Leitsatz

1. Sagt der Schenker dem Bedachten den für den Kauf eines bestimmten Grundstücks vorgesehenen Geldbetrag vor dem Erwerb des Grundstücks zu und stellt er ihm den Betrag bis zur Tilgung der Kaufpreisschuld zur Verfügung, liegt eine mittelbare Grundstücksschenkung auch dann vor, wenn der Bedachte bereits vor der Überlassung des Gelds Eigentümer des Grundstücks geworden war (Änderung der Rechtsprechung).

2. Ein Grundstück kann aufgrund entsprechender Abreden auch dadurch (mittelbar) geschenkt werden, dass der Schenker dem Bedachten einen ihm zustehenden Anspruch auf Übereignung des Grundstücks unentgeltlich abtritt oder ihm die Mittel für den Erwerb eines solchen Anspruchs gewährt.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG , § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb aufgrund eines Vertrags vom Oktober 1991 zusammen mit weiteren Personen in Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Grundstück. Das Eigentum an dem Grundstück ging im Dezember 1992 auf die Gesamthänder über. Im März 1993 übergab der Ehemann der Klägerin dieser schenkweise den Geldbetrag, der zur noch ausstehenden Zahlung des auf sie entfallenden Kaufpreisanteils erforderlich war. Die Klägerin behauptete, der Ehemann habe ihr die Übergabe des Gelds bereits vor Abschluss des Kaufvertrags zugesagt.

FA und FG verneinten eine mittelbare Grundstücksschenkung, ohne der Behauptung von der frühzeitigen Geldzusage nachzugehen.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Sache auf die Revision der Klägerin an das FG zurück, um die Feststellung nachzuholen, ob die behauptete Zusage gegeben worden ist. Sollte sich eine derartige frühzeitige Zusage nachweisen lassen, stünde der Annahme einer mittelbaren Grundstücksschenkung nicht entgegen, dass das Grundstückseigentum bereits vor der Geldübergabe auf die Gesamthänder übergegangen war. Die Zusage bedürfe nicht der Form des § 518 Abs. 1 BGB, müsse aber nachweisbar sein.

 

Hinweis

In der Hingabe von Geld kann eine Grundstücksschenkung liegen. Für derartige mittelbare Grundstücksschenkungen ist kennzeichnend, dass der Beschenkte im Innenverhältnis zum Schenker nicht über das ihm übergebene Geld, sondern (erst) über das Grundstück frei verfügen kann. Hinsichtlich der zeitlichen Abfolge einer mittelbaren Grundstücksschenkung ist erforderlich, dass der Schenker dem Bedachten den für den Grundstückskauf bestimmten Geldbetrag bis zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs – dies wird zumeist der Abschluss eines notariellen Kaufvertrags sein – oder bis zum Beginn einer Baumaßnahme zusagt (so R 16 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2003) und spätestens bis zur Tilgung der Kaufpreisschuld zur Verfügung stellt.

Werden die Geldmittel erst nach dem Erwerb des Grundstücks zugesagt oder erhält sie der Bedachte erst nach der Zahlung des Kaufpreises, scheidet eine mittelbare Grundstücksschenkung aus. Vielmehr stellt sich die Vermögensmehrung beim Bedachten dann im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung als Geldzuwendung dar. Daher scheidet eine mittelbare Grundstücksschenkung beispielsweise dann aus, wenn der Grundstückserwerber den Kaufpreis zunächst mit Fremdmitteln zahlt und der Schenker anschließend die Mittel zur Darlehenstilgung zur Verfügung stellt.

Soweit dem BFH-Urteil vom 9.11.1994, II R 87/92 (BStBl II 1995, 83) die Auffassung zugrunde liegt, für die Bestimmung des Schenkungsgegenstands sei nicht der Zeitpunkt des Versprechens der Zuwendung, sondern der Zeitpunkt der Zuwendung selbst entscheidend, hält der BFH daran nicht mehr fest. Daher treffen auch die Ausführungen zur mittelbaren Grundstücksschenkung in dem eben erst nicht amtlich veröffentlichten BFH-Urteil vom 1.6.2004, IX R 61/03 (BFH/NV 2005, 27), das zu § 10e EStG ergangen ist, nicht mehr zu.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.11.2004, II R 44/02

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