Rn. 418

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Kriterien-Schnittmenge: Der Übergang wirtschaftlichen Eigentums an beweglichen WG erfordert grundsätzlich den Übergang von Besitz und Nutzungen als Positivelemente sowie von Gefahr und Lasten als Negativelemente tatsächlicher Sachherrschaft (im Einzelnen s Rn 189bff). Die Gefahrtragung verkörpert die wesentliche negative Substanz eines WG. Die Rspr verlangt für eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zurechnung eines beweglichen WG regelmäßig (neben Besitzverschaffung) insbesondere auch den Gefahrenübergang (s Rn 189bff).

Schnittmenge der Koordinaten für den Übergang der Preisgefahr und den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist der Gefahrenübergang. Im Regelfall fallen Preisgefahrübergang und Zurechnungswechsel zusammen und markieren übereinstimmend den Realisationszeitpunkt (Weber-Grellet, DStR 1996, 897). Die Rspr beantwortet die Frage des Realisationszeitpunkts bei Übertragungsvorgängen vor diesem Hintergrund regelmäßig mit dem Zeitpunkt des personellen Zurechnungswechsels.

Die Gleichsetzung von Gewinnrealisation und Zurechnungswechsel erfolgt

Auch der HFA des IDW setzt Zurechnungswechsel und Gewinnrealisation für den Regelfall gleich (vgl IDW, ERS HFA 13 nF vom 29.11.2006, FN-IDW 2007, 83 Rz 13, 14 differenzierend Rz 55: zwar Abgang des Vermögensgegenstands, nicht aber Gewinnrealisation, wenn temporär nach Art des Vermögensgegenstands bedeutsame Risiken zurückbehalten werden).

Kriterien-Abweichungen: Während der Übergang der Preisgefahr allerdings ein eindimensionales Kriterium ist, erfordert die Mehrdimensionalität der Kriterien für die Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentumsübergangs abhängig vom Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung sowohl der Transaktionsart als auch der Art des WG im Einzelfall für die Beurteilung eine Gewichtung und wertende Beurteilung (s Rn 151 ff; zur Gewichtung zB für unbewegliche WG s Rn 170m; für bewegliche WG s Rn 189g). In kritischen Zurechnungsfällen, in denen ein Zurechnungswechsel vor/nach zivilrechtlichem Eigentumsübergang im Raum steht, sind höchst selten alle Merkmale – Übergang von Besitz, Nutzung, Gefahr, Lasten – erfüllt (vgl zB für Immobilen die Rspr-Analyse s Rn 170l). Da es für die Zurechnung auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse ankommt, ist der Übergang wirtschaftlichen Eigentums auch dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen nicht in vollem, aber doch in einem für die Annahme eines Einwirkungsausschlusses des zivilrechtlichen Eigentümers von der tatsächlichen Sachherrschaft hinreichenden Umfang gegeben sind (zB BFH vom 20.11.2011, IV R 35/08, BFH/NV 2012, 377).

Wirtschaftlicher Eigentumsübergang – hilfsweiser Indikator für Zustand der Quasi-Sicherheit: Dem Übergang wirtschaftlichen Eigentums kommt als ergänzendes Kriterium zur Bestimmung des Realisationszeitpunkts dann entscheidende Bedeutung zu, wenn das (sachenrechtliche) Kriterium des Übergangs der Preisgefahr versagt oder zu einem unzutreffenden, die wirtschaftliche Substanz/ökonomische Realität nicht widerspiegelnden Bilanzausweis führt (vgl Euler, Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung 102f (1989); Unkelbach, Wirtschaftliches Eigentum und Gewinnrealisierung, 51 (2009); Wüstemann/Wüstemann/Müller in HdJ, Abt IV Rz 63 (Septemer 2019)). Das (sachenrechtliche) Merkmal der Preisgefahr lässt sich etwa auf Rechte, die nicht zum Besitz einer Sache berechtigen (zB Anteile an KapGes), nicht übertragen; § 446 BGB ist auf die Fälle des Rechtskaufs nicht anwendbar (zum Anwendungsbereich Westermann in Münchner Kommentar zum BGB, § 446 Rz 4 (8. Aufl 2019)). In diesen Fällen ist hilfsweise der Zeitpunkt des wirtschaftlichen Eigentumsübergangs als Indikator für den Zustand der Sicherheit des Anspruchs auf die Gegenleistung heranzuziehen (Euler, Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung, 72 (1989)).

Bei unwirksamen Verträgen, die gleichwohl durchgeführt werden, bleibt der Übergang der Preisgefahr aus, hier wirkt der mi...

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