Rn. 99

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Der Entleiher haftet nach § 42d Abs 6 EStG wie der Verleiher (ArbG), jedoch beschränkt auf die LSt für die Zeit, für die ihm der Leih-ArbN überlassen worden ist. Die Haftung des Entleihers richtet sich daher nach denselben Grundsätzen wie die Haftung des ArbG. Sie ist akzessorisch und scheidet somit aus, wenn der Verleiher als ArbG nicht haften würde (Eisgruber in Kirchhof/Seer, § 42d EStG Rz 58, 20. Aufl; R 42d.2 Abs 2 S 3 LStR 2015). Damit entfällt eine Haftung des Entleihers in den Fällen des § 40 Abs 3 EStG.

Die Haftung des Entleihers kommt nur bei einer ArbN-Überlassung nach § 1 AÜG in Betracht, wenn sie durch eine natürliche oder juristische Person erfolgt, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Auf die Gewerbsmäßigkeit der ArbN-Überlassung iSd des Gewerberechts kommt es für die Erlaubnispflicht der ArbN-Überlassung nicht mehr an (BR-Drucks 302/12, 91). Diese Neuregelung durch das AmtshilfeRLUmsG v 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809) gilt mit Wirkung vom 01.01.2013.

Für die Zeiträume davor gilt, dass eine Inanspruchnahme nur bei gewerbsmäßiger ArbN-Überlassung nach § 1 AÜG in Betracht kommt. Gewerbsmäßig ist die ArbN-Überlassung immer dann, wenn der Verleiher ArbN nicht nur gelegentlich von Fall zu Fall zur Arbeitsleistung in einem fremden Betrieb abstellt, sondern dies auf Dauer betreibt und damit wirtschaftliche Vorteile erzielen will (gewerberechtliche Gewerbsmäßigkeit – s insoweit noch R 42d.2 Abs 2 S 4–9 LStR 2011; BT-Drucks 10/4119; BAG, AuR 1984, 349). Bereits die erste ArbN-Überlassung kann gewerbsmäßig sein, wenn der Verleiher in der Absicht handelt, bei nächster Gelegenheit wiederum ArbN zu überlassen, um sich eine Einnahmequelle zu verschaffen.

Bei folgenden Sachverhalten kommt danach bzw aufgrund arbeitsrechtlicher Regelungen eine Entleiherhaftung nicht in Betracht:

  • wenn ArbN in andere Betriebsstätten ihres ArbG entsandt werden (R 42d.2 Abs 2 S 7 LStR 2013). Hier fehlt es an der Überlassung an einen Dritten;
  • wenn ArbN zu Arbeitsgemeinschaften freigestellt werden (R 42d.2 Abs 2 S 7 LStR 2013);
  • bei gelegentlicher Überlassung von ArbN zwischen zwei selbstständigen Betrieben desselben Wirtschaftszweiges zur Deckung kurzfristigen Personalbedarfs (R 42d.2 Abs 2 S 7 LStR 2013);
  • wenn ArbN zu Arbeitsgemeinschaften abgeordnet werden, die mit anderen Unternehmen zur Herstellung eines Werks gebildet werden. Voraussetzung ist, dass der ArbG Mitglied der Arbeitsgemeinschaft (Arge) ist, für alle Mitglieder Tarifverträge desselben Wirtschaftszweigs gelten und alle Mitglieder selbstständige Vertragsleistungen zu erbringen haben (§ 1 Abs 1 S 2 AÜG; R 42d.2 Abs 2 S 7 LStR 2013);
  • wenn zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen ArbN von ArbG desselben Wirtschaftszweigs überlassen werden und wenn ein für Entleiher oder Verleiher geltender Tarifvertrag dies vorsieht. Diese Fälle sind sowohl von der Erlaubnispflicht (vgl § 1 Abs 3 Nr 1 AÜG) als auch von der Entleiherhaftung (vgl § 42d Abs 6 S 1 EStG) ausgenommen;
  • wenn innerhalb eines Konzerns iSd § 18 AktG ein ArbN des einen Konzernunternehmens vorübergehend bei einem anderen Konzernunternehmen tätig wird, § 1 Abs 3 Nr 2 AÜG iVm § 42d Abs 6 S 1 EStG;
  • wenn das Überlassen von ArbN als Nebenleistung anzusehen ist (s R 42d.2 Abs 2 S 5 LStR 2015), zB es werden Maschinen mit Bedienungspersonal vermietet; dabei überwiegt der wirtschaftliche Wert des Maschineneinsatzes den Wert des Personaleinsatzes;
  • bei Gestellung von Ordensangehörigen, da diese keine ArbN ihres Ordens sind (vgl BFH BStBl III 1962, 310);
  • wenn ein echter Werk- oder Dienstleistungsvertrag (§ 631 BGB) vorliegt. In derartigen Fällen wird nicht – wie bei einer ArbN-Überlassung – die Arbeitskraft einer bestimmten Anzahl von ArbN mit einer bestimmten Qualifikation zur Verfügung gestellt, die der Entleiher nach eigenen Vorstellungen in seinem Betrieb einsetzt, sondern es wird ein bestimmtes Arbeitsergebnis geschuldet. Für die Abgrenzung sind das Gesamtbild der vertraglichen Vereinbarung und ihre tatsächliche Durchführung maßgebend. Auf die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses durch die Beteiligten kommt es nicht an (R 42d.2 Abs 3 S 2 LStR 2015). Stimmt der Vertragsinhalt mit seiner tatsächlichen Durchführung in wesentlichen Punkten nicht überein, ist der Sachverhalt seiner tatsächlichen Durchführung entsprechend zu behandeln (vgl BAG v 15.06.1983, DB 1983, 2420).

Auf ArbN-Überlassung weisen zB folgende Merkmale hin (BFH BStBl II 1991, 409; R 42d.2 Abs 3 S 3 LStR 2015):

  • Der Inhaber der Drittfirma (Entleiher) nimmt im Wesentlichen das Weisungsrecht des ArbG wahr;
  • der mit dem Einsatz des ArbN verfolgte Leistungszweck stimmt mit dem Betriebszweck der Drittfirma überein;
  • das zu verwendende Werkzeug wird im Wesentlichen von der Drittfirma gestellt, es sei denn aufgrund von Sicherheitsvorschriften;
  • die mit anderen Vertragstypen, insbesondere Werkvertrag, verbundenen Haftungsrisiken sind ausgeschlossen oder beschränkt worden;
  • die Arbeit des eingesetzten ArbN gegenüber dem entsendenden ArbG ...

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