Rn. 5

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Der sachliche Anwendungsbereich der Lizenzschranke erfordert ferner, dass die Aufwendungen für die Rechteüberlassung auf Ebene des Vergütungsgläubigers von einer "Präferenzregelung" profitieren. Die in § 4j Abs 1 S 1 EStG enthaltene Legaldefinition dieses Rechtsbegriffs nimmt Bezug auf "Einnahmen", die

Zitat

"einer von der Regelbesteuerung abweichenden, niedrigen Besteuerung nach Absatz 2 unterliegen".

Für die Frage nach dem Vorliegen einer Präferenzregelung ist demnach zu differenzieren.

  • Zum einen bedarf es einer Präferenzregelung ieS, wonach die Besteuerung der Einnahmen von der Regelbesteuerung abzuweichen hat.
  • Zum anderen muss eine niedrige Besteuerung der Einnahmen iSd § 4j Abs 2 EStG gegeben sein (kleiner 25 %).

Diese beiden Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ erfüllt sein, damit eine Präferenzregelung (iwS) vorliegt. In der Praxis ist das Vorliegen einer Präferenzregelung ieS das entscheidende Prüfkriterium, da eine begünstigte Besteuerung von 25 % oder höher – wenn überhaupt – nur in sehr seltenen Ausnahmefällen auftritt.

Was genau unter einer Präferenzregelung ieS zu verstehen ist, wird weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung (Gesetzentwurf der Bundesregierung v 27.01.2017, BR-Drucks 59/17) eindeutig geklärt. Das Abstellen auf eine Abweichung von der Regelbesteuerung ist insb mangels Definition der Regelbesteuerung als Referenzmaßstab nur begrenzt hilfreich. Dem Wortlaut nach könnten etwa sämtliche (steuerlichen) Gesetzesnormen als Regelbesteuerung verstanden werden. Demnach griffe die Lizenzschranke nur, falls eine nicht mit den Gesetzesvorschriften konforme Besteuerung erfolgt. Eine solch enge Wortlautauslegung ist insb vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks der Norm des § 4j EStG mE abzulehnen. Dem reinen Wortlaut nach wäre auch die Richtung der Abweichung von der Regelbesteuerung unerheblich, sodass auch der – wenn auch praktisch irrelevante – Fall einer relativ höheren Besteuerung von Lizenzeinnahmen schädlich wäre (s Loose, RIW 2017, 656).

Unstreitig liegt keine Präferenzregelung ieS vor, und dies bereits nach dem klaren Wortlaut von § 4j EStG, wenn sämtliche Einkünfte einer niedrigen Besteuerung unterliegen oder gar nicht besteuert werden.

Die Gesetzesbegründung führt explizit IP-Boxen, Patentboxen und Lizenzboxen als schädliche Strukturen an, die von der Lizenzschranke getroffen werden sollen.

 

Beispiel 1:

Eine in Deutschland ansässige GmbH hat einen in einem ausländischen Staat ansässigen 100 %igen Anteilseigner. Das Steuersystem des Ansässigkeitsstaats des ausländischen Anteilseigners weist einen körperschaftsteuerlichen Regelsteuersatz von 25 % auf, nur für Lizenzeinkünfte greift jedoch ein niedrigerer Steuersatz iHv 15 %.

Nach dem Sinn und Zweck der Lizenzschranke sollte nur in Bsp 1 vergleichbaren Fällen eine Präferenzregelung ieS vorliegen. Denn ausschließlich Lizenzeinnahmen profitieren von einer relativ niedrigeren Besteuerung. Genau solchen Steuersystemen will Deutschland mittels der Lizenzschranke die Anreizwirkung entziehen; unerheblich sollte insofern sein, ob die vorteilhafte Besteuerung auf Ebene der Bemessungsgrundlage (zB durch eine partielle Steuerbefreiung der Einnahmen) anstatt auf Ebene des Steuertarifs ansetzt.

Sofern auch nicht IP-bezogene Einkünfte begünstigt werden (zB infolge einer generellen Exportvergünstigung für sämtliche Einkünfte), ist mE eine – ggf erneut abweichend vom Wortlaut – am Telos der Norm orientierte sachgerechte enge Auslegung vorzunehmen. Sofern keine exklusive Begünstigung nur von Lizenzeinkünften vorliegt, wäre die Vorschrift des § 4j EStG demnach bereits mangels einer Präferenzregelung ieS tatbestandsseitig nicht erfüllt. Der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Wille einer Fokussierung auf IP-, Lizenz- und Patentboxen (aA Richter/John, ISR 2018, 113) sollte durch eine entsprechende Anpassung des gegenwärtig nicht eindeutigen Gesetzeswortlauts klargestellt werden.

Nach Ansicht der FinVerw (BMF v 05.01.2022, BStBl I 2022, 100) ist der Begriff der Präferenzregelung hingegen weit auszulegen. Die tatsächliche Besteuerung der Einnahmen aus der Rechteüberlassung ist mit der Regelbesteuerung anderer Einkünfte in demselben Staat zu vergleichen, wobei eine Präferenzregelung nicht ausschließlich für Einnahmen aus Rechteüberlassungen gelten muss. Präferenzregelungen sind demnach nicht auf sog IP-Regime wie zB Lizenzboxen, IP-Boxen oder Patentboxen beschränkt. Der Anknüpfungspunkt einer präferenziellen Besteuerung muss demnach nicht das Erzielen einer bestimmten Einkunftsart sein. Es müssen jedoch zumindest auch die Einnahmen aus Rechteüberlassungen von der Präferenzregelung erfasst werden. Auch Einzelabsprachen zwischen StPfl und FinVerw ("Tax Rulings") sollen die Voraussetzungen einer Präferenzregelung erfüllen können.

Aufgrund der expliziten Bezugnahme auf Einnahmen sollten Vergünstigungen auf der Ausgabenseite (zB schnellere Abschreibungsmöglichkeiten oder steuerliche Forschungsprämien, die an die tatsächlichen A...

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