Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldes für Sohn H. für August bis Oktober 1996

 

Tenor

Der Einspruchsbescheid vom 15. September 1998 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe der an den Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, sofern der Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Anspruch des Klägers (Kl.) auf rückwirkende Zahlung des Kindergeldes für seinen Sohn H. gem. § 66 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Streitjahres auf 6 Monate begrenzt ist.

Der Sohn H. des Kl. ist am 10. August 1974 geboren und lebt in seinem Haushalt. Für ihn erhielt der Kl. nach bis dahin geltendem Recht Kindergeld zunächst bis August 1993. Streitig ist die Höhe des Kindergeldes für 1996. Im Januar 1996 beendete der Sohn seinen Grundwehrdienst. Anschließend war er – damals schon 21 Jahre alt – bis einschließlich März arbeitslos. In der Folgezeit absolvierte er für die Dauer von 2 Monaten ein Praktikum in einer Kfz-Vertretung. Mit Wirkung zum 1. August 1996 begann er in dieser Kfz-Vertretung eine Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27. Mai 1997 beantragte der Kl. Kindergeld unter Hinweis auf die Ausbildung seines Sohnes rückwirkend ab 1. August 1996. Hinsichtlich der Frist des § 66 Abs. 3 EStG beantragte er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Erst durch einen Hinweis seines steuerlichen Beraters habe er überhaupt davon Kenntnis erlangt, dass ihm mit Aufnahme der Berufsausbildung seines Sohnes ein Kindergeldanspruch erwachsen sei. Im Übrigen werde in der steuerrechtlichen Fachliteratur die Verfassungsmäßigkeit der Frist des § 66 Abs. 3 EStG bezweifelt.

Der Antrag des Kl. hatte nur teilweise Erfolg. Mit Bescheid vom 14. Juli 1997 bewilligte der Beklagte (Bekl.) Kindergeld in Höhe von monatlich 200 DM, jedoch erst ab November 1996. Gegen die Versagung des Kindergeldes für die Monate August bis Oktober 1996 legte der Kl. Einspruch ein und begründete ihn mit verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Gesetzesfassung des § 66 Abs. 3 EStG. Wegen dieser Zweifel sei bereits in anderer Sache eine Klage beim Niedersächsischen Finanzgericht anhängig. Bis zur Entscheidung jener Klage bat er um ein Ruhen des Verfahrens. Dieser Bitte entsprach der Bekl. Mit Schreiben vom 5. August 1997 stimmte er einem – wie es heißt – Ruhen des Verfahrens gem. § 363 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) zu. Das Schreiben endet mit dem Satz: „Ich gehe ferner davon aus, dass Sie zu gegebener Zeit auch in dieser Sache wieder an mich herantreten,” Auf den Bescheid des Bekl. Bl. 46 der Kindergeldakten wird Bezug genommen. In der Folgezeit setzte der Bekl. das Kindergeld für 1998 mit weiterem Bescheid vom 27. Januar 1998 auf monatlich 220 DM herauf. Auch dagegen legte der Kl, Einspruch ein. Auch dieses Einspruchsverfahren ruhte in beidseitigem Einverständnis. Während das Einspruchsverfahren wegen der Höhe des Kindergeldes für 1998 weiterhin ruhte, nahm der Bekl. wegen der Versagung des Kindergeldes für die Monate August bis Oktober 1996 das Verfahren wieder auf und erließ unter dem 15. September 1998 eine ablehnende Einspruchsentscheidung. Einen vorherigen Hinweis über die Wiederaufnahme des Verfahrens gab der Bekl. nicht.

Mit seiner Klage gegen die Einspruchsentscheidung vertritt der Kl. weiterhin seine Rechtsansicht, dass die rückwirkende Gewährung von Kindergeld für nur 6 Monate rechtswidrig sei. Er verweist dazu u.a. auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 27. November 1997 15-K-3969/97 KG, EFG 1998, 375, das inzwischen im Revisionsverfahren anhängig sei. Im Übrigen rügt er die Wiederaufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Bekl. Da wegen der Tragweite der Frist des § 66 Abs. 3 EStG ein Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) annhängig sei, sei der Bekl. verpflichtet gewesen, das Einspruchsverfahren gem. § 363 Abs. 2 AO weiterhin ruhen zu lassen. Gegen diese Pflicht habe der Bekl. mit seiner Einspruchsentscheidung verstoßen und es dabei auch noch versäumt, ihm – dem Kl. – zuvor rechtliches Gehör zu gewähren.

Der Kl. beantragt deshalb u.a.,

den Einspruchsbescheid vom 15. September 1998 – isoliert – aufzuheben.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält zunächst an seiner Auffassung fest, dass die 6-Monatsfrist des § 66 Abs. 3 EStG bindend sei. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des FG Düsseldorf über die Bedeutung der Frist folgen wollte, komme im Streitfall keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, weil der Kl. die Frist schuldhaft versäumt habe. Die Unkenntnis über die Frist könne den Kl. nicht exkulpieren. Im übrigen liege kein Grund vor, das Einspruchsverfahren weiterhin ruhen zu lassen. Die Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens sei jederzeit widerruflich.

Wegen des Vertrags der Parteien im Übrigen wird auf d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge