam es am 20. März 2006 zu einer Überweisung der H. an die H. Handel in Höhe von 35.000 €. Der Verwendungszweck der Zahlung lautete nach dem Kontoauszug "Darlehen". Kurz darauf, spätestens am 31. März 2006 zahlte die H. an die Tochter des Klägers zu 2 einen Betrag in Höhe von 40.538,30 € (Rückzahlung des Darlehens zzgl. Zinsen).

Die H. war bereits im Jahr 2004 überschuldet. Die nicht durch Eigenkapital gedeckten Forderungen gegenüber der Gesellschaft betrugen etwas über 100.000 €. Im Jahr 2006 bestanden - gestundete - Forderungen einer Einkaufsgesellschaft in Höhe von über 500.000 €.

Zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt, aber wohl zwischen dem 31. März und 31. August 2006 begann das Liquidationsverfahren über die H. Diese stellte zum 31. August 2006 den Geschäftsbetrieb ein. Aufgrund der Forderung eines Sozialversicherungsträgers in Höhe von 5.000 € stellten die Kläger für die H. Ende 2007 einen Insolvenzantrag. Die H. war nicht in der Lage, die ausstehende Forderung des Sozialversicherungsträgers aus eigenen Mitteln zu zahlen. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH i. L. wurde am 10. Januar 2008 eröffnet.

Der Insolvenzverwalter erstritt vor dem Landgericht Hildesheim ein Urteil gegen die hiesigen Kläger, mit dem diese gem. § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. zur Zahlung von 40.538,30 € (entsprechend dem Darlehensrückzahlungsbetrag incl. Zinsen) verurteilt worden. Mit der Klage machen die Kläger den Betrag der titulierten Forderung, Zinsen auf die Hauptforderung in Höhe von 6.870,36 €, Forderung aus Kosten aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss in Höhe von 3.736 €, Zinsen hieraus in Höhe von 26,75 € sowie die eigenen Rechtsanwaltskosten des Vorprozesses in Höhe von 3.413,16 € gegenüber dem Beklagten als Schadensersatz geltend.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Prozessbevollmächtigten des Klägers als Zeugen und der Anhörung des Beklagten mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe zum Zeitpunkt seiner Empfehlung, das Geld von der H. Handel an die H. zwecks Rückzahlung des Darlehns an die Tochter zu zahlen, nicht vorhersehen können, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet werden würde; dies habe angesichts des dem Beklagten bekannten Liquidationsverfahrens nicht zur Debatte gestanden. Allerdings habe der Beklagte gewusst, dass die H. Liquiditätsprobleme hatte und es um die Rückzahlung des Darlehens von der H. an die Tochter des Klägers zu 2 ging.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, im Wesentlichen mit dem Argument, der Beklagte habe zum Zeitpunkt seiner Empfehlung die Kläger auf die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens und die Problematik des § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. hinweisen müssen.

Die Kläger stellen den Antrag,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 54.584,57 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten...

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